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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 13.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.7191#0017
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 144.

Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1874.

Ueber die Kirchenmuſik).

welche religiöſe Gefühle ausdrückt und erregt, iſt deshalb ſchon
eine kirchliche. Unter Kirchenmuſik iſt jene Muſik zu verſtehen,
welche die katholiſche Kirche zur Feier ihres Gottesdienſtes her-
beizieht und gebraucht. Wenn es ſich um katholiſche Kirchen-
muſik handelt, ſo iſt nicht das Urtheil, der Geſchmack des Ein-
zelnen, ſondern die Jdee, in welcher die Kirche die Muſik
auffaßt, der Hauptfaktor. Ob die katholiſche Kirche ein Ton-
ſtück zu ihrem Gottesdienſte benützen könne und wolle, darin
liegt der Schwerpunkt der Frage. Wahre Kirchenmuſik iſt alſo
die, welche den Forderungen der Kirche entſpricht, und ein
Kirchenmuſiker verdient nur jener genannt zu werden, welcher
vor Allem componirt, executirt, muſicirt, wie die Kirche
es will. Frommer Sinn allein kann demnach unſere Frage
nicht löſen, denn ſie iſt vorwiegend eine poſitive. (Vergl.
Stimmen aus M. L. a. a. O.) Daher ſtellen wir uns die
weitern Fragen: was will in dieſem Punkte die Kirche? Welches
ſind ihre rechtlichen Beſtimmungen über die Kirchenmuſik?
Wie ſtand es in unſerem fraglichen Punkte in den erſten
Zeiten des Chriſtenthums? Dieſe Fragen ſollen uns beſchäf-
tigen und im Verlaufe dieſes Aufſatzes ihre Beantwortung
finden.

Die Kirche hat die Muſik nicht nöthig. Wir haben unſer
Meßopfer auch ohne ſie, und im Momente der Conſecration
ſenkt ſich der Himmel mit all' ſeiner Majeſtät und Gnade zur
armen Erde nieder, ob dazu die Prachtweiſen eines Paleſtrina
ertönen oder nicht. Wenn die Menſchen auch ſchweigen, die
Engel werden dennoch ihr geheimnißvolles Sanctus fortſingen.
Die katholiſche Kirche bedarf der Muſik nicht, wie die prote-
ſtantiſchen Confeſſionen. Bei dieſen wird der Geſang zum
integrirenden Theil des Gottesdienſtes; nicht ſo bei uns. (Vergl.
Stimmen aus Maria Laach. J. 1872. S. 507). Allein die
Kirche hat von Anfang an keine Kunſt vom chriſtlichen Cult
ausgeſchloſſen: der univerſelle Charakter des Chriſtenthums er-
greift eben jede Geiſtesthätigkeit des Menſchen, um ſie zu ver-
edlen und ſo in ihren Dienſt zu ziehen. So hat die Kirche
ſeit ihren erſten Zeiten auch die Tonkunſt, die Muſik, zum hei-
ligen Dienſt herbei gerufen, ins Heiligthum ſelbſt eingelaſſen.
Ja ſie hat ihr die Ehrenſtelle daſelbſt angewieſen. Wahr iſt,
was der Biſchof von Eichſtätt vor einigen Jahren ſo ſinnig
und ſchön ſagte: ,,Das Heiligſte und Erhabenſte, was die
Kirche beſitzt, ihren Gottesdienſt, ihr Opfer, hat ſie der Kirchen-
muſik zur Verherrlichung übergeben, und, wenn ſie hiebei auch
die andern Künſte nicht ausſchließt, ſo weist ſie doch der kirch-
lichen Muſik die höchſte Stelle an. Als Vermittlerin zwiſchen
Gott und den Menſchen, muß die Kirche nämlich oft zu Gott, oft
zu den Menſchen ſprechen. So oft ſie ſich zu den Menſchen wendet,
bedient ſie ſich der gewöhnlichen Sprache oder der Baukunſt
und der Bilderwerke, wenn ſie aber zu Gott ſpricht, wenn
ſie betet, dann ſingt ſie. Der Kirchengeſang iſt die
feierlichſte Form des Gebetes in der Kirche''. Wahr iſt auch,
was das Provincialconcil von Auch in Frankreich vom Jahre
1851 ſagte: ,, Nee certe mediocriter ad oultus divini splen-
dorem et animas ad Deum extollendas canius ecclesia-
stious juvat. (Tit. I. e. 7.) Die Muſik ſehen wir darum
im heiligen Dienſte der Kirche.
o r wal iſt Kirchen muſik? Nicht jede Muſit,

J. Wie ſtand es bezüglich der Kirchenmuſik in
den erſten Jahrhunderten des Chriſtenthums?
Ein diesbezüglicher rechtshiſtoriſcher Ueberblick vom Beginn des
Chriſtenthums an bis zur Einführung des Cantus Gregorianus
möge uns als Antwort dienen.
Die Geſchichte der chriſtlichen Tonkunſt beginnt zugleich
mit der Geſchichte des Chriſtenthums ſelbſt. Als der Sohn
Gottes Menſch geworden, da ſangen die Engel (Luk. 2, 13);
als er im Speiſeſaal zu Jeruſalem das erſte Mal Brod und
Wein in ſein Fleiſch und Blut verwandelt und die Apoſtel
davon gegeſſen hatten, da ſang er mit den Apoſteln: Et
hymno dieto exierunt in montem Oliveti'' (Matth. 26, 30).
Dadurch heiligte er den liturgiſchen Gebrauch des Geſanges.
Die Apoſtel haben nicht blos ſelbſt dem Herrn Lobgeſänge an-
geſtimmt, ſondern auch die Gläubigen, die erſten Chriſtenge-
meinden dazu aufgefordert (1. Cor. 14. 15.; 16. 26.; Eph.
5. 19.; Coloſſ. 3. 16.; Act. 2. 47). Und ſo konnte der
hl. Auguſtin ſagen:,, De hymnis et psalmis canendis ipsius

*) Brix. Kbl.
 
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