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Clasen, Peter Adolf
Der Salutismus: eine sozialwissenschaftliche Monographie über General Booth und seine Heilsarmee$dInaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde einer hohen philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg — Jena: Bei Eugen Diederichs, Verlag, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.61365#0041
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I. HAUPTSTÜCK
ORGANISATION DER HEILSARMEE
In den Offizieren der Heilsarmee sehe ich eine heilige, selbstverleugnende Be-
geisterung, die heutzutage auf keinem anderen Gebiete ihresgleichen findet.
J. Moorhouse, Lordbischof von Manchester, 1910, 6, 4.
Die H.1, so heißt die offizielle Erklärung, ist eine Streitmacht von Män-
nern und Frauen, verbunden in hl. Liebe und Gemeinschaft, um die
Menschheit dahin zu bringen, daß sie sich Gott unterwirft und die ihr von
Christus gebotene Rettung ergreift. Eine Armee wird sie genannt, weil sie
organisiert ist und geleitet wird nach dem Muster der großen, stehenden
Armeen der Welt, jedoch mit dem Unterschied, daß ihr Zweck nicht ist, zu
töten, sondern Menschen zur rettenden Erkenntnis der Wahrheit zu führen,
welche ist in Christus Jesus (ioo, i). In diesen fundamentalen, einfachen
Sätzen ist die organisatorisch eigenartigste Erscheinung gekennzeichnet,
welche auf christlichem Boden erwachsen ist. Aufgebaut auf dem Grundsatz
unbedingten Gehorsams nach oben und unbedingter Machtvollkommenheit
nach unten, ähnelt sie ebensosehr der hierarchischen Ordnung der katholi-
schen Kirche und ihrer Orden wie der Heereseinrichtung aller Völker und
Zeiten. Sowohl in Hinsicht auf das Ziel als mit Rücksicht auf die Erfolge der
Armee darf man ihr zugestehen, „daß sie die denkbar weiseste Art der Führer-
schaft besitzt“ (n8, 62).
W. Booth ist nicht nur seinem persönlichen Lebenswandel nach, sondern
auch als Organisator durchaus über John Wesley zu stellen als des großen
Vaters größerer Sohn, als ein glänzender Vertreter der, selbst die römische an
Organisationstalent weit überragenden britischen Nation und als der reli-
giöse Doppelgänger seines unsterblichen Zeitgenossen auf politischem Ge-
biete, unseres Bismarck. Gewaltiger noch erscheint einem das Werk, wenn
man erwägt, daß es aus einer Konfession herauswächst, welche die Freiheit
des Christenmenschen zum Losungswort gemacht hat; daß es dazu in einer Zeit
geschaffen wird, welche mit tausend Zungen die Selbstherrlichkeit des ein-
zelnen predigt; daß es endlich in einer Nati onentsteht, welche den Ruf hat, von
allen zivilisierten Nationen die freieste und ungebundenste zu sein. Der Salu-
tist findet an seiner Organisation hundert Vorzüge: einfach und j edermann ver-
ständlich sei sie; ferner sei sie machtvoll, denn sie gebe dem mit unzähligen
Armen arbeitenden Willen des einzelnen und Oberen eine ungeheure Kraft;
sie sichere Einigkeit und Harmonie, weil sie jede Uneinigkeit im Keime er-
1 Für die Abkürzungen sei auf Seite VIII noch einmal hingewiesen.

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