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Clasen, Peter Adolf
Der Salutismus: eine sozialwissenschaftliche Monographie über General Booth und seine Heilsarmee$dInaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde einer hohen philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg — Jena: Bei Eugen Diederichs, Verlag, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.61365#0301
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III. HAUPTSTÜCK

PRAKTISCH-SOZIALE SONDERBETÄTIGUNG
FÜR BESTIMMTE KLASSEN UND NOTSTÄNDE
Die Leistungen derH. zur Rettung und Hebung der unsozialen Elemente in der
Gesellschaft werden in immer weiteren Kreisen, auch von staatlichen und kom-
munalen Behörden anerkannt, wenn auch noch nicht entfernt in dem Maße, in
dem sie es verdienen.
Oberfinanzrat Dr. Michaelis, Königl. Preuß. Unterstaatssekretär.
Sechsunddreißig Jahre habe ich mich mit dem Wunsche getragen, etwas
für die Trunksüchtigen zu tun; immer wieder habe ich neue Pläne ent-
worfen, und etwas ist auch wohl durch die Armee getan worden,“ so W. Booth
(iio, 447). Bei näherer Untersuchung stellt sich dieses ,,Etwas“ als eine
seiner größten Leistungen heraus1), vorausgesetzt, daß man den Alkoholis-
mus als ein tiefes soziales Übel ansieht, und das wenigstens wird jeder Ein-
sichtige zugeben. Täglich bringen die Zeitungen entsetzliche Berichte, z. B.
wie 1912 in Berlin eine Frau, durch ihren trunksüchtigen Mann und das Elend
der Familie bis zum Wahnsinn aufgeregt, der Reihe nach ihre 5 Kinder in
der Badewanne ertränkte und dann, nachdem ihr selbst Lysolvergiftung
nicht gelungen war, auch sich zu ertränken suchte. Die H. kämpft gegen alle
Mittel, welche die Völker erfunden haben, ihren Drang nach Berauschung
zu befriedigen: Alkohol, Absinth, Opium, Morphium, Kokain, Laudanum
und wie sie immer heißen mögen.
Ihre Hauptwaffe dabei ist das religiöse Empfinden. Der Genuß alles Be-
rauschenden wird als Sünde dargestellt, und exegetisch sind diese Anschauun-
gen am besten und klarsten vertreten worden von Frau Cath. B. in ihrer
Rede über starke Getränke (22, 35). Ihr Gatte betont fast nur die sozia-
len Folgen. „Wir leben,“ soll er in seinem Todesjahr noch gesagt haben, „in
einem Zeitalter der Ausstellungen. Neulich war eine Ausstellung von allen
vollkommensten und neuesten Maschinen, Werkzeugen und Vorrichtungen,
deren sich Brauer und Wirte zur Herstellung und zum Verkaufe ihrer be-
rauschenden Flüssigkeiten bedienen. Ich möchte Vorschlägen, daß dieselben
Herren im nächsten Jahre die Wirkungen veranschaulichen, welche ihre Ge-
tränke hervorrufen. Sie könnten z. B. aus London und einem Umkreis von
100 Meilen alle Gefangenen aus den Gefängnissen, alle Wahnsinnigen aus den
1 Vgl. auch S. und B. Webb: „Die Geschichte des britischen Trade-Unionismus“,
übersetzt von Bernstein. Leipzig 1895, 162 ff.
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