eins- und Ordenswesen und damit überhaupt einen bedeutenden Aufschwung
kirchlichen Lebens. Zum Schutze dieser Freiheit bildete sich noch im März
zu Mainz unter Katholiken der Piusverein und ebenda wurde, aus den Ver-
sammlungen des Vereins hervorgehend, der erste Katholikentag gehalten:
für die katholische Liebestätigkeit ein Ereignis ersten Ranges; denn gleich
bei der ersten Tagung stand die soziale Frage als Beratungsgegenstand auf
der Ordnung, und so ist es seitdem geblieben. Hier fanden die Anwälte der
Armen für ihre Propaganda den günstigsten Resonanzboden, hier holten sie
sich Anregung und Förderung.
Ehe wir aber diese allgemeine Entwicklung weiter verfolgen, wollen wir
uns noch kurz die anderen, sozial bedeutsamen Geschehnisse um das Jahr
1848 vergegenwärtigen. Von der Einführung der Vinzenzkonferenzen ist
schon gesprochen worden. Angeregt durch sie trat Maignen der Hebung der
arbeitenden Klassen näher durch Gründung eines Lehrlingsvereines, dem
1855 der erste katholische Arbeiterverein folgte. Ähnliche Bestrebungen ver-
wirklichten die beiden Geistlichen Roussel und Bervanger in Paris. Die größte
soziale Tat aber aus jener Zeit stellt der katholische Gesellen verein dar. 1845
hatte der frühere Schustergeselle und damalige Kaplan Kolping einen Elber-
felder Jünglingsverein in einen Gesellen verein umgewandelt. Der Verein war
bis dahin eine reine Standesorganisation katholischer Art gewesen nach dem
Vorbilde der protestantischen in der dortigen Gegend. Winter 1848/49 kam
Kolping als Domvikar nach Köln, legte dort 1849 der kleinen, bedeutsamen
Schrift „Der Gesellenverein“ seine Ideen nieder, gründete 1851 einen großen
Gesellenverein und 1852 das erste Gesellenhospiz. 1853 waren schon 300
weitere Vereine entstanden und zusammengeschlossen, und 1864, ein Jahr
vor seinem Tode, gab er seiner Gründung die im wesentlichen noch heute
bestehende Organisation, welche 1900 in den verschiedensten Ländern 1058
Vereine mit über 80 000 Mitgliedern umfaßte und heute allein in Deutsch-
land 921 Vereine mit 60 742 aktiven Mitgliedern und 265 Hospizen zählt
(jährlich etwa 100000 Passanten. 1910: 570 Sparkassen, Einnahme 1900000
Mark im Jahre und 5 400 000 Mark Bestand).
Der um die gleiche Zeit wie der Gesellen verein, hauptsächlich von A. Rei-
chensperger, ins Leben gerufene Borromäusverein bezweckt die Verbreitung
und Förderung guter Schriften und unterhielt am 31. Dezember 1911 über
4241 Bibliotheken für 223 403 Mitglieder. Der Bonifatiusverein (1910 mit
3073036 Mark Einnahme), das Gegenstück des Gustav-Adolf-Vereins, und
die im Anschluß daran wirkenden, teilweise sozialen Institutionen wie der
Bonifatiussammelverein verdanken ihr Entstehen dem bekannten Theologen
J. Döllinger, der 1849 auf dem Regensburger Katholikentag die Gründung
9 Clasen, Der Salutismus
129
kirchlichen Lebens. Zum Schutze dieser Freiheit bildete sich noch im März
zu Mainz unter Katholiken der Piusverein und ebenda wurde, aus den Ver-
sammlungen des Vereins hervorgehend, der erste Katholikentag gehalten:
für die katholische Liebestätigkeit ein Ereignis ersten Ranges; denn gleich
bei der ersten Tagung stand die soziale Frage als Beratungsgegenstand auf
der Ordnung, und so ist es seitdem geblieben. Hier fanden die Anwälte der
Armen für ihre Propaganda den günstigsten Resonanzboden, hier holten sie
sich Anregung und Förderung.
Ehe wir aber diese allgemeine Entwicklung weiter verfolgen, wollen wir
uns noch kurz die anderen, sozial bedeutsamen Geschehnisse um das Jahr
1848 vergegenwärtigen. Von der Einführung der Vinzenzkonferenzen ist
schon gesprochen worden. Angeregt durch sie trat Maignen der Hebung der
arbeitenden Klassen näher durch Gründung eines Lehrlingsvereines, dem
1855 der erste katholische Arbeiterverein folgte. Ähnliche Bestrebungen ver-
wirklichten die beiden Geistlichen Roussel und Bervanger in Paris. Die größte
soziale Tat aber aus jener Zeit stellt der katholische Gesellen verein dar. 1845
hatte der frühere Schustergeselle und damalige Kaplan Kolping einen Elber-
felder Jünglingsverein in einen Gesellen verein umgewandelt. Der Verein war
bis dahin eine reine Standesorganisation katholischer Art gewesen nach dem
Vorbilde der protestantischen in der dortigen Gegend. Winter 1848/49 kam
Kolping als Domvikar nach Köln, legte dort 1849 der kleinen, bedeutsamen
Schrift „Der Gesellenverein“ seine Ideen nieder, gründete 1851 einen großen
Gesellenverein und 1852 das erste Gesellenhospiz. 1853 waren schon 300
weitere Vereine entstanden und zusammengeschlossen, und 1864, ein Jahr
vor seinem Tode, gab er seiner Gründung die im wesentlichen noch heute
bestehende Organisation, welche 1900 in den verschiedensten Ländern 1058
Vereine mit über 80 000 Mitgliedern umfaßte und heute allein in Deutsch-
land 921 Vereine mit 60 742 aktiven Mitgliedern und 265 Hospizen zählt
(jährlich etwa 100000 Passanten. 1910: 570 Sparkassen, Einnahme 1900000
Mark im Jahre und 5 400 000 Mark Bestand).
Der um die gleiche Zeit wie der Gesellen verein, hauptsächlich von A. Rei-
chensperger, ins Leben gerufene Borromäusverein bezweckt die Verbreitung
und Förderung guter Schriften und unterhielt am 31. Dezember 1911 über
4241 Bibliotheken für 223 403 Mitglieder. Der Bonifatiusverein (1910 mit
3073036 Mark Einnahme), das Gegenstück des Gustav-Adolf-Vereins, und
die im Anschluß daran wirkenden, teilweise sozialen Institutionen wie der
Bonifatiussammelverein verdanken ihr Entstehen dem bekannten Theologen
J. Döllinger, der 1849 auf dem Regensburger Katholikentag die Gründung
9 Clasen, Der Salutismus
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