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Clemen, Paul [Hrsg.]
Belgische Kunstdenkmäler (Band 1): Vom neunten bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts — München, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.43817#0407
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XIII.

DIE BRÜSSELER TAFEL¬
MALEREI GEGEN DEN AUS-
GANG DES 15. JAHRHUNDERTS
Von MAX J. FRIEDLÄNDER

er niederländischen Tafelmalerei des 15. und 16. Jahrhunderts hat man viel Studien-
eifer zugewendet, seit längerer Zeit, da das Gefühl für die Bedeutung des Gegen-
standes verhältnismäßig früh erwacht war. Die Studienerfolge reiften langsam.
Der Forscher hat mit drei Hindernissen zu kämpfen. Erstens sind die schriftlichen
Quellen kärglich, weil wir die Urkunden vieler Kunststätten nicht mehr besitzen, und
weil der Versuch van Manders, die Überlieferung in Bezug auf die Biographien der
Meister literarisch festzulegen, zu spät einsetzte, so daß sein Bericht, auf den wir
angewiesen sind, nicht entfernt soviel bietet wie der Vasaris zur Erkenntnis der italienischen
Malkunst. Zweitens entbehren die erhaltenen Monumente mit wenigen Ausnahmen der
Meistersignatur. Drittens findet man sie, wieder mit wenigen Ausnahmen, nicht mehr
an den Stellen, für die sie geschaffen worden sind, infolge der politischen Stürme und
der wirtschaftlichen Wandlungen. Ihr gegenwärtiger Stand bietet dem Forscher in den meisten
Fällen keinerlei Hinweis auf den Entstehungsort, und Herkunftsangaben fehlen oder sind
von geringer Zuverlässigkeit.
Nur in Brügge verschafft uns die Beobachtung an Ort und Stelle ein einigermaßen befrie-
digendes, wenn auch keineswegs lückenloses Gesamtbild von der Tafelmalerei des 15. und
16. Jahrhunderts. In Gent, Antwerpen, Brüssel und Löwen ist auf diese Art wenig An-
schauung zu gewinnen.
Die auf uns gekommenen Reste stehen, dem ursprünglichen Zusammenhang entrissen,
irgendwo in Museen oder Privatsammlungen. Was in den letzten Jahrzehnten dem
Materiale zugewachsen ist, kam zumeist aus Spanien und aus England. Die hohe Schätzung
der niederländischen Malkunst bei den Italienern im 15. Jahrhundert, bei den Spaniern
im 16., bei den Engländern im 18. und 19. Jahrhundert und schließlich bei den amerikanischen
Sammlern, hat auseinandergerissen und durcheinander geworfen, was die Bilderstürme
übriggelassen hatten.
Wie aber das Konserviertsein der Monumente an ihren ursprünglichen Plätzen der
kunstgeschichtlichen Forschung zugute kommt, merkt man an den Erfolgen der lokal-


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