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GEISLING • URSULAKAPELLE
Fig. 95. Hl. Wenzel. Chor I, 2a.
Regensburg (Menger-Werkstatt), um 1365. - Kat. S. 128.
Nähere Hinweise zur ursprünglichen Anordnung dieser
Heiligenfiguren können die charakteristischen Rahmen-
formen ebenso geben wie die Ausrichtung der einzelnen
Heiligen. So deuten die identischen Rahmen und der
blau-rote Farbwechsel des Hintergrundes von Wenzel
und Petrus auf eine engere Verbindung hin. Dennoch ist
ihre heutige Zusammenstellung im zweibahnigen Ach-
senfenster anzuzweifeln: Einerseits verweist der stärkere
Beschnitt der linken Lanzette mit dem Hl. Wenzel auf
die Herkunft aus einem breiteren Fenster, andererseits
steht auch die Ausrichtung beider Figuren nach rechts
im Widerspruch zu ihrer Aufstellung in der Mittelach-
se. Hier wäre eine frontale Ausrichtung zum Betrachter
oder, besser noch, die Hinwendung beider zueinander
zu erwarten; entsprechend verfuhr der Glasmaler Men-
ger auch bei den Figurenpaaren im Regensburger Dom.
Eine ältere Beschreibung der Geislinger Fenster von 1845
stützt unsere Vermutung. Ihr zufolge kann die heutige
Figurenzusammenstellung in der Achse nicht der ur-
sprünglichen Anordnung entsprechen, war damals doch
das zweibahnige Fenster bis auf die Dreipassscheibe im
Maßwerk vollständig blank verglast, offenbar, um mehr
Licht für den Altarraum zu erhalten (vgl. Reg. Nr. u)11.
Unter Berücksichtigung dieser Beobachtungen ist fol-
gende Verteilung der Figurenfelder vorzuschlagen:
Im Fenster nord II des quadratisch geschlossenen
Chores stand der Hl. Wenzel, der durch sein zugehö-
riges Wappen als eine Stiftung der Auer von Brennberg
ausgewiesen ist. Im zweibahnigen Achsenfenster (I)
war links der Hl. Petrus, rechts die ihm zugewandte
Figur der Hl. Ursula, die Schutzpatronin der Kapelle,
angebracht. Als Stifter dieses Fensters wird man mit
guten Gründen Wernt Auer von Triftlfing und seine
Frau Anna von Wildenstein, die im Jahr 1365 auch die
Messstiftung für die Kapelle einrichteten, in Erwägung
ziehen dürfen; ihre Wappen dürften unterhalb von Pe-
trus (Auer: in Rot ein silberner, oben gezinnter Balken)
und Ursula (Wildenstein: schrägrechts geteilt in Rot
und Gold) zu sehen gewesen sein. Die Heiligenfigur aus
Fenster süd II - vielleicht die Hl. Katharina, für deren Altar in der benachbarten Pfarrkirche Wernt Auer gleichfalls
ein Benefizium gestiftet hatte, muss als verloren gelten. Alle vier Figuren des Chores besaßen identisch gestaltete,
vegetabile und lediglich durch einen einfachen Farbwechsel rhythmisch belebte Rahmenformen und schlossen sich
auf diese Weise zu einer kompositorischen Einheit zusammen. Barbara und Gregor der Große, die gleichfalls mit
korrespondierenden Rahmenformen versehen sind, befanden sich vermutlich einander zugewandt in den Fenstern
Der Beschreibung zufolge befand sich im Chorfenster nord II die
Figur des Hl. Wenzel, gegenüber im Chorfenster süd II die Figur des
Hl. Papstes, das Feld darunter war mit Butzen verglast. Vollständig
erhalten waren die beiden östlichen Lanzettfenster des Langhauses
mit der Hl. Barbara auf der Nordseite und dem Hl. Petrus auf der
Südseite, die gleichfalls mit Wappen versehen gewesen sein dürften.
Die beiden westlichen Fensterlanzetten zeigten keine mittelalter-
liche Verglasung mehr.
12 Hoernes 2001, S. 34L
13 Vgl. hierzu Döbler 2002, S. 3S6f., Anm. 47.
14 Elsen 1940, S. 122-124; Fritzsche 1987, I, S. 123-132, 133-141,
142-150, II, Abb. 197-217 (Marientodfenster Chor SÜD III), 218-238,
GEISLING • URSULAKAPELLE
Fig. 95. Hl. Wenzel. Chor I, 2a.
Regensburg (Menger-Werkstatt), um 1365. - Kat. S. 128.
Nähere Hinweise zur ursprünglichen Anordnung dieser
Heiligenfiguren können die charakteristischen Rahmen-
formen ebenso geben wie die Ausrichtung der einzelnen
Heiligen. So deuten die identischen Rahmen und der
blau-rote Farbwechsel des Hintergrundes von Wenzel
und Petrus auf eine engere Verbindung hin. Dennoch ist
ihre heutige Zusammenstellung im zweibahnigen Ach-
senfenster anzuzweifeln: Einerseits verweist der stärkere
Beschnitt der linken Lanzette mit dem Hl. Wenzel auf
die Herkunft aus einem breiteren Fenster, andererseits
steht auch die Ausrichtung beider Figuren nach rechts
im Widerspruch zu ihrer Aufstellung in der Mittelach-
se. Hier wäre eine frontale Ausrichtung zum Betrachter
oder, besser noch, die Hinwendung beider zueinander
zu erwarten; entsprechend verfuhr der Glasmaler Men-
ger auch bei den Figurenpaaren im Regensburger Dom.
Eine ältere Beschreibung der Geislinger Fenster von 1845
stützt unsere Vermutung. Ihr zufolge kann die heutige
Figurenzusammenstellung in der Achse nicht der ur-
sprünglichen Anordnung entsprechen, war damals doch
das zweibahnige Fenster bis auf die Dreipassscheibe im
Maßwerk vollständig blank verglast, offenbar, um mehr
Licht für den Altarraum zu erhalten (vgl. Reg. Nr. u)11.
Unter Berücksichtigung dieser Beobachtungen ist fol-
gende Verteilung der Figurenfelder vorzuschlagen:
Im Fenster nord II des quadratisch geschlossenen
Chores stand der Hl. Wenzel, der durch sein zugehö-
riges Wappen als eine Stiftung der Auer von Brennberg
ausgewiesen ist. Im zweibahnigen Achsenfenster (I)
war links der Hl. Petrus, rechts die ihm zugewandte
Figur der Hl. Ursula, die Schutzpatronin der Kapelle,
angebracht. Als Stifter dieses Fensters wird man mit
guten Gründen Wernt Auer von Triftlfing und seine
Frau Anna von Wildenstein, die im Jahr 1365 auch die
Messstiftung für die Kapelle einrichteten, in Erwägung
ziehen dürfen; ihre Wappen dürften unterhalb von Pe-
trus (Auer: in Rot ein silberner, oben gezinnter Balken)
und Ursula (Wildenstein: schrägrechts geteilt in Rot
und Gold) zu sehen gewesen sein. Die Heiligenfigur aus
Fenster süd II - vielleicht die Hl. Katharina, für deren Altar in der benachbarten Pfarrkirche Wernt Auer gleichfalls
ein Benefizium gestiftet hatte, muss als verloren gelten. Alle vier Figuren des Chores besaßen identisch gestaltete,
vegetabile und lediglich durch einen einfachen Farbwechsel rhythmisch belebte Rahmenformen und schlossen sich
auf diese Weise zu einer kompositorischen Einheit zusammen. Barbara und Gregor der Große, die gleichfalls mit
korrespondierenden Rahmenformen versehen sind, befanden sich vermutlich einander zugewandt in den Fenstern
Der Beschreibung zufolge befand sich im Chorfenster nord II die
Figur des Hl. Wenzel, gegenüber im Chorfenster süd II die Figur des
Hl. Papstes, das Feld darunter war mit Butzen verglast. Vollständig
erhalten waren die beiden östlichen Lanzettfenster des Langhauses
mit der Hl. Barbara auf der Nordseite und dem Hl. Petrus auf der
Südseite, die gleichfalls mit Wappen versehen gewesen sein dürften.
Die beiden westlichen Fensterlanzetten zeigten keine mittelalter-
liche Verglasung mehr.
12 Hoernes 2001, S. 34L
13 Vgl. hierzu Döbler 2002, S. 3S6f., Anm. 47.
14 Elsen 1940, S. 122-124; Fritzsche 1987, I, S. 123-132, 133-141,
142-150, II, Abb. 197-217 (Marientodfenster Chor SÜD III), 218-238,