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MÜNSTER
hand und Fuß des Abraham, der Alba des Engels, im Boden
und im Rahmen. Die Bemalung ist stellenweise stark abgerie-
ben; scheinbar wahllos verteilte Überzüge zur Schwarzlotsi-
cherung auf der Innenseite (Araldit) sind mit breitem Pinsel
aufgetragen worden (insbesondere im Himmel); Verbleiung
alt.
Ikonographie, Komposition: Die schreitende Haltung der Hauptfi-
gur, die verschlungene Alba des schwebenden Engels, aber
auch Einzelmotive wie der im Gesträuch verfangene Widder
scheinen durch ältere Ulmer Kompositionen - die Verkündi-
gung an Joachim bzw. Anna — im Annen-Marien-Fenster ange-
regt (Abb. 85 f.)78. Der außergewöhnlich niedrig gelegte gerade
Horizont wäre (wenn nicht erst durch die Reparatur der obe-
ren Scherbe verursacht) einmalig in den Bessererscheiben.
Rahmung wie in 2a.
Farbigkeit: Kühl und reduziert auf die Hauptfarben Blau,
Grün, Rot und Weiß. Abraham trägt ein kornblumenblaues
Gewand mit blaßbraunem Gürtel und weißem Pelzbesatz über
roten Beinlingen. Isaak in rotem Rock und roten Schuhen
kniet gebunden auf dem beinfarbenen Holzstoß, davor ein
grauer Kessel mit dem Opferfeuer; Inkarnate hell- und dun-
kelbraun. Rasenboden und Baumwipfel smaragdgrün, dazwi-
schen rotbraune Felsen und anschließend graublaue Bergkegel
(rechts zu dunkel ergänzt) und waagerecht grauweißer Hori-
zont vor mittelblauem Wolkenhimmel. Engel, Schwert und
Böcklein weiß; Haare und Ärmelsäume des Engels blaß silber-
gelb. Rundbogenrahmung wie in 2 a.
LBW 41713, 48366; CVMA H 2088, Detail H 2089
ta/b MOSES VON DER FEUERSÄULE GEFÜHRT/
MOSES EMPFÄNGT DIE ZEHN GEBOTE
1964/65 nach Entwürfen von Hans Gottfried von Stockhausen
in der Werkstatt Saile ausgeführt.
Sehr wahrscheinlich waren die Felder 1 a/b schon 1713 oder
1731 durch blankverglaste Lüftungsflügel ersetzt worden (s.
Reg. Nr. 72 bzw. 80), wobei die sicher beschädigten alten Glas-
gemälde verschleudert oder einfach weggeworfen worden sein
müssen. Die ursprünglich dargestellten Themen sind nicht
überliefert (vgl. hierzu auch S. 132—134).
FENSTER I (KINDHEIT CHRISTI)
Fig. 36, Farbtaf. XIII, Taf. XXXIIIa, Textabb. 27, Abb. 198-213
Die Maßwerkverglasung mit den Wappen der Besserer in zwei
gegenüberstehenden Fischblasen wurden im Krieg restlos zer-
stört. Die Erneuerung anhand alter Aufnahmen stammt von
Gottfried Frenzei (1957).
5 a/b KOPFSCHEIBEN MIT ARCHITEKTUR-
ABSCHLUSS Fig. 36, Abb. 252
Erhaltung: Die im Krieg gleichfalls nicht geborgenen Kopf-
scheiben sind weitestgehend zerstört und unter Verwendung
einer Handvoll alter Scherben von Frenzei 1957 ergänzt wor-
den.
Komposition: Eingeschrieben in den übergreifenden genasten
Kielbogen der architektonischen Fensterrahmung und nur
durch den Mittelpfosten geteilt, bilden die beiden Kopfschei-
ben einen zusammenhängenden Abschluß beider Fensterbah-
nen, bestehend aus einem durchlaufenden ziegelgedeckten
Pultdach, dessen Mitte von zwei kleinen durchbrochenen Ge-
häusen mit Wimpergen und Kreuzblumen überhöht wird. Die
Einzelformen weisen — bei aller Reduktion — zurück auf die
»parlerischen« Architekturkonstruktionen der älteren Ulmer
Chorfensterwerkstatt (besonders im Annen-Marien-Fenster).
Farbigkeit: Ziegeldächer rot; die kleinen durchbrochenen Ädi-
kulen braun mit weißen Kämpferzonen und gelben Wimper-
gen. Rankengrund blau.
CVMA NU 115, T 9969
4a VERKÜNDIGUNG
Fig. 36, Farbtaf. XXIII, Abb. 198, 2iof.
H. 62 cm, B. 37 cm.
Erhaltung: Kaum Ergänzungen; vier Flickstücke von Frenzei
ersetzen ältere Reparaturen des I9-Jh. Die störenden Sprung-
bleie, die noch im Vorkriegszustand den Gesamteindruck spür-
bar beeinträchtigten, sind ebenfalls von Frenzei ausgeschie-
den, die betreffenden Stücke (Mantel und Buch Mariens, Säu-
lenstellung der Rückwand und Sockel, Hände des Engels, rech-
te Konsolfigur sowie Säule, Gewände und Durchblick ins
Freie) rückseitig doubliert worden; diese Teile sind heute so-
wohl durch Vergilben des Klebstoffs (Araldit) in ihrer Farbig-
keit leicht getrübt, als auch im Halbton partiell zu stark gerei-
nigt (der im Vorkriegsphoto deutlich sichtbare Schattenschlag
der Säulenreihe auf der Rückwand fehlt heute). Die Bemalung,
insbesondere die deckenden Konturen — etwa im Mantel Mari-
as und der Alba Gabriels — sind vielfach abgerieben und ver-
blaßt. In den Köpfen fehlt die Hauptzeichnung, wodurch der
ohnedies sehr weiche und malerische Eindruck der Schwarz-
lotzeichnung noch verstärkt wird. Außenseitigen Wetterstein
tragen nur die braunvioletten Gläser des Fliesenbodens und
die hellroten der Konsolfigürchen. Bleinetz von Frenzei erneu-
ert.
Ikonographie, Komposition: Maria empfängt stehend den Engels-
gruß, in der Hand ein aufgeschlagenes Buch; ein zweites Buch
liegt verschlossen auf dem Tisch. Die reizvolle Gestaltung des
Innenraums — insbesondere die Rückwand mit vorgestellten
Säulen, gerade durchlaufendem Gebälk, Tonnenwölbung und
schräg gestelltem Durchblick ins Freie — scheint demselben
modernen, vermutlich niederländischen Vorbild verpflichtet
wie auch die Zeichnung der Unterweisung des Jesusknaben
78 Vgl. hierzu bereits Scholz, Tradition und Avantgarde, 1992, S. 138,
Abb. 43 f.
MÜNSTER
hand und Fuß des Abraham, der Alba des Engels, im Boden
und im Rahmen. Die Bemalung ist stellenweise stark abgerie-
ben; scheinbar wahllos verteilte Überzüge zur Schwarzlotsi-
cherung auf der Innenseite (Araldit) sind mit breitem Pinsel
aufgetragen worden (insbesondere im Himmel); Verbleiung
alt.
Ikonographie, Komposition: Die schreitende Haltung der Hauptfi-
gur, die verschlungene Alba des schwebenden Engels, aber
auch Einzelmotive wie der im Gesträuch verfangene Widder
scheinen durch ältere Ulmer Kompositionen - die Verkündi-
gung an Joachim bzw. Anna — im Annen-Marien-Fenster ange-
regt (Abb. 85 f.)78. Der außergewöhnlich niedrig gelegte gerade
Horizont wäre (wenn nicht erst durch die Reparatur der obe-
ren Scherbe verursacht) einmalig in den Bessererscheiben.
Rahmung wie in 2a.
Farbigkeit: Kühl und reduziert auf die Hauptfarben Blau,
Grün, Rot und Weiß. Abraham trägt ein kornblumenblaues
Gewand mit blaßbraunem Gürtel und weißem Pelzbesatz über
roten Beinlingen. Isaak in rotem Rock und roten Schuhen
kniet gebunden auf dem beinfarbenen Holzstoß, davor ein
grauer Kessel mit dem Opferfeuer; Inkarnate hell- und dun-
kelbraun. Rasenboden und Baumwipfel smaragdgrün, dazwi-
schen rotbraune Felsen und anschließend graublaue Bergkegel
(rechts zu dunkel ergänzt) und waagerecht grauweißer Hori-
zont vor mittelblauem Wolkenhimmel. Engel, Schwert und
Böcklein weiß; Haare und Ärmelsäume des Engels blaß silber-
gelb. Rundbogenrahmung wie in 2 a.
LBW 41713, 48366; CVMA H 2088, Detail H 2089
ta/b MOSES VON DER FEUERSÄULE GEFÜHRT/
MOSES EMPFÄNGT DIE ZEHN GEBOTE
1964/65 nach Entwürfen von Hans Gottfried von Stockhausen
in der Werkstatt Saile ausgeführt.
Sehr wahrscheinlich waren die Felder 1 a/b schon 1713 oder
1731 durch blankverglaste Lüftungsflügel ersetzt worden (s.
Reg. Nr. 72 bzw. 80), wobei die sicher beschädigten alten Glas-
gemälde verschleudert oder einfach weggeworfen worden sein
müssen. Die ursprünglich dargestellten Themen sind nicht
überliefert (vgl. hierzu auch S. 132—134).
FENSTER I (KINDHEIT CHRISTI)
Fig. 36, Farbtaf. XIII, Taf. XXXIIIa, Textabb. 27, Abb. 198-213
Die Maßwerkverglasung mit den Wappen der Besserer in zwei
gegenüberstehenden Fischblasen wurden im Krieg restlos zer-
stört. Die Erneuerung anhand alter Aufnahmen stammt von
Gottfried Frenzei (1957).
5 a/b KOPFSCHEIBEN MIT ARCHITEKTUR-
ABSCHLUSS Fig. 36, Abb. 252
Erhaltung: Die im Krieg gleichfalls nicht geborgenen Kopf-
scheiben sind weitestgehend zerstört und unter Verwendung
einer Handvoll alter Scherben von Frenzei 1957 ergänzt wor-
den.
Komposition: Eingeschrieben in den übergreifenden genasten
Kielbogen der architektonischen Fensterrahmung und nur
durch den Mittelpfosten geteilt, bilden die beiden Kopfschei-
ben einen zusammenhängenden Abschluß beider Fensterbah-
nen, bestehend aus einem durchlaufenden ziegelgedeckten
Pultdach, dessen Mitte von zwei kleinen durchbrochenen Ge-
häusen mit Wimpergen und Kreuzblumen überhöht wird. Die
Einzelformen weisen — bei aller Reduktion — zurück auf die
»parlerischen« Architekturkonstruktionen der älteren Ulmer
Chorfensterwerkstatt (besonders im Annen-Marien-Fenster).
Farbigkeit: Ziegeldächer rot; die kleinen durchbrochenen Ädi-
kulen braun mit weißen Kämpferzonen und gelben Wimper-
gen. Rankengrund blau.
CVMA NU 115, T 9969
4a VERKÜNDIGUNG
Fig. 36, Farbtaf. XXIII, Abb. 198, 2iof.
H. 62 cm, B. 37 cm.
Erhaltung: Kaum Ergänzungen; vier Flickstücke von Frenzei
ersetzen ältere Reparaturen des I9-Jh. Die störenden Sprung-
bleie, die noch im Vorkriegszustand den Gesamteindruck spür-
bar beeinträchtigten, sind ebenfalls von Frenzei ausgeschie-
den, die betreffenden Stücke (Mantel und Buch Mariens, Säu-
lenstellung der Rückwand und Sockel, Hände des Engels, rech-
te Konsolfigur sowie Säule, Gewände und Durchblick ins
Freie) rückseitig doubliert worden; diese Teile sind heute so-
wohl durch Vergilben des Klebstoffs (Araldit) in ihrer Farbig-
keit leicht getrübt, als auch im Halbton partiell zu stark gerei-
nigt (der im Vorkriegsphoto deutlich sichtbare Schattenschlag
der Säulenreihe auf der Rückwand fehlt heute). Die Bemalung,
insbesondere die deckenden Konturen — etwa im Mantel Mari-
as und der Alba Gabriels — sind vielfach abgerieben und ver-
blaßt. In den Köpfen fehlt die Hauptzeichnung, wodurch der
ohnedies sehr weiche und malerische Eindruck der Schwarz-
lotzeichnung noch verstärkt wird. Außenseitigen Wetterstein
tragen nur die braunvioletten Gläser des Fliesenbodens und
die hellroten der Konsolfigürchen. Bleinetz von Frenzei erneu-
ert.
Ikonographie, Komposition: Maria empfängt stehend den Engels-
gruß, in der Hand ein aufgeschlagenes Buch; ein zweites Buch
liegt verschlossen auf dem Tisch. Die reizvolle Gestaltung des
Innenraums — insbesondere die Rückwand mit vorgestellten
Säulen, gerade durchlaufendem Gebälk, Tonnenwölbung und
schräg gestelltem Durchblick ins Freie — scheint demselben
modernen, vermutlich niederländischen Vorbild verpflichtet
wie auch die Zeichnung der Unterweisung des Jesusknaben
78 Vgl. hierzu bereits Scholz, Tradition und Avantgarde, 1992, S. 138,
Abb. 43 f.