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ULM • MUSEUM

Im Ulmer Museum haben sich zwei Glasgemälde unterschiedlicher Provenienz erhalten, die derzeit im ersten Stock des
hinteren Treppenhauses und in der Hauskapelle des Kiechelhauses (der ehern. Ehinger-Kapelle) ausgestellt sind.

i. WAPPEN BESSERER Fig. 78, Abb. 365
Rechteckscheibe. Ulm, 2. Viertel 15. Jh.
H. 92,5 cm, B. 67 cm. Inv. Nr. 1984.9171.
Bibliographie-, Carola Hug, in: Südwestpresse, 25. 7. 1990, S. 21
(mit Abb.).


Fig. 78. ES Museum Nr. 1

Zur Frage des ursprünglichen Standorts-, Erworben 1984 aus dem
Nachlaß Besserer. Der Holzrahmen (des 19.Jh.?) deutet auf
eine zwischenzeitliche Verwendung als Vorsatzfenster. Maße
und ungefähre Datierung stünden der Herkunft aus einem der
dreibahnigen Fenster des Münsters — hier vorzugsweise dem
Chorfenster der Besserer (süd V) — nicht im Wege1.
Erhaltung-, Nach Ankauf durch das Museum wurden die stark
abdeckenden kalten Überzüge vor allem der Rückseite (Was-
serglas?) entfernt2. Die geringe Zahl kleinerer, farbig ange-
paßter neutraler Ergänzungen im Rahmen und in den
Bogenspiegeln der Bildarchitektur dürften auf eine wenig frü-
here Reparatur zurückgehen. Eine Handvoll alter Flickstücke
im Bodenbereich scheint mit Scherbenresten ehemals zugehö-
riger Wappenfelder bestritten worden zu sein (erkenntlich sind
Teile weißer Helmdecken). Auf den weißen Gläsern der Bo-
genrahmung und im Doppelbecher der Besserer sind die Halb-
tonlasuren fast vollständig verloren, im Rautenmuster des
Wappenschilds und im Stechhelm dagegen noch ansatzweise
lesbar. Reste rückseitiger Bemalung in den Helmdecken. Nur
die violetten Farbgläser sind außenseitig durch Lochfraß ge-
schädigt.
Ikonographie, Komposition-, Das Wappen der Besserer — ein silber-
ner Doppelbecher auf Schwarz (hier durch Abwitterung nur-
mehr schwach grau) - Stechhelm mit goldenen Decken,
Rangkrone und Helmzier (von zwei Armen gehaltener Dop-
pelbecher mit Federbusch) steht - der Neigung zufolge — in

heraldisch linker Position vor einer engen gewölbten Nische,
gerahmt von einer breiten Rundbogenarkade.
Farbigkeit: Bogenrahmung, Wappenschild und Doppelbecher
der Helmzier weiß (farblos); Stechhelm wäßrig hellblau; Kro-
ne und Decken bernsteingelb; Arme rot mit rosa Händen.
Bildraum mit rotvioletten Bogenspiegeln und mittelblauem
Sterngewölbe.
Technik: Auffallend ist der hohe Anteil verwitterungsbeständi-
ger, harter Klargläser.
Stil, Datierung: Wappenbild und Bogenrahmung zeigen Formen
der ersten Jahrhunderthälfte und lassen sich annähernd mit
den Besserer-Fenstern über dem Westportal vergleichen (Abb.
305—312). Die plastischen Blendbogenfriese der beiden Posta-
mente gehörten dagegen noch zum Repertoire des Kutteltür-
fensters (Abb. 295—297), womit die Datierung in etwa
zwischen 1420/30 und 1440/50 anzusetzen wäre. Die schräg
zur Form gesetzten parallelen Schraffen in den Helmdecken
erinnern von fern an die feiner differenzierte Zeichnung der
Bessererscheiben.
CVMA T 9972
2. SAMMELSCHEIBE MIT FIGURENFRAGMENTEN,
WAPPEN UND HINTERGRÜNDEN
Fig. 79, Abb. 370-373
Fragmentfeld in Vierpaßform. Ulm, um 1430/40 bzw. um
1500.
H. 52,5 cm, B. 56 cm. Inv. Nr. A.B. 1895.1843.
Bibliographie: P. Keppler, Württemberg^ kirchliche Kunstal-
terthümer, Rottenburg a.N. 1888, S. 31 (vermerkt in der Stadt-
kirche zu Blaubeuren »Reste von schönen Gasmalereien
[Madonna, Gottvater]« in einem Fenster der Nordseite);
Lehmbruck, 1968, S. 44h, Abb. 54—54c (identifiziert ein Kopf-
fragment sowie zwei Scherben mit Rankengrund und Baum-
landschaft als Relikte einer umfangreicheren Arbeit Hans
Ackers in Blaubeuren); Pee, 1968, S. 25 (Katalog der Acker-
schen Bruchstücke); Wentzel, Meisterwerke Ulm, 1968, Anm.
22 (hält alle Scherben unterschiedslos für Reste der Dürerzeit);
Becksmann, CVMA Deutschland 1,2, 1986, S. 348, Anm. 35
1 Das Besserer-Fenster im Chor des Münsters war offenbar schon im
17. Jh. weitgehend durch eine Blankverglasung ersetzt worden, doch sehr
wahrscheinlich war dort noch bis zum Erlöschen der Unterhaltspflicht
der Familie im Jahre 1817 zumindest das Stifterwappen zu sehen; Frick,
2i73i, S. 20, bemerkt denn auch nur, daß die »gemahlten Stücke meist
eingegangen« seien (vgl. Anhang S. 251).
2 Nach Mitteilung des Restaurators Rudolf Grass, der seinerzeit die me-
chanische Reinigung der mit Salmiak und Essigwasser angelösten Über-
züge vorgenommen hat.
 
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