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MÜNSTER

4a—d GEHÄUSEARCHITEKTUR MIT ZWEI ENGELN
Fig. io, Abb. ioi f., 106
H./B.: 4c: 86,5/54, d: 87/58 cm.
Erhaltung: 4a/b komplett neu von Zettler (gespiegelt nach
dem Vorbild von 4c/d). In den Feldern 4c und d sind, gemes-
sen am unteren Drittel, größere Partien an originaler Glassub-
stanz bewahrt, die Kellner zumindest in 4c weitgehend im
Fenster belassen hatte; stellenweise von Zettler überglast. Der
reizvoll auf die Brüstung gestützte Engel in 4d ist — von
Sprungbleien abgesehen - vollständig intakt.
Ikonographie, Komposition: Das (einschließlich Szenen) zwei Zei-
len und alle vier Bahnen überspannende verschachtelte Archi-
tekturgehäuse zeigt einen zentralen eingeschossigen, gewölb-
ten Sakralraum mit halbrunder, von steilen Rundbögen durch-
brochener Apsis und vorkragendem horizontalen Abschluß.
Flankiert durch zwei niedrige, gleichfalls dreiseitig vorgekrag-
te, dabei flachgedeckte und jeweils durch ein Emporengeschoß
mit doppelter Rundbogenöffnung überhöhte Räume entsteht
der Querschnitt durch eine dreischiffige Emporenkirche, in
deren weiträumigem Inneren die Szenen der dritten Zeile an-
gesiedelt wurden. Von ihrem erhöhten Standort auf den Em-
poren wohnen die Engel dem Geschehen bei.
Farbigkeit: Engel in 4d mit stahlblauem Gewand und goldgel-
ben Flügeln; Inkarnat hellbraun (partiell durch Wetterstein ge-
dunkelt); Engel in 4a (modern) mit umgekehrter Farbigkeit.
Stirnseiten und Hängekonsolen der drei vorkragenden Bauteile
weiß, die Schrägseiten der beiden kleineren nach außen rosa,
zur Mitte graugrün; alle fluchtenden Abschlußgesimse gelb,
ebenso Rippen und Konsolen des moosgrünen Sternengewöl-
bes im Mittelbau (eigens verbleite Sterne rosa). Dessen ein-
wärts gebogene, genaste seitliche Wandstreifen rosa mit weißer
Stirnkante, Apsis violett mit rosa Bogenlaibungen und moos-
grünem Gesims. Die abschließende Brüstung des zentralen
Baldachins trägt in den gekehlten Flächen (vorn rosa, schräg
hellblau) gelbbesamte rote Rosetten. In der kurzen Brücke zu
den flankierenden Loggien rote Kasettendecke über fluchten-
der violetter Wand. Die kleineren Seitengehäuse zeigen im In-
neren gleichfalls rote Kasettendecken, über rückwärtig geöff-
netem violetten Wandabschluß; am Rand moosgrün gekuppelt
mit gelber Bogenlaibung. Die Loggien der beiden Engelempo-
ren zeigen blaßrosa Rundbögenöffnungen (randständiges Ka-
pitell gelb) mit moosgrünen Laibungen, dunkelblaue Kasetten-
decken und wiederum nach hinten geöffnete violette Wandfel-
der. Nierenrankengrund: hinter den Engeln rot, im übrigen
blau.
LBW 42117—42120; CVMA G 83 36f., Details G 8363 f.
3a/b ANBETUNG DER KÖNIGE
Fig. 10, Taf. XVIb, Abb. 101
H./B.: 3a: 86,5/54,5, b: 87/54,5 cm.
Erhaltung-, Großflächig ergänzt (Zettler); vereinzelt unter Ver-
wendung alter Flickstücke. Eine sehr frühe Reparatur betrifft
Kopf und Beine des Jesusknaben. Diese stimmen in der Ra-
dier- und Wischtechnik mit dem — nachweislich bereits vor
Kellner ersetzten - Kopf des Hl. Joseph in der Flucht nach
Ägypten (Abb. 102) und weiterhin mit einzelnen Reparaturen
in der Chörleinverglasung der Besserer-Kapelle (vgl. Abb. 250)
überein und dürften bereits auf einen Eingriff im i6.Jh. zu-

rückgehen. Nur der Kopf des Dieners oben rechts in 3 a ist alt.
Ikonographie, Komposition: Das Epiphaniasbild im Annen-Ma-
rien-Fenster zeigt die im Spätmittelalter geläufigste Anord-
nung der Figuren: Die gekrönte Gottesmutter empfängt zur
Seite thronend den Zug der Magier, die früh schon mit den
Königen aus Ps 72 (71), 10 und Is 60, 3 gleichgesetzt und seit
dem 10. Jh. mit Kronen dargestellt wurden. Der älteste König,
der die Krone demutsvoll abgenommen und einem Diener ge-
reicht hat, kniet huldigend vor dem Christusknaben, der auf
dem Schoß Marias steht140. Das besonders in der deutschen
Kunst des späten 14. Jh. geläufige Motiv des Handkusses geht
(wie der textnähere Fußkuß) auf die Meditationen des Pseudo-
Bonaventura zurück141. Die beiden anderen Könige, die neben
dem ältesten wie immer die Lebensalter der Jugend und der
Reife vertreten142, kommen von rechts hinzu, wobei die Szene
— wie in der Mariengeburt — auf zwei Felder Breite ausgedehnt
werden mußte, um die Komposition zu fassen.
Farbigkeit: Maria, in moosgrünem Gewand und rotem Mantel
mit weißem Innenfutter hält das nach vorn schreitende nackte
weiße Kind auf ihrem Schoß. Der kniende König trägt rote
Beinlinge, einen kurzen gelb gegürteten purpurroten Rock,
darüber einen dunkelvioletten hermelingefütterten Überwurf
mit gelben Knöpfen; hinter ihm in moosgrünem Gewand ein
Diener mit der Krone. Der vordere der rechts herbeikommen-
den Könige hat einen kräftig roten, graublau gefütterten Man-
tel übergeworfen, rotviolette Beinlinge und Ärmel, der jüngste
König einen knielangen moosgrünen Tappert, rote Beinlinge,
einen rot/weiß gestreiften Kragen und hochgeteilten weißen
Umhang; am gelben Gürtel sichtbar der Schwertknauf. Thron,
Gabengefäße, Kronen, Mantel- und Gürtelschließen gelb; In-
karnate blaßrosa. Die Nimben, von links nach rechts wech-
selnd grün, rot, sind jeweils durch weiße Perlbänder gerahmt.
Die im Hintergrund überschnittenen Architekturteile wech-
seln zwischen Violett (Frontflächen), Grün bzw. Weiß (Kanten
und Laibungen) und Rosabraun (Schrägseiten). Sockel grau-
weiß, grüner Rasenboden, dunkelblauer Nierenrankengrund.
LBW 42113 f.; CVMA G 8334, Details G 8356—835 8
3 c FLUCHT NACH ÄGYPTEN Fig. 10, Abb. 102
H. 87 cm, B. 54 cm.
Erhaltung: Weitgehend neu (Zettler). Einer älteren, mit Sicher-
heit weit vor Kellner durchgeführten Reparatur gehören
140 Schiller I, 3i98i, S. 122, vermutet für das stehende Kind zu Un-
recht den Einfluß der Vision der Hl. Birgitta von Schweden; das Motiv
begegnet bereits lange zuvor, etwa um 1330 in den Chorfenstern der
Esslinger Frauenkirche (CVMA Deutschand I, 1, 1958, Abb. 299-301).
141 Vgl. ausführlich Schiller I, 3i98i, S. 105-124, und Adolf Weis, in:
LCII, 1968, Sp. 543 f.
142 Ob der jüngste König — wie gelegentlich im 15. Jh. und so auch in
der vorliegenden Ergänzung Zettlers - bereits im Original als Mohr
dargestellt gewesen war, ist zu bezweifeln, denn keine der etwa zeitglei-
chen Formulierungen des Themas in Ulm kennt diese besondere Typi-
sierung der Magier als Verteter der (bis 1492) drei Erdteile; ausgenom-
men Multschers Wurzacher Altar, doch dieser ist immerhin rund vier
Jahrzehnte später entstanden (1437). Vgl. besonders Hugo Kehrer, Die
heiligen drei Könige in Literatur und Kunst, Leipzig 1908/09 (Neudruck
Hildesheim/New York 1976), I, S. 37, 63; II, S. 223—225.
 
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