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hierzu von dem Restaurator ausdrücklich anerkannt wird.
Ulm, den 8.(ip.) Sept(em)b(e)r 1869.
Mit obigen Bedingungen vollkommen einverstanden erklärt sich hiermit
Johann Gustav Hermann Kellner, Glasmaler. Heim, Haßler.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (85).
141 Ulm 1869 Dez. 16
Kritik am Vorgehen des Münsterbaukomitees, das anstelle der
verlorenen Wappenfelder in der unteren Zeile des Johannes-
fensters das ulmische und das württembergische Wappen ein-
setzen ließen, um auf diese Weise der finanziellen Unterstüt-
zung der Stadt und des Staates Württemberg für die geleistete
Restaurierung der Chorfenster zu gedenken (Auszug aus den
Sitzungsprotokollen des Münsterbaukomitees):
der Vorstand trägt vor:
Ein Artikel in Nro. 286 der Ulmer Schnellpost vom 7. d. M. enthalte
ein Referat über die Verhandlungen des hiesigen Kunst— und Alter-
thumsvereins in dessen Sitzung vom 3. d. M.
Es seie dort ein Tadel über die Art und Weise der Restauration des
Johannesfensters ausgesprochen (die Einfügung des württembergischen
Wappens an der Stelle des Wappens des ursprünglichen Stifters werde
unter Bezugnahme auf eine Gorrespondenz in der pu Köln erscheinen-
den Zeitschrift » Organ für christliche Kunst« eine Verballhornung ge-
nannt) und eine dieß(halb)ige Vorstellung des Alterthumsvereins an das
Münsterkomite in Aussicht gestellt.
Letztere seie inzwischen nicht eingelaufen und es frage sich, ob nicht im
Hinblick auf die unrichtige Darstellung in dem Schnellpostartikel be-
züglich der Aeußerungen einzelner Comitemitglieder eine Entgegnung
am Plage seie.
Nach Besprechung der Sache wird beschloßen: von einer Entgegnung
Umgang zu nehmen.
In sachlicher Beziehung bemerkt Herr Oberstudienrath Dr. Haßler:
die von ihm seiner Zeit mit dem Restaurationsbericht vorgelegte Skizpe
(sfr. §.77) enthalte 2 leere Wappenschilder, da die ursprünglichen Fen-
stertheile nicht mehr aufzufinden seien undjede Tradition darüber fehle,
wer die Stifter gewesen.
Unter diesen Umständen habe sich das Comite damit einverstanden
erklärt, daß an die leeren Stellen die Wappen derjenigen eingesept wer-
den, welche die Kosten der Restauration bez(iehungs)w(ei)se der theilwei-
sen Erneuerung des Johannesfensters tragen und damit gewissermaßen
aufs Neue die Stifter des Fensters werden. Di eß sei die Stadt Ulm und
der Staat Württemberg, welch letzterer gerade pujrj Herstellung der
Fenster 2.000 fl. beigesteuert habeH
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (89).
142 Ulm 1869 Dez. 18
Anfrage und Einspruch des Altertumvereins bezüglich des neu
eingesetzten württembergischen Grafen-Wappens im Johan-
nesfenster:
Verehrliches Münster-Comite
In der letzten Sitzung unseres Vereins kam zur Sprache, daß gelegentlich
der Restauration der Glasfenster im Chor des Münsters unter das s.g.
Johannes—Fenster neben dem Ulmer Schild das würtembergsche Wappen
eingefügt worden sei. Der Augenschein hat dieß bestätigt und zwar
haben wir erfahren, daß nicht etwa das dermalige, sondern das alte
Wappen der Grafen v. Würtemberg in diesem Fenster Aufnahme gefun-
den hat.
Welches Wappen früher an dieser Stelle gewesen, können wir nicht be-

stimmen, sondern nur vermuthen, daß es das des Stifters gewesen. Da
uns aber bis jetzt jede Kenntniß davon abgeht, daß die Grafen v. Wür-
temberg zu der Entstehung des fraglichen Fensters in direkter Beziehung
gestanden, so wären wir überaus dankbar, wenn das verehrliche Comite
uns geneigtest hierüber aufklären und zugleich die Quelle bezeichnen
wollte, aus der diese für unsere Stadt wie unseren Münsterbau gleich
interessante geschichtliche Notiz geschöpft wurde.
Für den Fall jedoch, daß sich die Restauration in Frage nicht auf eine
positive historische Grundlage stützt, die Aufnahme des besprochenen
Wappens vielmehr in Anerkennung der großen Verdienste geschehen sein
sollte, welche sich unser aller gnädigster König und Protektor unseres
Vereins um die Restauration des Münsters erworben, so glauben wir
doch in schuldiger Loyalität und höchster Werthschätzung jener Verdien-
ste Niemanden nachzustehen, wenn wir wünschen, daß das Wappen
nicht eingesetzt worden wäre, ja daß es wieder beseitigt werde; und zwar
einfach deßhalb, weil ohne jegliche beigefügte Erklärung über Zweck und
Bedeutung desselben nothwendig der Irrthum entstehen und sich für alle
Zeiten forterhalten muß, daß das Haus Würtemberg zu der ursprüngli-
chen Entstehung des Fensters und nicht blos zu dessen Restauration in
nächster Beziehung gestanden, und zwar um so nothwendiger, als nicht
das neueste königliche, sondern das alte Grafen- Wappen gewählt wurde.
Indem wir bitten, in Obigem einzig und allein den reinen Ausdruck des
regsten Interesses und der tiefsten Pietät für den hehren Gegenstand
unserer Münster—Restauration zu erblicken, stehen wir nicht an, noch
ausdrücklich zu erklären, daßjede monumentale Huldigung welche unse-
rem verehrten Königshaus in anderer, minder zweideutiger, vielmehr klar
ausgesprochener Weise in den Räumen des Münsters gebracht werden
wollte, seitens unseres Vereins mit Begeisterung begrüßt würde.
Hochachtungsvoll
Ulm, den 18. Dezember 1869
Verein für Kunst und Alterthum in Ulm & O(berscbwaben).
Adam Vorstand.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (90).
143 Ulm 1869 Dez. 21
Antwortschreiben Haßlers an den Vorstand des Kunst und
Altertumsvereins in Ulm und Oberschwaben auf dessen An-
frage vom 18. Dezember (Reg. Nr. 142):
Euer Hochwohlgeboren
geehrte Zuschrift v. 20. d. M. in Betreff der Eingabe des verehrl. Alter-
thumsvereins kann ich lediglich mit Beziehung auf die Verhandlungen
des Münstercomites vor etwa 11/2 Jahren beantworten, in welchen die
Zeichnungen der acht von dem I. oder Johannesfenster in das Chorfenster
Nr. IV. übertragenen und nun wieder nach Nr. I zurückzuversetzenden
Glasgemälde, und zwar sowohl in ihrem ruinösen Zustand als in dem der
Wiederherstellung (diese in Fensters kizye) vorgelegt worden und die letz-
tere Weise gutgeheißen wurde. Das Eetztere geschah auch von Seiten des
K. Kultministeriums, von welchem auf Zuspruch der Stadtbehörde der
Unterzeichnete mit der Leitung und Ueberwachung der Restauration
beauftragt war.
Es wird genügen, sie jetzt darauf hinzuweisen, daß die alten Umrisse
der beiden Wappenfelder, welche sich in dem fe" (statt im 8/ej der
fraglichen 8 Felder befanden, mit Bruchstücken von sehr verschiedenen
und in keiner Weise zusammen gehörigen, sondern wahrscheinlich von
39 Vgl. die kurze Notiz im Sitzungsbericht des Altertumsvereins vom
3. Dezember 1869, in: UO (Verhandlungen) Nr. 2, 1870, S. VI.
 
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