REGESTEN
291
147 Ulm 1870 Mai 10 (16)
Vertrag zwischen dem Münsterbaukomitee und dem Glasmaler
H. Kellner über die Restaurierung der Glasgemälde des Haupt-
portals auf der Grundlage des ersten Kontrakts vom 20. Mai
1868 (Reg. Nr. 125):
Erster und einziger §.
Es gelten für diese Restauration durchaus und in jeder Beziehung diesel-
ben Bestimmungen, welche unter dem 20. Mai 1868 über die Restauration
der ersten Chorfsog. Johannesjfensters in die §. 1—9, beziehungsweise in
der Uebereinkunft vom 8.(1p) Septbr. 1869 über das fünfte Chor— (sog.
Weber-) fenster vereinbart worden sind, so daß unter Zugrundlegung der
urkundlichen Vermessung für sämtliche zum Hauptportale gehörigen
Glasgemälde im Ganzen die Accordsumme auf 900 fl.
Neun hundert Gulden
festgesezt ist, wobei seitens des Co mit es die strenge Einhaltung der Be-
stimmungen §§. 2. 6., Nr. 1. 2. p 4. 7. betont und die Verpflichtung
hiezu von dem Restaurator nachdrücklich anerkannt wird.
Oberbürgermeister Heim, Haßler.
Obigen Vertrag anerkannt
J. G. Hermann Kellner, Glasmaler.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (90).
148 Ulm 1870 Aug. 13
In einem Schreiben an das Kgl. Kultusministerium in Stuttgart
bittet Kellner um Beistand gegenüber dem Münsterbaukomi-
tee, damit die Arbeiten an der Fensterrestaurierung während
des Krieges nicht völlig eingestellt werden:
Hohes Königl. Cultus-Ministeriuml
Im vollen Vertrauen auf die hochpreisliche Fürsorge des hohen Ministe-
riums wage ich in aller Ehrerbietung den gnädigsten Beistand anzurufen.
Vor zwei un^ einem halben Jahr wurde ich nämlich durch das Münster-
comite als Restaurataur der ruinirten Fenster hieher berufen, während
welch langer Zeit ich mir die vollste Zufriedenheit erwarb, und auch
gelegentlich Seiner Majestät dem Allergnädigsten Könige vorgestellt. Vor
wenigen Tagen wurde mir durch Herrn Oberstudienrath Professor Dr.
Haßler mitgetheilt, daß die Arbeiten-eingestellt werden müßten.
Nach dem in Abschrift beiliegenden Vertrag habe ich die Arbeiten
übernommen und nie geahnt, daß dieselben durch irgend eine Veranla-
ßung gestört werden könnten, den selbsten an den vom Staate ausgeführ-
ten Bauten ist nur eine Beschränkung eingetreten, wie es z-B- dßr
Baugewerbeschule in Stuttgart der Fall ist.
Durch die plötzliche Arbeitseinstellung bin ich sozusagen mit meiner
ganzen Familie brodlos geworden, denn ohne alle Beschäftigung trifft
mich diese Verfügung umso schwerer, als ich auf obigen Vertrag hin
nach pq gehalten war, ununterbrochen an diesen Arbeiten bis zu ihrer
Vollendung unausgesezf zu arbeiten, ohne anderweitige Aufträge anneh-
men zp dürfen und mit meiner ganzen Familie in Ulm Domicil nehmen
mußte, aus welchem Grunde ich auch mein in Nürnberg stehendes Ei-
gen thum der Art vermiethete, daß mir jezf kein Recht zi1 steht, den
Miether zM verdrängen, während dem ich hier meinen durch Vertrag
gesichert geglaubten Aufenthalt so plötzlich verändern soll.
Ich wage nun an ein Königliches KultMinisterium die ehrerbietigste
Bitte: Hochdasselbe wolle sich gnädigst für den Unterzeichneten bei dem
Münstercomite der Art verwenden, damit ihm während des Kriegs die
Arbeiten nicht gänzlich entzogen werden oder demselben gnädigst ander-
weitig in sein Fach einschlagende Beschäftigung anschaffen zu wollen.
Ehrerbietigst verfasst Eines hohen Königl. Cultusministeriums unterthä-
nigst ergebener Hermann Gustav Kellner, Glasmaler und K. baier.
Zeichnungslehrer aus Nürnberg.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (93; Abschrift).
149 Ulm 1870 Aug. 17
Stellungnahme Haßlers gegenüber dem Kgl. Ministerium für
Kirchen— und Schulwesen, die Eingabe Kellners vom 13. Au-
gust d.J. betreffend (Reg. Nr. 148):
... beeile ich mich unter Zurückgabe der Communikate unterthänig anzp-
Zeigen, daß ich in Betreff der Eingabe des Glasmalers Kellner unverzüg-
lich mit dem Vorstand des Münstercomites, H(errn) Oberbürgermeister
v. Heim Rücksprache genommen habe, weil von diesem die juristische
Fassung des Vertrags vom 20. Mai (Beil, f) herrührt, wie von mir der
technische Inhalt desselben.
Oberbürgermeister v. Heim theilt mit mir die Ansicht, daß ein Blick in
§.1 dieses Vertrags genüge, daß derselbe sich lediglich auf das eine in
demselben bezeichnete Fenster beziehe, wie denn auch über jede folgende
weitere Restaurationsarbeit jedesmal ein andrer Vertrag (es liegen mir
sechs solche Verträge mit der Unterschrift Kellners vor) abgeschlossen
wurde und abgeschlossen werden mußte mit Rücksicht auf die verschiede-
ne Beschaffenheit der zu restaurirenden Objecte, auf die Feststellung des
Kostenbetrags, auf die Verfügbarkeit der Mittel u. s.w. Alles das ist
dem Glasmaler Kellner wohlbekannt und wenn er nun, wie es scheint,
jenem Vertrag eine größere Tragweite beimißt, so ist das lediglich seine
Sache; ich bezweifle aber sehr, daß bei einer bevorstehenden weiteren
Restaurationsarbeit diese seine Auffassung ihm bei den Mitgliedern des
Münstercomites zu besonderer Empfehlung gereichen dürfte.
Noch muß ich hinzufügen, daß zwar die gegenwärtige Unterbrechung,
bezweise Reduction der Restaurationsarbeiten überhaupt herbeigeführt
durch die auf Requisition der Geniedirection erfolgte Verwendung der
Steinmetzen, Maurer, Zimmerleute, Taglöhner u. s. w. bei dem Festungs-
bau auch mir seit etwa 14 Tagen es unmöglich gemacht hatte, alte Fenster
im Münsterchor herausnehmen und neu einsetzen zu lassen; daß ich
übrigens dem Glasmaler Kellner ausdrücklich bemerkte, wie die Sisti-
rung seiner Arbeiten zunächst auch darin seinen Grund habe, daß die
neuen Cartons für die Fortsetzung derselben noch lange nicht fertig seien.
Es war nämlich der Zeichner, welcher dieselben unter meiner Aufsicht zu
fertigen hat, seit etwa 10 Wochen, wie das dem K. Ministerium bekannt
ist, der Heerberggemälde durch Hofmaler von Gegenbauer als unterge-
ordneter Gehülfe beigegeben.
Uebrigens ist von einer Einstellung der durch speciellen Vertrag festge-
setzten Restaurationsarbeiten überall nicht die Rede gewesen; nur sind
diese eben jezt in Vollendung begriffen.
Ehrerbietigster, der Conservator O.St.R. Dr. Haßler.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (Abschrift).
150 Stuttgart 1870 Aug. 18
Anfrage des Ministers des Kirchen- und Schulwesens an
Oberbürgermeister von Heim, die Eingabe Kellners vom 13.
August d.J. betreffend (Reg. Nr. 148):
Euer Hochwohlgeboren
ist bereits bekannt, daß der mit der Restauration der Glasmalereien der
Fenster am Ulmer Münster beauftragte Glasmaler Kellner von Nürn-
berg, dessen Thätigkeit neuerdings sistirt worden, sich in einer Eingabe
vom ip d. M. an das Ministerium gewendet und dasselbe gebeten hat, bei
dem Münsterbau—Comite in Ulm dahin Verwendung eintreten zu las-
sen, daß ihm auch während des Kriegs die Arbeiten nicht gänzlich
entzogen werden.
Ich habe hierüber zunächst den Conservator, Oberstudienrath Dr. Haß-
291
147 Ulm 1870 Mai 10 (16)
Vertrag zwischen dem Münsterbaukomitee und dem Glasmaler
H. Kellner über die Restaurierung der Glasgemälde des Haupt-
portals auf der Grundlage des ersten Kontrakts vom 20. Mai
1868 (Reg. Nr. 125):
Erster und einziger §.
Es gelten für diese Restauration durchaus und in jeder Beziehung diesel-
ben Bestimmungen, welche unter dem 20. Mai 1868 über die Restauration
der ersten Chorfsog. Johannesjfensters in die §. 1—9, beziehungsweise in
der Uebereinkunft vom 8.(1p) Septbr. 1869 über das fünfte Chor— (sog.
Weber-) fenster vereinbart worden sind, so daß unter Zugrundlegung der
urkundlichen Vermessung für sämtliche zum Hauptportale gehörigen
Glasgemälde im Ganzen die Accordsumme auf 900 fl.
Neun hundert Gulden
festgesezt ist, wobei seitens des Co mit es die strenge Einhaltung der Be-
stimmungen §§. 2. 6., Nr. 1. 2. p 4. 7. betont und die Verpflichtung
hiezu von dem Restaurator nachdrücklich anerkannt wird.
Oberbürgermeister Heim, Haßler.
Obigen Vertrag anerkannt
J. G. Hermann Kellner, Glasmaler.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (90).
148 Ulm 1870 Aug. 13
In einem Schreiben an das Kgl. Kultusministerium in Stuttgart
bittet Kellner um Beistand gegenüber dem Münsterbaukomi-
tee, damit die Arbeiten an der Fensterrestaurierung während
des Krieges nicht völlig eingestellt werden:
Hohes Königl. Cultus-Ministeriuml
Im vollen Vertrauen auf die hochpreisliche Fürsorge des hohen Ministe-
riums wage ich in aller Ehrerbietung den gnädigsten Beistand anzurufen.
Vor zwei un^ einem halben Jahr wurde ich nämlich durch das Münster-
comite als Restaurataur der ruinirten Fenster hieher berufen, während
welch langer Zeit ich mir die vollste Zufriedenheit erwarb, und auch
gelegentlich Seiner Majestät dem Allergnädigsten Könige vorgestellt. Vor
wenigen Tagen wurde mir durch Herrn Oberstudienrath Professor Dr.
Haßler mitgetheilt, daß die Arbeiten-eingestellt werden müßten.
Nach dem in Abschrift beiliegenden Vertrag habe ich die Arbeiten
übernommen und nie geahnt, daß dieselben durch irgend eine Veranla-
ßung gestört werden könnten, den selbsten an den vom Staate ausgeführ-
ten Bauten ist nur eine Beschränkung eingetreten, wie es z-B- dßr
Baugewerbeschule in Stuttgart der Fall ist.
Durch die plötzliche Arbeitseinstellung bin ich sozusagen mit meiner
ganzen Familie brodlos geworden, denn ohne alle Beschäftigung trifft
mich diese Verfügung umso schwerer, als ich auf obigen Vertrag hin
nach pq gehalten war, ununterbrochen an diesen Arbeiten bis zu ihrer
Vollendung unausgesezf zu arbeiten, ohne anderweitige Aufträge anneh-
men zp dürfen und mit meiner ganzen Familie in Ulm Domicil nehmen
mußte, aus welchem Grunde ich auch mein in Nürnberg stehendes Ei-
gen thum der Art vermiethete, daß mir jezf kein Recht zi1 steht, den
Miether zM verdrängen, während dem ich hier meinen durch Vertrag
gesichert geglaubten Aufenthalt so plötzlich verändern soll.
Ich wage nun an ein Königliches KultMinisterium die ehrerbietigste
Bitte: Hochdasselbe wolle sich gnädigst für den Unterzeichneten bei dem
Münstercomite der Art verwenden, damit ihm während des Kriegs die
Arbeiten nicht gänzlich entzogen werden oder demselben gnädigst ander-
weitig in sein Fach einschlagende Beschäftigung anschaffen zu wollen.
Ehrerbietigst verfasst Eines hohen Königl. Cultusministeriums unterthä-
nigst ergebener Hermann Gustav Kellner, Glasmaler und K. baier.
Zeichnungslehrer aus Nürnberg.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (93; Abschrift).
149 Ulm 1870 Aug. 17
Stellungnahme Haßlers gegenüber dem Kgl. Ministerium für
Kirchen— und Schulwesen, die Eingabe Kellners vom 13. Au-
gust d.J. betreffend (Reg. Nr. 148):
... beeile ich mich unter Zurückgabe der Communikate unterthänig anzp-
Zeigen, daß ich in Betreff der Eingabe des Glasmalers Kellner unverzüg-
lich mit dem Vorstand des Münstercomites, H(errn) Oberbürgermeister
v. Heim Rücksprache genommen habe, weil von diesem die juristische
Fassung des Vertrags vom 20. Mai (Beil, f) herrührt, wie von mir der
technische Inhalt desselben.
Oberbürgermeister v. Heim theilt mit mir die Ansicht, daß ein Blick in
§.1 dieses Vertrags genüge, daß derselbe sich lediglich auf das eine in
demselben bezeichnete Fenster beziehe, wie denn auch über jede folgende
weitere Restaurationsarbeit jedesmal ein andrer Vertrag (es liegen mir
sechs solche Verträge mit der Unterschrift Kellners vor) abgeschlossen
wurde und abgeschlossen werden mußte mit Rücksicht auf die verschiede-
ne Beschaffenheit der zu restaurirenden Objecte, auf die Feststellung des
Kostenbetrags, auf die Verfügbarkeit der Mittel u. s.w. Alles das ist
dem Glasmaler Kellner wohlbekannt und wenn er nun, wie es scheint,
jenem Vertrag eine größere Tragweite beimißt, so ist das lediglich seine
Sache; ich bezweifle aber sehr, daß bei einer bevorstehenden weiteren
Restaurationsarbeit diese seine Auffassung ihm bei den Mitgliedern des
Münstercomites zu besonderer Empfehlung gereichen dürfte.
Noch muß ich hinzufügen, daß zwar die gegenwärtige Unterbrechung,
bezweise Reduction der Restaurationsarbeiten überhaupt herbeigeführt
durch die auf Requisition der Geniedirection erfolgte Verwendung der
Steinmetzen, Maurer, Zimmerleute, Taglöhner u. s. w. bei dem Festungs-
bau auch mir seit etwa 14 Tagen es unmöglich gemacht hatte, alte Fenster
im Münsterchor herausnehmen und neu einsetzen zu lassen; daß ich
übrigens dem Glasmaler Kellner ausdrücklich bemerkte, wie die Sisti-
rung seiner Arbeiten zunächst auch darin seinen Grund habe, daß die
neuen Cartons für die Fortsetzung derselben noch lange nicht fertig seien.
Es war nämlich der Zeichner, welcher dieselben unter meiner Aufsicht zu
fertigen hat, seit etwa 10 Wochen, wie das dem K. Ministerium bekannt
ist, der Heerberggemälde durch Hofmaler von Gegenbauer als unterge-
ordneter Gehülfe beigegeben.
Uebrigens ist von einer Einstellung der durch speciellen Vertrag festge-
setzten Restaurationsarbeiten überall nicht die Rede gewesen; nur sind
diese eben jezt in Vollendung begriffen.
Ehrerbietigster, der Conservator O.St.R. Dr. Haßler.
Ulm, StA, B 372/133, Nr. 2 (Abschrift).
150 Stuttgart 1870 Aug. 18
Anfrage des Ministers des Kirchen- und Schulwesens an
Oberbürgermeister von Heim, die Eingabe Kellners vom 13.
August d.J. betreffend (Reg. Nr. 148):
Euer Hochwohlgeboren
ist bereits bekannt, daß der mit der Restauration der Glasmalereien der
Fenster am Ulmer Münster beauftragte Glasmaler Kellner von Nürn-
berg, dessen Thätigkeit neuerdings sistirt worden, sich in einer Eingabe
vom ip d. M. an das Ministerium gewendet und dasselbe gebeten hat, bei
dem Münsterbau—Comite in Ulm dahin Verwendung eintreten zu las-
sen, daß ihm auch während des Kriegs die Arbeiten nicht gänzlich
entzogen werden.
Ich habe hierüber zunächst den Conservator, Oberstudienrath Dr. Haß-