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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0133
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Wappenkunde.

Die Kunst oder besser Wissenschaft, welche sich mit der Kennt-
niss, Entwerfung, Beschreibung" etc. der Wappen beschäftigt, heisst
Heraldik, Heroldswissenschaft (französ.: science heraldique, engl.: he-
raldry), weil der Herold, Ehrenhoid oder Heer-Aid (Aid ist = Diener)
die Wappen der zum Turnier Herbeikommenden zu prüfen und zu
verkündigen hatte; man nennt sie auch Blasonnirkunst (frz.: blason,
engl.: blazon) und das Deuten eines Wappens blasonniren (franz.:
blasonner; engl.: to blazon, to emblaze), was nach Menage von latio
herkommen soll (weil das Wappen getragen ward?), nach Boreil
von laus und sonare (den Ruhm laut künden), nach Furetiere und
Frisch von blasen, weil die Verkündigung des Wappens durch einen
Trompetenstoss eingeleitet ward; nach Adelung" von Blässe, f.,
Blessen m. (engl.: blaze), Abzeichen, Merkzeichen.

Es ist nicht nachzuweisen, dass die Wappen erst durch die Kreuz-
züge entstanden seien. Die Einführung der Turniere in Deutschland
beginnt bereits im 8. und 9. Jahrhundert (s. meine ,,Waffenkunde"
p. 64), und damals schon diente das Abzeichen auf dem Schild als
Controlmittel. Schilde mit Abzeichen, also im strengsten Begriff
Wappen, zeigen sich bei den germanischen Völkern des Nordens
schon zu Anfang unserer Zeitrechnung. Wenn Tacitus, der zu jener
Zeit schrieb (de moribus Germanorum), sagt, dass die Deutschen
ihre Schilde mit schönen Farben manchfach bemalten, so verstand
er freilich nicht, dass diese Malereien hervorragende Thaten des
Häuptlings andeuteten, dem der betreffende Schild gehörte. Dass
diese Sitte ungemein verbreitet in Deutschland war, beweist das
von Schild abgeleitete Wort „schildern", welches ebensowohl be-
schreiben als malen heisst, wie denn Schilderer für Maler sich sehr
lange erhielt. Die betreffenden Thaten wurden auf dem Schild an-
gedeutet entweder durch die Waffe, mit der sie ausgeführt waren,
oder durch das Bild des besiegten Feindes oder Ungeheuers, oder
durch Andeutung irgend eines wichtigen Umstandes, und waren
das Kennzeichen des betreffenden Helden für seine Lebenszeit, so
dass die ersten Wappen also nicht erblich waren; der Sohn musste
sich erst durch eigene Thaten das Recht erwerben, seinen Schild
zu bemalen, und blieb bis dahin nach Vergil: parma inglorius alba60).

60) Verg. Aen. IX, 548: Ense lenis nudo parmaque inglorius alba; dazu Verg.
Aen. XI, 711: Ense pedes nudo puraque interrita (nämlich Camilla) parma; im Gegen-
satz dazu Verg. Aen. VII, 796 : Et Sacranae acies et ficti scuta Labici (d. h. die an
den Schilden bemalten Labicer). Gewöhnlich nimmt man an, dass diese picta arma
 
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