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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0302
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Zweiter Theil. Allgemeines. Kriegsbaukunst.

einer stattlichen Mauer mit Wartthürmchen und Luginslands um-
zogen. — Auch die Ureinwohner Nordamerikas hatten Befestigungen,
welche die "Wohnung des Häuptlings und die gottesdienstlichen
Stätten umschlossen, ganz so, wie es die Anlage des Palastes von
Madureh zeigt. Die Weise, wie die Assyrer ihre Städte befestigten,
indem sie gewöhnlich mehrere Mauerringe mit zahlreichen Thoren
herumführten, scheint auch bei den Israeliten gegolten zu haben,
da Jerusalem einen dreifachen Mauergürtel und dreizehn befestigte
Thore hatte. Bis vor Kurzem waren es nur die römischen Be-
festigungen, welche durch ihre Erhaltung noch mit einiger Sicher-
heit Studien über die Kriegsbaukunst der Alten gestatteten, ob-
gleich auch die, von den Römern als Barbaren bezeichneten, minder
gebildeten Völker bereits den Unterschied zwischen Städtebefestigung
und Feldschanzen kannten, wie uns das durch die halberhabenen
Arbeiten an der Trajanssäule bewiesen wird, wo man als Ver-
theidigungswerke der Dacier besonders Blockhäuser sieht, deren
Wände also aus übereinander gelegten Baumstämmen bestehen, doch
auch theilweis gemauerte Häuser, umgeben von Pfahlgehegen. —
Die römischen Stadtbefestigungen bestanden aus Mauern, deren
glatte Strecken von den in Pfeilschussweite vorspringenden, doch
mit der Mauer verbundenen, Thürmen aus bestrichen werden konnten.
Der obere Theil der Mauer war gewöhnlich in Quadern ausgeführt,
der untere in kleineren Steinen, wesshalb unerfahrene Archäologen
hie und da diesem unteren Theil ein höheres Alter zuschrieben.
Die Mauern von Rom selbst, wieder aufgebaut unter Aurelian
(270—275 n. Chr.), welche theilweise noch stehen, sind zum grössten
Theil in Ziegel aufgeführt und hatten zahlreiche Thürme, welche meist
unten viereckig und oben rund waren. — Umwallungen der Städte
wurden ausserdem noch von Gräben umzogen, und die Römer
kannten auch schon das Fallgatter (franz.: herse, lat.: hcrcia, vom
griech. iQy.ttov, Gehege, oder vom latein. ericius, Egge, spanischer
Reiter, lat. auch Cataracta genannt), welches später wohl auch durch
getrennte, unten zugespitzte Pfähle, Fallbäume (frz.: orgues) ersetzt
wurde, weil dabei das Schliessen der Oeffnung nicht, wie es beim
Fallgatter vielfach geschah, durch Einwerfen irgend eines grösseren
Körpers verhindert werden konnte. Die Zugbrücke aber war den
Alten unbekannt, wie dies die noch stehenden Thore zu Rom, Tivoli,
Pompeji etc. beweisen, an denen man nur Falze für die Fallgatter
findet. Castrum hiess bei den Römern im Allgemeinen jedes Kriegs-
lager; die castra aestiva war nur für kurze Zeit errichtet, minder
wichtig und oft nur durch Erdaufwürfe gegen Handstreiche ge-
sichert. Castra hiberna, nur für die Winterquartiere bestimmt,
waren schon besser befestigt; die castra stativa aber, welche
als Operationsbasis bei Eroberung und Behauptung der Länder
dienten, hatten starke, meist gemauerte Befestigungen und bildeten
sich oft zu Städten aus, daher auch Cäsar die belgischen castra als
oppidum, Stadt, bezeichnet. Ein Castrum, welches als Garnison-
platz für eine kleinere Abtheilung, z. B. eine Legion, bestimmt
war, hiess castelhwi; noch kleinere Befestigungen, die aber doch
 
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