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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Designtheoretisches Kolloquium — 11.1987

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Funke, Rainer: Handlungstheoretische Erklärung der Bildung von Gegenstandsbedeutungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31835#0126
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Im einzelnen, individuell oder kollektiv alltagspraktisch, ist der
Bezug der Subjekte zu Gegenständen durch die Typik des praktischen
Lebensvollzugs der Gesellschaft geprägt und somit sozialökonomisch
formationsspezifisch bestimmt. Klaus Holzkamp faßt diese Tatsache
unter erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten mit dem Begriff der
Gegenstandsbedeutung, wobei er primär auf die gegenständlich-so-
ziale Umwelt des Menschen Bezug nimmt, also auf die menschliche
Gesellschaft und ihre Produkte. /2/ Unterschieden wird dabei von
Holzkamp die objektive Relevanz der Gegenstände für die Realisie-
rung des menschlichen Lebensprozesses als Produkte der Vergegen-
ständlichung menschlicher Fähigkeiten im Rahmen der Realisierung
konkreter Produktivkräfte, die sachlichen Gegenstandsbedeutungen
einerseits und die personalen Gegenstandsbedeutungen andererseits.
Letztere sind gesellschaftliches Resultat und gesellschaftlicher
Vollzug der Aneignung der sachlichen Gegenstandsbedeutungen durch
die Individuen im Prozeß der Produktion und Konsumtion. "Gegenstands-
bedeutung heißt ... Bedeutung im Zusammenhang mit der menschlichen
Lebenstätigkeit. " /3/

Die sachliche Bedeutung der Gegenstände wird konstituiert durch
z.B. Kenntnisse über das Material, die Technologie, die bei seiner
Herstellung zur Anwendung kamen, durch die Funktionalität, die der
Gegenstand erfüllen muß, damit er zweckvoll in Handlungen eingebun-
den werden kann usw. Die persönliche Aneignung dieser Gegenstands-
bedeutung ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, daß die
Individuen einer Gesellschaft erfolgreich an der Produktion des
Lebens teilnehmen können und damit dann auch am Reproduktionsprozeß
insgesamt. In ihrer individuellen Manifestation bestimmen die sach-
lichen Bedeutungen der Gegenstände die individuellen Tätigkeiten,
indem sie zu "kognitiven Strukturen" (Piaget) im Bewußtsein der
Menschen geordnet werden und somit Handlungen strukturieren, d.h.
erst ermöglichen. Ohne das Verfügen über derart angeeignete Ge-
genstandsbedeutungen wäre Handeln als Nachvollziehen der "objek-
tiven Logik des Umgangs" mit Gegenständen (z.B. das sachgerechte
Gebrauchen eines Löffels /4/ nicht möglich.

Als Produkte menschlicher Tätigkeit haben die Gegenstände über
ihre sachliche Bedeutung hinaus personale Bedeutung, denn sie ver-
körpern realisierte (im Prozeß ihrer Produktion) und potentielle
Kooperation von Menschen. Sie verkörpern "eine potentielle gesell-

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