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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Designtheoretisches Kolloquium — 11.1987

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Funke, Rainer: Handlungstheoretische Erklärung der Bildung von Gegenstandsbedeutungen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.31835#0129
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(Buchstaben, Fahnen, Wappen, Geld, Verkehrszeichen usw,). Unsere
Hypothese ist, daß ahne die Semantizität der Produkte schlechthin
weder der sachgerechte Umgang mit den Produkten - also schließlich
praktische Aneignung der Welt überhaupt - noch soziale Ordnung und
Dynamik möglich wären-, eine Hypothese, die über empirische Unter-
suchungen noch zu verifizieren ist.

Handlungstheoretisch und damit auf der Ebene singulärer Akte, laßt
sich die semiotische Situation folgendermaßen beschreiben:

Ein Gegenstand wird aufgrund seiner Gestalt zum Anlaß genommen,
eine Interpretationshandlung auszuführen. O.h., es wird ein gei-
stiger Zustand geschaffen, der inhaltlich nicht auf den ersten Ge-
genstand gerichtet ist, sondern auf ein Orittes. Im Unterschied zu
sachlicher und personaler Gegenstandsbedeutung ist die semiotische
Gegenstandsbedeutung immer an diesen Interpretationsakt eines
Zeichens gebunden, sie ist also nie unm'ittelbar in der Wahrnehmung
des Gegenstandes vorhanden, sondernkommt aufgruhd einer Handlung
hinzu. Einen Gegenstand, z.B. einen Löffel, kann ich gar nicht
anders wahrnehmen, als in bezug auf meine Handlungskompetenzen,
mit diesem Löffel etwas zu tun (sachliche Gegenstands-Bedeutung)
und in bezug auf meine soziale Kompetenz der Integration in das ar-
beitsteilige System der Produktion der materiellen Lebensgrundlagen
der Gesellschaft (personale Gegenstandsbedeutung).

Aber ich kann diesen Löffel wahtnehmen, ohne ihn als Zeichen für
eine bestimmte Technologie zu interpretieren (wofür ich.Kontext-
wissen über die Technologien der Löffelherstellung benötige),
ohne ihn als Zeichen für eine bestimmte Lebenshaltung zu interpre-
tieren, ohne ihn als Zeichen für konkrete Kooperationszusammenhänge
zu interpretieren (der Löffe.l neben der Suppentasse als Auf f orderung,
die Suppe nicht aus der Tasse zu trinken, sondern mit dem Löffel zu
essen oder der schmutzige Löffel auf dem Tisch als Auffoderung
zum Abwaschen) usw.

Es gibt sicher noch eine Reihe von möglichen semiot;ischen Zusammen-
hängen für derärtige Produktgestalten bis hin zu der Loslösung
des Bezugs auf die Gestaltung eines Gegenstandes von seinen faktibi-
litären, utilitären, operationalen bzw. instrumentellen Funktionen
zugunsten der Symbolverwendung (z.B. der Löffel bzw. dessen allge-
meine Gestalt als Symbol für Lebensmitteleinnahme oder Gaststätte

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