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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Designtheoretisches Kolloquium — 12.1988

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Werler, Karl-Heinz: Computergrafie: Grundzüge einer Computeranwendung in der freien Grafik
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https://doi.org/10.11588/diglit.31836#0166
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Die Frage nach der Eindeutigkeit bei der Rückgewinnung der Informationen im Kommuni-
kationsprozeß ist in den einzelnen Fachbereichen unterschiedlich zu beantworten. Das ist
abhängig vom Aufbau und der Aufbereitung der jeweiligen Umgebung bei Produktion und
Rezeption, sowie von einer gegenseitigen Zuordenbarkeit.

Für das Gebiet CAD (computer-aided-design) beantwortet sich diese Frage mit einer kla-
ren Bestätigung der Eindeutigkeit. Die dem Produzenten (Konstrukteur) und Rezipienten
(Facharbeiter) zugehörigen Fachgebiete sind auf diese Kommunikation orientiert aufberei-
tet. Die Ausbildung der Ingenieure, Techniker, Facharbeiter, die Eindeutigkeit des fixier-
ten Wissens, Berufs- und Arbeitserfahrungen damit, sowie eine ausgereifte und ausge-
feilte Strategie der Standardisierung und Normung sorgen für die hinreichende Überein-
stimmung der jeweiligen Fachwelten. Damit ist gesichert, daß in der Phase der Produktion
einer technischen Zeichnung (sie ist eine spezielle Form des Bildes) die zu übermittelnden
technischen und technologischen Sachverhalte eindeutig codiert und fixiert werden,
diese Informationen in der Phase der Rezeption wiedererkannt und ohne Verfälschung zu-
rückgewonnen werden können.

In vielen anderen Bereichen ist diese Identität der Fachwelten nicht ausreichend oder nur
bedingt gegeben. Das führt dann notwendigerweise zu Falschdeutungen und Irritationen,
ja zu Mißverständnissen.

Besonders hervorzuheben - den Reiz der Kunstbetrachtung darstellend - ist dieser diffe-
renziert ausgeprägte Unterschied auf dem Gebiet der Verbindung von Kunstproduktion
und -rezeption. Konventionen, Verabredungen, Faktenwissen, Ikonen, Metapher u.v.a.m.
werden mit mehr oder weniger Spielraum der Deutung und Interpretation in diesem Kom-
munikationsprozeß eingesetzt. Diese Vereinbarungen und Verabredungen sind oft gesell-
schaftssystemrelevant, fließend im Inhalt und zeitlich und örtlich variabel und demzufolge
deutbar.

Konzentrieren wir uns wieder auf den Prozeß der Verbildlichung. Beim Aufbau der Kette
„Denkprozeß - Bild" verschmelzen zwei Phasen eng miteinander. Die erste Phase voll-
zieht sich komplett in der Denk- und Bewußtseinssphäre des Menschen. Die Operationen
des Denkens bringen als Informationsmenge das Modell hervor, dessen externe Verwirk-
lichung außerhalb dieser Sphäre, außerhalb des Kopfes des Menschen bewirkt werden
muß. Wie entsteht aber dort dieses Produkt, das Bild? Es wird in Schritten produziert.
Wir gehen von einem Produktionssystem aus, das in der Lage ist, eine Reihe verschiede-
ner Operationen, also von Aktionen, in zeitlich linearer Folge zu vollziehen. Bezeichnen
wir die Ergebnisse, die durch Anwendung dieser Operationen hervorgebracht werden, als
grafische Grundelemente, so ist das am Ende der Produktion schließlich zustande kom-
mende Gebilde das gewünschte Bild. Welche Operationen im einzelnen wirken, welche
Menge von Grundelementen eingesetzt wird, wollen wir außer acht lassen. Ihre techni-
sche Verwirklichung wird durch das Ziel und die jeweilige Spezifik der Darstellung be-
stimmt; so unterscheiden sich Bleistiftz'eichnung, Radierung, Flolzschnitt:

Jede Operation der Kette „Denkoperation - Bild", die extern, also außerhalb des Kopfes
funktioniert und dabei ein grafisches Element produziert, bedarf eines internen Steuerbe-
fehls, hervorgebracht durch eine Folge von Denkschritten.

Besonders einprägsam wird dieser Gedanke des Zusammenspiels von Denkoperation und
Realisierung mit dem Wort „Vorausdenken" umschrieben. Denn in diesem Sinne verbin-
det der Prozeß der Abbildung ein vorausgedachtes Element mit der Operation zur exter-
nen Realisierung dieses grafischen Elementes.

Damit wandelt sich die Kette „Denkoperation - Bild" in die Folge um:

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