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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 4.1887

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Sambeth, Johann Georg: Bilder aus der Geschichte Mergentheims, [2]
DOI Artikel:
Kirchenbaukunst in der württembergischen Residenz, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20204#0019

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14

die Vertreibung der Fremden Deinem Erbe ein reicher Besitz
zu teil würde. Befestige nun, o Gott, das Werk Deiner
Hände durch gnädige Erhöruug unseres Gebets. Auch wir
haben bei Dir, hl. Vater, einen Herrn und Erlöser, der für
uns seine Hände am Kreuze ausgestreckt hat, durch den auch
wir Dich, o Allerhöchster, bitten, daß mit Hilfe Deiner Macht
die Gottlosigkeit aller Feinde gebrochen werde und Dein Volk,
von jeder Angst befreit, Dich allein fürchten lerne. Durch
denselben" u. s. w.
Dann kam noch folgende Bitte um den göttlichen Segen
für den neuen Hoch- und Deutschmeister: „Gott, Du unbe-
greiflicher Urheber der Welt, Schöpfer des Menschen-
geschlechtes, Festiger der Reiche und Schirmer der Herr-
schaften! Du hast befohlen, die Könige, Fürsten und Vor-
gesetzten zu ehren und zu lieben; bereichere Du unseren hier
gegenwärtigen durchlauchtigsten Fürsten samt der ihm anver-
trauten Gesellschaft durch die Fürbitte der allezeit jungfräu-
lichen Mutter Gottes und aller Heiligen mit der ganzen Fülle
Deines Segens; suche ihn heim, wie Du den Moses im
Dornbusch, den Josua in der Schlacht, den Gedeon aus dem
Felde, den Samuel im Tempel heimgesucht hast, und gieße
jenen himmlischen Segen und jenen Tau der Weisheit über
ihn aus, die David in seinen Psalmen und sein Sohn Salomo
durch Deine Güte aus des Himmels Höheu empfangen haben.
Sei Du ihm gegen feindliche Heerscharen Panzer, im Un-
glück Helm, im Glücke Weisheit , in ruhigen Zeiten bestän-
diger Schild, und gieb, daß das Volk ihm Treue halte, die Vor-
nehmen den Frieden wahren, Liebe üben, sich von jeder Be-
gierlichkeit enthalten, was recht ist reden, bei der Wahrheit
bleiben, damit so dieses Volk unter der Herrschaft dieses
Fürsten durch Deinen ewigen Segen immer mehr und mehr
wachse und immer eines fröhlichen und siegreichen Friedens
sich erfreue. Möge das alles der uns verleihen, welcher mit
Dir" u. s. w.
Den Schluß bildete folgende kurze Ansprache an den
neuen Hochmeister: „Steh fest, durchlauchtigster Fürst, und
harre aus ans der Stelle, die Dir der allmächtige Gott durch
seine eigene Macht, wie durch unsere Übergabe und unseren
Segen angewiesen! Mögest Du in allem glücklich sein und
leben und herrschen in Ewigkeit!"
Jetzt erst begann das Hochamt vom hl. Kreuze, dem der
Hochmeister, in Mitte des Chores auf seinem Betstühle vor-
dem Altäre knieend, anwohnte.
Als nach demselben der Lobgesang des Zacharias: Lene-
ckickus, Gepriesen sei der Herr Gott Israels re., ertönte,
da stimmte die ganze Versammlung freudig bewegt ein, und
alles war voll Jubels über die glückliche Wahl des ebenso
frommen als gütigen Hoch- und Deutschmeisters. Nach be-
endigter kirchlicher Feier zog man in feierlicher Prozession in
die Prachtgemächer des Hoch- und Deutschmeisters zurück.
Jetzt begann die herzlichste Gratulation, bei welcher sämtliche
Ordensritter, die deutschherrischen und städtischen Beamten
wie der Stadtrat zum Handkuß zugelassen wurden. Mittags
war große Hoftafel im Schlosse, aber auch der Armen in der
Stadt wurde nicht vergessen! Als am 25. Oktober 1780
Erzherzog Maximilian Franz inthronisiert wurde, da veran-
stalteten die Bürger auch eine prachtvolle Illumination der
Stadt, welche der neue Hoch- und Deutschmeister nach auf-
gehobener Tafel zu Fuß zu besichtigen geruhte. Besonders
prachtvoll nahmen sich das Rathaus auf dem schönen, freien
Marktplatze und der Schloßgarteu mit dem abwechselnden
Grün und den Blumen zwischen den Lichtern aus, welche die
Seen wiederspiegelten. Auch der Stadtrat wollte seiner Freude

Ausdruck geben: er veranstaltete zu Ehren des festlichen Tag-
aus dem Rathause in dessen hohen, Hellen Räumen ein
zendes Mahl, zu dem er viele Gäste lud. Eine Chronik M
zählt weiter: „Aus dem großen silbernen Pokal wurde unt^
Pauken- und Trompetenschall aus die Gesundheit des neue'
Landesherrn getrunken und beständig aus den Böllern 9^/
schossen. Die Musikbanden spielten den ganzen Tag üb^
und am späten Abend hatte der Stadtrat von Anfang ^
zum Ende der Beleuchtung von der Altane des RathaUch)
herab ans den Marktplatz beständig fort Wein springen laßE
und selbigen dem Volke preisgegeben. Die bei dem GastmM
auf dem Rathaus versammelten Gäste führten verschieden
Tänze auf und belustigten sich damit wie mit den köstlich^
Weinen bis in den andern Tag hinein."
So bot die Inthronisation ein liebliches Bild des schönst
Friedens und der innigsten Verbindung zwischen dem Ordk'
und seinen treuen Unterthanen, ein neues Band der Lied
zwischen Fürst und Volk, und wohl jeder brave Mergentheim
dachte am Abend, was der nach Stadion lebende StadtpfaM
Venator am Ende seines „Historischen Berichtes M)
Marianisch-Teutschen Ritterorden, Nürnberg 1680" in ^
zugleich das Jahr 1679 anzeigenden Vers zusammengesaßt-
'Neutboliicus vi§eat feiix sit et Orcko iVliiriae!
Möge der Mnrianisch-deutsche Ritterorden blühen nnd glücklich sein-

I. Kirchenbaukunst in der wiirttcmkergst'chcU
Residenz.
Der Fremde, der Stuttgart betritt und unter anders
auch Monumente der Kirchenbaukunst zu bewundern wünsw'
wird sich zunächst enttäuscht finden, ob der geringen Zahl ^
vorhandenen Kirchen und des sonstigen monumentalen ÄM
drucks des religiösen Gedankens, sowie ihrer, wie er anfaM
annimmt, ziemlich geringen Bedeutung in Stil, Alter Nü
Schönheit. Die Residenzstadt, welche nach der am 1.
1884 in ihr vorgenommenen Zählung (siehe Vorblätter M
Adreß- und Geschäftshandbuches vom Jahr 1885) vM
110364 Einwohner zählt (ohne Vorstädte Berg und Hesw^
und Weiler Gablenberg), besitzt ganze 13 Kirchen und ^
Friedhofkapellen (Zentral- und israelitische). Darunter P'
8 evangelische, 2 katholische, 1 hochkirchlich-englische und eUj
wesleyanisch-methodistische Kirche u. s. w. nebst der SynagM '
Unter den evangelischen Kirchen sind zwei, die „WaisenhM
kirche" und die „Wanderkirche" architektonisch kaum zu zähll''
denn die erstere besitzt nur Bänke für die evangelisch^
Waisenknaben, keinen Turm und keinen Altar, der diel)
Namens würdig wäre; die letztere ist eine „transportable HM),
kirche". Für sie hat sich heute schon ein Kirchenbauver'H,
gebildet, der an ihre Stelle in die Gegend beim „NeckarthM^
eine Kirche aus Stein setzen wird. Weiter, so interessant.^
„Hof- oder Schloßkirche" auch ist, räumlich betrachtet ist sie N .
mehr als eine Kapelle mit einem unschönen ZinkdachtürMM,
Sie repräsentiert lediglich einen kleinen Teil des
Schlosses". Das hübsche Treppenhaus, das zu ihr führt, M
prächtigen Galerien, welche von der innern Seite des
aus vor des Beschauers Augen aufsteigen, dürfen oder eigM
lich müssen als Werke der Profanbaukunst angesehen wer^
Ferner kommen die Versammlungsorte der „freireligiösen ^
nosseuschaften", die sich entweder aus der schnurgeM^.
Straßenlinie nicht abheben, oder nur Betsäle in Vorder- Mn
Hinterhäusern darstellen, kaum in Betracht. Ebensowenig ,
dies z. B. bei der „reformierten", der „Zionskirche" und ^
vielen Vereinslokalen der Evangelischen, der evangelischen
 
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