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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 4.1887

DOI Artikel:
Brinzinger, Adolf: Geschichtliche Notizen über einige im Umfang des jetzigen Landkapitels Stuttgart gelegene Pfarreien, Kirchen und Klöster, [21]
DOI Artikel:
Kirchenbaukunst in der württembergischen Residenz, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20204#0071

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auch in Ellwangen mit Liebe und Humanität unter seinen
Schülern und hielt Vorträge über dieselben Fächer wie in
Rottweil mit Klarheit und scharfer Begriffsbestimmung. Er
las selbst die heilige Messe für die Studierenden, oder wohnte
derselben bei, wenn ein anderer Professor den Gottesdienst
besorgte, predigte im Turnus mit den Professoren und hielt
religiöse Borträge, lebte in kollegialischem Einvernehmen mit
seinen Amtsgenossen, mit denen er besonders bei seinen täglichen
Spaziergängen auf den schönen Berg traulich verkehrte. Aber
auch die dunklen Stunden des Lebens sollteer verkosten: zuerst
in häuslichen Unglücksfällen. Es starben ihm 3 Brüder in
der Blüte der Jahre, von denen 2 als Bürger und Wagner-
meister, der dritte als Oberamtsarzt in Ellwangeu lebten.
Sodann wurde er wegen der Nektoratsführung in gehässiger
Weise denunziert, so daß er 1823 um Abnahme des Rektorats
bat, welchem Gesuch aber die höhere Behörde nicht entsprach.
Rektor Weckherlin schrieb ihm damals: „Ich muß mit andern
wünschen, daß zum Besten Ihres Gymnasiums dieser Wechsel
nicht geschehe." Werfer führte setzt das Rektorat fort bis 1831.
Als neue Angriffe erfolgten, schrieb er in wehmütiger Stim-
mung an den Studienratsdirektor Flatt: „Am 2. Febr. d. I.
werden es 25 Jahre, daß ich als Professor der Philosophie
und Religion angestellt wurde, über 13 Jahre bin ich Vor-
stand des Gymnasiums, im Laufe gegenwärtigen Jahres werde
ich 57 Jahre alt. Viele dahier reden und schreiben von mei-
ner Versetzung. So etwas muß einem Manne, der seine
Dienste gewiß mit Treue und Gewissenhaftigkeit und zum
Vorteile seiner Zöglinge verrichtet hat, sehr wehe thun. Ich
darf mein Leben und das Wirken desselben vor jeden Richter
stellen. Ich gehe, aber ich verlange einen Rücktritt mit Ehre
und Vorteil." Er petitionierte, um dieser leidigen Verhältnisse
los zu werden, jetzt um die Pfarrei Westhansen, welche er
erhielt nebst dem Titel und Rang eines K. Kirchenrats, im
Winter 1831 verließ er Ellwangeu und trat 13. April 1831
seine neue Pfarrei an, die er bei strenger Jahreszeit ganz
allein versah, weshalb er erkrankte, mit dem beginnenden Früh-
jahr aber wieder seine Gesundheit erlangte. So sehr er ans
gesellige Leben gewöhnt war, befreundete er sich dennoch bald
mit dem Leben auf dem Lande, wie er denn zu sagen pflegte:
„Man kann sich an alles gewöhnen." Bei seinen Psarrkindern
war er sehr beliebt. Neben der Seelsorge betrieb er immer
noch gerne philosophische und geschichtliche Studien, in welch
letzterem Fach er ausgezeichnete Kenntnisse besaß, wobei ihm
sein vortreffliches Zahlen- und Namengedächtnis sehr zu statten
kam. Von den deutschen Klassikern liebte er insbesondere
Göthe und Herder. Der Umgang mit der Natur und die
Besuche von Freunden und Schülern, zu welch ersteren Dom-
kapitular Wagner, Christof Schund, Professor vr. Drey
und Herbst, Dekan Weinschenk und andere gehörten, waren
ihm eine liebe Quelle geistigen Lebens. Doch sollte sein Auf-
enthalt in Westhausen nur 4 Jahre dauern. 1835 10. März
wurde er als Pfarrer von Neu Hausen investiert. Der
damalige Ortsvorstand, der sogar die Glocken bei dem Einzuge
des neuen Pfarrers nicht läuten lassen wollte, trübte ihm in-
dessen seine Tage, und Werfer beabsichtigte sogar deswegen
Neuhausen zu verlassen, aber die Anhänglichkeit und Liebe der
Gemeinde bestimmten ihn zu bleiben, und durch seine Ge-
lassenheit und Liebe zum Frieden brachte er es dahin, daß ein
gutes Einvernehmen hergestellt wurde. Auch gereichte es ihm
zur Freude und Erleichterung in der Seelsorge, daß einer
seiner Neffen (Joseph Werfer, Repetent in Rottweil) 14. Nov.
1838 als Margaretenkaplan zu Nenhausen angestellt wurde.
Es kamen jetzt bessere Tage. Aber nun überraschte ihn der

Tod. Im Herbst 1838 hatte er noch mit Professor Drey eine
Reise in die Heimat gemacht, seinen Freund Schulinspek^
Haßt und seine ehemaligen Pfarrkinder in Westhansen besnay
und war fröhlich wieder zurückgekehrt, da befiel ihn Ende
November ein Magenleiden, welches trotz sorgfältiger Pflege ßw
verschlimmerte. Seine 3 Neffen eilten herbei, der eine von
Nottweil, der andere von Ellwangeu, der dritte von Tübingen
fanden ihn aber bereits rettungslos darniederliegen. Er einpßnS
die hl. Sterbsakramente, bereitete sich ans die Ewigkeit vor
und sprach wenig mehr während seiner letzten Leidenstage, aiN
23. Dez. 1838 morgens '/i9 Uhr entschlief er zu einem bel-
feren Leben in Gegenwart von seinen 5 Bruders Kindern-
Dekan Volz übergab unter Thränen am Weihnachtsfest die
Leiche des geliebten Lehrers der Erde, Oberkirchenrat Stein"
Hardt begleitete ihn als alter Studienfreund zu Grabe. Tief nn>-
ungehenchelt war der Schmerz der Gemeinde. — Im inner'N
Leben Werfers werden an seinem Charakter gerühmt: Hnnw-
nität, Leutseligkeit und eine wahrhaft christliche Gemütsruhe,
welche kein Verhältnis noch Unfall zu erschüttern vermocht,
wie er denn in trüben Fällen und Vorkommnissen einfach
sagen Pflegte: „es ist eben eine Welt." Sein Wirken
still und geräuschlos, und er war weit entfernt glänzen s"
wollen. „Meine Vorgesetzten im Kapitel, Dekan, KainercO
Schnlinspektor sind lauter Schüler von mir. Meinetwegen-
Ich will bloß ein gemeiner Mann sein," schrieb er an eine"
alten Freund. Schmeichelei war ihm in innerster Seele ZP
wider. Auch ein gewisser Humor war ihm eigen, der dn'
kleinen Schwächen und Fehler an sich gerne belächelte, ^l^
Rektor und Professor hat er sich schöne Verdienste durch eine
bedeutende Reihe von Jahren vorzüglichen Wirkens erworben
um die vaterländischen Lehranstalten; als Priester und Seel-
sorger war sein Wandel rein und über jeden Tadel erhaben,
und er wußte sich das Zutrauen und die Anhänglichkeit dev
Gemeinden, die er leitete, in hohem Grade zu erwerben; nE
Mensch gewann er durch seine Humanität die Herzen dereO
die mit ihm verkehrten. Wenn man ihm je einen VorwnA
hätte machen können oder wollen, so wäre es der, er sei
gut gewesen; doch wohl dem, den kein anderer Vorwurf trifft -
Er hat einen edlen Kreis von Schülern herangebildct, seinen VeH
wandten war er ein Wohlthäter. Er hat geschriebene Hes^
über alle Fächer der Philosophie hinterlassen, wovon er ab^
ans Bescheidenheit nie etwas drucken ließ.
(Fortsetzung folgt.)

I. Kirchenbaukunst in der wiirtlembergischen
Residenz.
(Fortsetzung.)
Ein kleines Thürchen mit einem durch einen EselsrückeN
überhöhten, gedrückten Bogen mit Kreuzesstäben führt von'
Chor in die Sakristei (s. o.). Diese bestand n r s p r ü n itz
l i ch aus zwei hohen Kreuzgewölben mit srühgermanisch^
Gurten und Rosetten in den Schlußsteinen. Später aber
kamen noch zwei dazwischen gespannte Stern gewölbt
ferner ein Chorschluß mit Netzgewölben, weiter 2 sp'(^
bogige Fenster im unteren, sowie 3 desgleichen im oberen
Stock dazu. Die alten Fenster wurden bei der späteren Eich
setzung der Gewölbe, wodurch zwei Stockwerke entstanden,
die 2 bezw. 3 spitzbogigen in jedem Stocke umgewandelt. A"ä)
hier sind bildliche Neliesdarstellnngen in den Schlußsteinen
der späteren Gewölbe (s. o.).
Die starken, über die Mauersläche hervortretcnden Strebe-
 
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