Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 2.1851

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1195#0046
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
34

mechanischem Wege die chemische Verbindung zwischen Guss
und Steinplatte unterstützt. Er bemerkte, dass dieser Guss
dadurch die grösste Schwierigkeit bereite, dass der Stein ihn
weichflüssig verlange, die Farben ihn aber so strengllüssig "wie
möglich haben wollen, dass es also zuletzt Sache der Erfah-
rung, Uebung und Fertigkeit bleibe, hier stets und sicher die
richtige Mitte zu treffen. Diese Fertigkeit hat nun Merlins in
einem so hohen Grade erlangt, dass er, weit entfernt davon,
seine Glasurstoffe mit einer ungewissen Erwartung dem Feuer
anzuvertrauen, vielmehr den Erfolg so vollständig beherrscht,
dass er nach Belieben verschiedene Nüancirungen, theils nach
Absicht schafft, theils noch versucht. Die hierher gelangten
französischen Proben zeigten sich z. B. voll kleiner Risse, welche
der Fläche das Ansehen von hier und da aufliegenden Haaren
gaben. Die Platten des Hrn. Merlins dagegen präsenliren sich
nicht blos in vollkommener Spiegelglatte, sondern er weiss auch
diese wieder zu einem gewissen grain abzudämpfen, welcher
die Tafeln ganz vorzüglich. zur Annahme der Farbe geeignet
macht, so dass es nach der Versicherung v. Klöber's eine
Freude ist, darauf zu malen. Noch mehr: die Bestellung, dass
einige heilige Figuren, auf die wir weiter unten zurückkom-
men, eine vertiefte Aureole um das Haupt bekommen sollten,
machte Hrn. M. keine Schwierigkeit. Es ist bewunderungs-
würdig, wie scharf ausgeschnitten sich der Heiligenschein dar-
stellt; vom Anhäufen der flüssigen Glasur in den Vertiefungen
keine Spur. So dass also der Schmelzkünstler sein Element
wirklich vollkommen in der Gewalt zu haben scheint.

Ein mindestens zweimaliges Brennen macht jede Platte zur
Bemalung fertig und in der Werkstatt v. Klöber's herrscht schon
eine solche Geübtheit in der Farbenbehandlung, dass das Bild
sehr seilen mehr als zweimal Feuer bekommt.

Die Malerei geschieht nun mit Farben aus feuerbeständigen
Metalloxyden. Herr Merlins hat in der Zubereitung derselben
eine grosse Geläufigkeit .erlangt. Das Gold, welches nament-
lich bei Kirchengemälden in Anwendung kommen muss, da die-
selben oft auf Goldgrund ausgeführt erscheinen sollen, wird
nicht mit dem Pinsel aufgetragen, sondern in Platten aufgelegt,
welches den Glanz um Vieles erhöht und lebhafter macht. Da-
bei haftet es mit einer Festigkeit an dem Stein, dass wir es an
den dargelegten Proben nur mit Mühe mittelst einer spitzigen
Feile abzukratzen vermochten. Statt des Silbers nimmt man
Piatina, weil jenes an der Luft schwarz wird.

Eilen wir indess zu den Werken, welche bisher durch die
unablässigen Bemühungen der Herren v. Klöber und Mertins zu
Stande gekommen sind. Wir sahen ein Spitzbogenbild, welches
der König für die Kirche zu Wittenberg bestellt hat. Bei die-
ser Gelegenheit bemerken wir, dass dieses denkwürdige Got-
teshaus überhaupt der Gegenstand einer in Aussicht genommenen
Restauration geworden ist. So ist vor der Hand die Renovi-
rung des Portals angeordnet, dessen Gesammtehtwurf von Herrn
v. Quast herrührt. Bronzene Thorflügel, an welche die berühm-
ten 96 Theses nach dem Wortlaute mit f Zoll hohen Buchstaben
geheftet werden sollen, werden künftig die Kirche öffnen und
schliessen. Die Dekoration daran rührt von dem Bildhauer
Holbein her, neun reizende, musicirende Knabenfigürchen, die
dazu verwendet werden, sind von Drake modellirt. Auch der
Thürbalken, der das Bild tragen wird, mit der Inschrift, ist
von Holbein entworfen, der auch noch zwei Kurfürstenstatuen,
zu den Seiten des Spitzbogens auf Konsolen zu stellen, nach
Drake'schen Modellen anfertigen wird. Das Spitzbogenfeld aber
wird jenes Lavagemälde aus dem Atelier v. Klöber's enthalten.
Der Stein ist 8 Fuss 4 Zoll lang und hat die dem flachen Bogen
entsprechende Höhe von etwa 5 Fuss. In der Mitte erblickt man
den gekreuzigten Erlöser. Zu beiden Seiten knieen die Gottes-

streiter Luther und Melanchtbn, jener mit der heiligen Schrift,
dieser mit der Augsburgischen Confession in den Händen. Das
Bild macht durch seine Behandlung den Eindruck eines Oel-
gemäldes. Der Leib Christi ist kräftig und modellirt herausge-
arbeitet, die Portraitköpfe sind von markiger Färbung und cha-
rakteristischem Ausdruck. Den Hintergrund bildet die Stadt
Wittenberg, nach einem alten Holzschnitte gemalt, der sich auf
dem dortigen Rathhause befindet. Der Grund ist golden, und
die grosse einförmige Fläche durch mosaicirende Bemalung mit
braunen Linien unterbrochen.

Eine andere Bestellung des Königs, welche eben in der
Arbeit ist, sahen wir im Atelier v. Klöber's. Es sind dies
drei russische Heilige auf Tafeln von 2j Fuss in Quadrat, für
die Kirche der russischen Kolonie bei Potsdam bestimmt. Hier
treffen wir nun schon eine Kunstübung, die, im vollen Be-
wusstsein all' ihrer technischen Mittel, dieselben mit Sicher-
heit und Leichtigkeit handhabt. Zwei Bilder sind bereits voll-
endet: Christus mit dem Reichsapfel in segnender Bewegung
gegen denselben und Alexander Newski, der eben fertig
geworden, und den wir nicht bloss im Atelier sahen, sondern
auch durch die Bereitwilligkeit des Künstlers im Freien anzu-
schauen Gelegenheit halten. Das Bild ist von ganz vortreff-
licher Wirkung und präsentirt sich als ein in gesättigter Far-
benkraft durchgeführtes Oelbild.

Und in dem Glänze, womit die Bilder da vor uns stehen,
versprechen sie, unveränderlich und unantastbar durch die Un-
bilden unseres rauheren Klima's, auszuharren. Wollen wir den
heitern Schmuck der Aussenwände nicht entbehren, so mussten
unsere Künstler schon auf sehr trotzige Mittel denken, dass die
niederen Gewalten der Natur nicht blindwüthend wieder zer-
stören , was ihr höherer Sinn immerdar entstehen und fördern
hilft: das Werk der bildenden Kunst. Darum entfesselt gerade
der Mensch den Kampf der chemischen Elemente miteinander,
aber die dabei entwickelte Kraft muss ihm nach seinem Zwecke
dienen; er schlägt das Widerstrebende mit eigenen Waffen und
brennt dem feuergebornen Stein den Stempel seines Geistes in
das starre Fleisch, dass er ihn späten Jahrhunderten noch auf-
weisen muss in nie vernarbender Frische, in immer lebendiger
Gegenwart.

Durch die erlangten Erfahrungen und Fertigkeiten ist also
die ganze Lavamalerei aus dem vagen Gebiete unablässiger Ver-
suche, welche y. Klöber und Mertins mit grossen Opfern und
grosser Beharrlichkeit stets von Neuem anstellten, in den ge-
ordneten Verkehr einer Werkstatt-Thätigkeit übergegangen, wo
Zeit und Mittel nach geregeltem. Maasse gemessen werden kön-
nen , wo es nicht mehr darauf ankommt, das Gewollte über-
haupt nur zur Erscheinung zu bringen, sondern vielmehr, es
auf die einfachste, am wenigsten kostspielige, mittel- und zeit-
raubende Weise darzustellen. Schon bildete v. Klöber in seiner
Werkstatt mehrere junge Künstler, die sich mit Vorliebe diesem
Zweige der Malerei gewidmet haben; wir erblicken eine wer-
dende Schule.

Unter so bewandten Umständen war' es allerdings eine sehr
wünschenswert]« Sache, wenn die Regierung ihren alten Plan
wieder aufnehmen und eine Anstalt für Malerei auf Lava gründen
wollte. Mit der grössten Leichtigkeit würde sich damit eine
Anstalt für Glasmalerei verbinden lassen, wobei dieselben Kräfte
und Mittel nach zwei Richtungen hin benutzt werden könnten.
An Privatbestellungen würde es gewiss nicht fehlen. Wir hörten
die Versicherung, dass bei praktischer Einrichtung und knapper
Benutzung aller Vortheile, die Preise sehr innerhalb der Er-
schwingbarkeit für Privatpersonen liegen und entschieden wohl-
feiler sein werden, als die Mosaiken in gefärbtem Thon, welche
für ähnliche ornamentistische Zwecke enkaustisch auf grössere

SHS

gm

ES
 
Annotationen