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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 2.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.1195#0080
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geräumt. Ob die Werke der französischen Bildhauer der zweiten
Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, welche sie zu Dijon, Nan-
tes, Tours und Gaillon für die Herzöge von Burgund, den Her-
■ zog Franz von der Betragne, den König Ludwig XI und den
Cardinal von Amboise ausgeführt, denen der gleichzeitigen Ita-
liener, einem Donatello, Luca della Robbia, Andrea
Verrocchio, B. Rossellini, den Majanos u. s. w. über-
legen sind, wie der Verf. behauptet, kann ich nicht beur-
theilen, da ich dieselben nicht kenne, indess kann ich einen
bescheidenen Zweifel darüber nicht unterdrücken. — Die Kö-
nige von Frankreich begnügten sich aber nicht durch bedeu-
tende Aufträge an besonders begabte Künstler die Kunst zu
beschützen, sie wussten auch deren persönliche Stellung, welche
im Mittelalter eine sehr untergeordnete war, durch Ernennung
zu ihren Kammerdienern (Varlets de chamhre) zu heben. Die
Könige waren es endlich, denen Frankreich die ausserordent-
lichen Kunstschätze verdankt, welche die Sammlungen des Lou-
vre, der Nalionalbibliolhek und des Schlosses von Versailles
vereinigen. , Der Verf. giebt demnächst den Plan seines Werks.
Dasselbe ist vornehmlich aus den archivalisehen Untersuchungen
über die Paläste des Louvre, der Tuilerien und Fontainebleau
erwachsen. Wenn der Verf. behauptet, dass Frankreich auch
im Mittelalter eine sehr bedeutende Kunst besessen, so spricht
er dadurch nur meine Ueberzeugung aus. Für die Malerei
habe ich dieses schon vor 13 Jahren vermöge des Studiums
der Miniaturen zu beweisen gesucht1). Für die Sculptur wird
dasselbe durch eine Reihe erst seitdem mehr beachteter Denk-
mäler dargethan, deren Zahl, trotz der gründlichen Zerstö-
rungswuth der französischen Revolution von 1789, noch immer
höchst ansehnlich ist. Die Renaissance in Frankreich datirt der
Verf. von dem Tode Ludwig XI im Jahr 1483, und bemerkt,
dass der Verfall der mittelalterlichen Kunst in allen Zweigen,
Ärchitectur, Sculptur, Malerei und Poesie eine-neue Kunstform
nothwendig gemacht habe. Diesen Umstand, welcher sich be-
sonders deutlich in Betreff der gothischen Ärchitectur geltend
macht, pflogen die ausschliesslichen Bewunderer derselben,
welche in der Renaissance den Tod aller nationalen Kunst er-
blicken, ganz zu übersehen. Für die Malerei war dieser Um-
schwung schon seit der Einführung des Princips der Natur-
wahrheit (Realismus) durch die Brüder van Eyck in der er-
sten Hälfte des 15. Jahrhunderts angebahnt, und fand, wie auch
ich in dem angeführten Werk schon bemerkt2), durch den
grossen Maler. Jean Fouquet, etwa, von 1450 an, Eingang.
Ja in seinen architectonischen Umgebungen findet man bereits
häufig die Formen der Renaissance angewendet. Seit dem Feld-
zuge Carls Vili stellt sich allerdings eine besondere Vorliebe
für die Nachahmung der Renaissance in der Form der italieni-
schen Kunst ein. Italienische Architecten, Bildhauer und Maler
werden nach Frankreich berufen. Desungeachtet macht 'sich
die nationale Kunst daneben noch immer in sehr bedeutender
Weise geltend. Wenn der Verf. in der Ärchitectur hie für den
Louvre anführt, so ist dieser wunderschöne Bau allerdings ein
schlagendes Beispiel, dasselbe aber kann ich nicht für Cham-
bord gelten lassen, welches im Plan bizarr, in den Details sehr
plump ist. Für den Reichthum, den feinen Geschmack und die
meisterliche Ausführung der Details möchte ich dafür das Kö-
nigliche Schloss von Blois anführen. Der Verf. hat sich nun
die Aufgabe gemacht, die rein französische Kunst von der unter
italienischem Einfluss stehenden zu trennen, jede derselben nach
ihrem Werth zu beurtheilen und den Beweis zu führen, dass
es auch im 16. Jahrhundert eine ausgezeichnete Kunst in Frank-

1) Kunstwerke und Kunstler in Paris. S. 332-39i

2) S. 369 ff.

reich gegeben, während gewöhnlich Vouet, N. Poussin und
Lebrun als die ältesten Meister der französischen Schule an-
gesehen werden. Er hat hiezu die Archive in der Normandie,
besonders die Rechnungen des Cardinais von Amboise, ersten
Ministers Ludwig XII, und sonstige schriftliche Quellen durch-
forscht und die spärlichen Denkmale einem genauen Studium
unterworfen. Dieser erste Band handelt zwar eigentlich von
der Malerei, enthält aber ausserdem noch die Rechnungen über
die Bauten in den Königl. Schlössern und über die Grabdenk-
mäler der Könige zu St. Denys. Der zweite, der Sculptur ge-
widmete Band, wird zugleich die Goldschmiede, die Stempel-
schneider, die Kupferstecher in Betracht ziehen und ein Ver-
zeichniss der in den Königlichen Schlössern befindlichen Kunst-
werke geben. Der dritte für die Ärchitectur bestimmte Band,
wird nicht blos von den vom französischen Hofe beschäftigten
Architecten, sondern auch von dem Bau des Schlosses Gaillon
durch den Cardinal von Amboise Auskunft ertheilen und zu-
gleich einen Auszug aus den Rechnungen über den Bau der
Calhedrale von Rouen, sowie über den der Kirchen St. Ouen
und St. Maclöu ebendaselbst enthalten. Der vierte Band end-
lich wird sich über verschiedene, zum Theil der bildenden
Kunst fremde Gegenstände verbreiten, als über die Sitten, Ge-
bräuche, Trachten, Hausrath des Hofes, über die Poeten, die.
Bibliothekare, die Sprache, die Feste, die Comödianten, die
Musiker und Sonstiges am französischen Hofe. Einige Capit.el,
als über die Tapeten in Hautelisse, über die zerstörten oder
für Frankreich verlorenen Denkmäler und eine Generalübersicht
aller über die Kunst noch vorhandenen Urkunden, gehören, da-
gegen auch hier dem Gebiete der Kunst an. Obgleich nun die-
ses Werk für jeden echten Freund der Kunst und ihrer Ge-
schichte einen reichen Schatz von neuen und wichtigen That-
sachen, eine feine und geistreiche Beleuchtung derselben dar-
bieten wird, so hat doch der Verfasser nur 134 Exemplare
davon abziehen lassen. Er ist nämlich zu der auch von mir
durch eigne, traurige Erfahrung gewonnenen Ueberzeugung
gelangt, dass ungeachtet allen Aufhebens, welches in unseren
Tagen von den bildenden Künsten gemacht wird, dieselben unter
den Interessen des sogenannten gebildeten Publikums eine äus-
serst - geringfügige Stelle einnehmen, und das ernste Interesse
für dieselben sich nur auf einen sehr engen Kreis beschränkt,
welche diesen Schatz, bei den Anzeigen einer in so manchen
Beziehungen hereinbrechenden Barbarei, als einen würdigen
Trost in unglücklichen, einen edlen Genuss in glücklichen Zeiten
zu bewahren suchen. Für solche hat der Verfasser sein Werk
bestimmt: „Accueilli" schliesst er, }ipar leur hienvaillance} il se
refugiera dans le sanciuaire de leurs etudes consciencieuses, ä
Vabri des grands entrepreneurs de science archeologique. Ce
noble asil fera sareputation, il est tout mon ambiÜon."

(Fortsezung folgt.)

Nekrolog.

Da liegen vor uns die mit grösster Sauberkeit ausgeführten
Probedrucke von Holzschnitten, welche ganz das Ansehn von
Radirungen haben und in jedem Strich den Gedanken des Zeich-
ners unmittelbar zur Anschauung bringen. Wer diese Sachen
geschnitten hat, gleicht einem vollendeten ausübenden Ton-
künstler, der zugleich die ganz verstandenen Werke des Ge-
nies mit Liebe und Fleiss und die Schöpfungen seines Eigen-
sinnes mit völliger Ueberwindung der Schwierigkeiten zum Ge-
nuss zu bringen wusste. Otto Vogel besass diese ausgebil-
dete Virtuosität, welche die neue Berliner Holzschneideschule
charakterisirt, im höchsten Maasse, und mit ihm, der uns plötz-

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