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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 2.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.1195#0302
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282

b. Theilnahme an den Quarteltproben und Aufführungen.

c. Besuch der kirchlichen Musiken des Thomanerchors uiid

d. der Vorstellungen der städtischen Oper.
Die obere Verwaltung und Leitung des Instituts besteht aus

5 Direktoren, die ihr Amt unentgeltlich verwalten. — Der
Unterricht wird von 13 Lehrern ertheilt. — Ein Inspektor
beaufsichtigt und ordnet die äusseren Angelegenheiten.

Das Honorar beträgt 80 Thlr., vierteljährlich praenumerando
zu bezahlen. Ausserdem 3 Thlr. Aufnahmegeld und 1 Thlr. an
den Diener. .

Ueber die betreffenden musikalischen Verhältnisse in Oe-
sterreich liegt ein ausführlicher Bericht von Hrn. Anger-
mann vor. Aus demselben geht hervor, dass es nicht die
Regierung ist, sondern der bedeutende Sinn für Musik des
Volkes in Böhmen, Mähren, Steyermark und Tyrol, welcher
der Musik eine so allgemeine Verbreitung verschafft. Bis jetzt
habe die Regierung gar nichts dafür gethan, vielmehr hätten
sich nur die°kathoIische Kirche und die Stände derselben an-
genommen. Letztere haben einen Privatverein gegründet, für
Ausbildung guter Kapellmeister, Chordirigenten und Organisten.
Ausser diesen Anstalten seien Musikconservatorien in Wien und
Prag, die aber ebenfalls Privat - Anstalten der Stände seien.
' Beide Arten von Anstalten stehen mit der Kirche in so enger
Verbindung, dass schon, vom sechsten oder siebenten Jahre an,
ein Knalie seine musikalische Ausbildung, bei unentgeltlichem
Unterricht, durch alle drei hindurchgehend, vollenden könne.
Durch das, was die Kirche für ihre Sänger thut, werde jedes
auch noch so unbemittelte Talent der Kunst, erhalten.

Uebrigens werde die'Regierung bei der bevorstehenden
Reorganisation des Schulwesens den Gesangunterricht in den
Volksschulen als regulair, in den Gymnasien als freien Gegen-
stand einführen. Auch werde der Staat das Wiener Conserva-
torium übernehmen, bei dem Unvermögen der Stände, dasselbe
aus ihren Mitteln zu halten.

Die einzelnen Einrichtungen durchgehend, spricht Hr. A.
I. von dem Verein zur Beförderung und Verbreitung
echter Kirchenmusik in Wien. Derselbe hat zum Zweck:
' 1. Ausbildung solcher Individuen, die sich der Kirchenmusik
widmen wollen, 2. die Aufführung echter Kirchentonwerke und
die Verbreitung derselben durch Druck und Schrift. Gelehrt
wird Kirchenmusiklehre, Generalbass, Choral- und Figuralsalz,
Spiel der Orgel und Saiteninstrumente, Gesang für Knaben.
Der Cursus ist für Erwachsene ein Jahr, für Knaben drei Jahre.
II. Das Conservatorium zu Prag zerfällt in eine Ge~
sangschule, eine Concertschule, eine Oper- und Or-
cheslerschule. Die Gesangschule bildet Sänger und Sän-
gerinnen fürs Concert und die Bühne. Die Concertschule ist
Vorbereilungsklasse für die Opernschule und macht einen
Kursus von zwei Jahren mit 12 Schülern durch. Lehrgegen-
ständesind: Kunslgesang, Harmonielehre und Klavierbegleitung.
Der Unterricht ist, wie schon bemerkt, unentgeltlich, jedoch
wird bei einem durch Schuld des Zöglings veranlassten frühe-
• ren Austritt ein Ersatzhonorar gezahlt, welche Maassregel künftig
in eine Cautionszahlung von 50 Fl. verwandelt werden soll.

Für die Opernschule muss der Zögling wenigstens ein
halbes Jahr lang den Unterricht der Concertschule genossen
haben. Der Cursus dauert zwei Jahre und bei Nichtbestehen
in der Prüfung drei Jahre. Die vorhergehende Prüfung findet
im ständischen Theater statt, um die Kraft der Stimmen messen
zu können. Die Kaution beträgt 100 Fl. Unterrichtsgegen-
sländesind: Kunstgesang, Fortsetzung der Harmonielehre, Kla-
vierbegleitung. Ausserdem Logik und Psychologie, Mythologie,
Aesthetik und Geschichte der Musik, Vortragskunst und Mimik,
italienische Sprache, Tanzen und Fechten. Die Zöglinge haben

auf Antrag des Direktors freien Zutritt im Ständischen Theater.
Zeugnisse der Reife werden an diejenigen ertheilt, welche den
vollständigen Cursus durehgemaeht und die Schlussprüfung be-
standen haben.

III. Die Gesangschule des Wiener Conservatoriums
hat vor der Concertschule als Vorbereitung noch drei Klassen
zur Bildung von Knaben und Mädchen, bei denen die Mutation
noch nicht erfolgt ist. Die Wiener Opernschule bildet nur den
Gesang, giebt aber keine Gelegenheit zu praktischen Bühnen-
versuchen.

Der Cursus der Orchesterschule ist sechs Jahre, für
jedes Instrument ein Lehrer, der in zwei Abtheilungen (wö-
chentlich sechs Lehrstunden) unterrichtet. Alter für die Auf-
nahme 10 Jahre. In der ersten Abtheilung wird die technische
Behandlung des Instruments, die Theorie der Musik und der
Chorgesang gelehrt. In der zweiten tritt Unterricht im Orgel-
spiel, in der Harmonielehre bis zum doppelten Conlrapunkt, in
der Aesthetik, Geschichte der Musik und italienischen Sprache
hinzu. Diejenigen, welche sich zu Kapellmeistern ausbilden
wollen, erhalten Gelegenheit sich im Orchesterdirigiren zu üben.
Ein Vergleich mit dem Leipziger Conservatorium ergiebt,
dass das Wiener wegen seiner vollständigen Orchesterschule
vor dem Leipziger, welches nur Virtuosen auf der Geige bilde,
einen Vorzug habe. Eben so zieht Hr. A. die Prager Gesang-
schule vor, weil sie nicht nur weibliche, sondern auch männ-
liche Zöglinge aufnimmt, und denselben Gelegenheit zur prak-
tischen Bühnenausbildung giebt. Dagegen habe das Leipziger
den Vortheil einer Orgel- und Klavierschule voraus.

Die Kirchenmusik in Wien schildert Hr. A. als gänzlich
entartet und lediglich dem Sinnenreiz hingegeben. In ähnlichem
Verfall befinde sich die Oper, welche alles klassischen Genus-
ses baar sei. Hr. A. erwartet deshalb von Wien für die deut-
sche Musik kein Heil; doch sei der Zustand der Kirchenmusik,
so wie der Oper in Prag ein besserer.

Wir lassen dein eben Mitgetheilten zunächst einige Bemer-
kungen und Vorschläge folgen, welche in einem, schon im J.
1847 erschienenen Werke enthalten sind.

In Hrn. Krüger's .Leben und Wissenschart der Tonkunst"
finden wir unter dem Abschnitt „Musikalische Hochschu-
len" der Einrichtung von Conservatorien sehr das Wort gere-
det. Von der Untersuchung der Frage nach dem Bedürfnisse
der Kunst, woraus sich das der Lehre von selbst ergiebt, aus-
gehend, gelangt der Hr. Verfasser zu diesem Resultat: „Er-
kennen wir, dass die Kunst nicht mehr der Gipfel des Geistes-
lebens, aber doch ewig eine den edelsten gleichberechtigte
Macht bleibt: so ergiebt sich der Wunsch, ihr auch äusserlich
die Geltung und hierdurch innerlich die Stärkung zuzuführen,
die ihr gebührt und nur zu oft von den übrigen Geistesarbeiten
streitig gemacht wird. Darum wünschen wir hohe Schulen der
Tonkunst, auf dass vermittelst. ihrer Schüler verbreitet werde,
was echt und wahr ist und entgegengearbeitet werde der Ent-
artung, die in einem unproduktiven Zeitalter natürlich ist". So
hält Hr. K. eine hohe Schule des Fachs für förderlicher, als
die einsame Bildung und wünscht dazu so lange die Vormund-
schaft des Staates, bis der Geist der Gemeinden und des Vol-
kes allein bemüht sein wird um tüchtige Organisten und Mu-
sikdirektoren.

Der Zweck der höheren Musikschulen ist nach Hrn. K. ein
dreifacher: Ausbildung von Lehrern, von tüchtigen ausüben-
den Künstlern und die Heranziehung des Volkes d. h. der
Nichtkünstler. Damit lassen sich die leitenden allgemeinen,Ge-
sichtspunkte auf technische, poetische und wissenschaftliche zu-
rückführen. Die technische Lehre ist allen Schülern gemein-


 
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