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zu gewähren, sie höchstens nur zu veranlassen sein würden,
in allen Fällen, in denen sie gewerbliche Musik treiben, die
übliche Gewerbesteuer zu. zahlen. —
Dieselben Gesichtspunkte ergeben sich bei Betrachtung des
Instituts der Stadtmusici, das unter den früheren Lebens-
verhältnissen bekanntlich von so bedeutender Einwirkuug auf
die Musik gewesen ist und dessen Wiederherstellung daher von
verschiedenen Seiten, von der Leipziger Commission, von den
Musikern in Magdeburg u. A. in., gewünscht wird. Man macht
darauf aufmerksam, dass dasselbe gebildete Zöglinge für die
Kapellen, Musikchöre etc. grosser Städte liefere, dass es bei-
trage zur Bildung des Geschmacks in der Musik und dem Pfu-
scherwesen hemmend entgegentrete. Heuliges Tages freilich
werde mehr als ehedem verlangt." Daher solle jetzt der Stadt-
musikus, unter Aufsicht einer musikalischen Behörde stehend^
ein städtischer Beamter sein, der ein Personal von | Gehülfen
und | Lehrlingen zu halten verpflichtet sei. Er soll durch die
Commune aus den von einer Prüfungs-Commission vorgeschla-
genen Kandidaten gewählt, werden und es müsse dabei nicht so
sehr auf Virtuosität als. vielmehr auf Lehrfähigkeit gesehen wer-
den. Ein ihm überwiesener Bezirk zur Ausübung seines Be-
rufs würde ihn hinlänglich vor Nahrungssorgen schützen. Wai-
sen oder Kinder sehr armer Ellern müssten. vorkommenden
Falls gratis unterrichtet und von der Commune in Kleidung er-
halten werden.
Es ist auch hiergegen bemerkt worden, dass diese Vor-
schläge, sofern sie exclusive Berechtigungen in Anspruch neh-
men, mit der heutigen freieren Gewerbegesetzgebung im Wider-
spruch stehen.
Schliesslich mag hier hoch ein besonderer, von dem Hrn.
Kunsthändler Lepke vorgelegter Plan zum Gemäldeyertrieb,
dessen Hauptbeslimmungen im Folgenden bestehen, angeführt
werden.
Ein Kapitalvon 10,000 Thlrn. werde ausgesetzt. Davon erhält
jeder Künstler die Hälfte des Verkaufspreises für sein Gemälde,
das von einer.dazu ernannten, wöchentlich sitzenden Commis-
sion nicht allzu untergeordnet gefunden ist. Dann" wird es in
eine permanente Ausstellung gethan, wo es entweder ver-
kauft, alsoi wieder eingelöst, oder mit dem Rest verloost
wird. -^ Vielleicht sei hier eine Verbindung mit Nord-Amerika
möglich und nützlich, weil viele Nord-Amerikaner Gemälde-
käufer sind. Die Verwaltungskosten sollen durch kleine Abzüge
von der Einnahme gedeckt werden. (Fortsetzung folgt.)
Die Gemälde des Martin de Vos in der ScMosskirche m Gelle.
'.-..' Von ÄeloSff Wicltmaiiu, Historienmaler.
:■ Unter den Denkmälern der Kunst im Königreiche Hannover
nimmt die kleine Kirche des alten Schlosses zu Celle einen
nicht unbedeutenden Rang ein; sie ist bisher wenig beachtet wor-
den und. verdient wohl eine umständlichere Erwähnung. — Das
Schloss, selbst-nicht gross, aber ausnehmend schön und einzig
in seiner Art, ist seinem grössten Theile nach im italienischen
Styl von dem Maestro Giacomo Bölognese um 1680 ge-
baut, und nur der östliche ältere Theil, in welchem sich die
Capelle befindet, stammt aus der letzten Epoche der sogenann-
ten gothischen oder deutschen Baukunst.
Die kleine, aber ganz eigenthümlich schöne Capelle erhielt
ihre jetzige Gestalt unter Herzog Wilhelm junior, dem Sohne
Ernsfs des Bekenners, welcher zu ihrer bauliehen und maleri-
schen Ausschmückung tüchtige Meister auswählte. Ganz unbe-
kannt aber waren bisher ihre Namen, und so viel auch ein-
zelne Kenner (noch vor einem Jahre Director Waagen aus
Berlin) bin und her sannen, war es nicht möglich, den rechten
Meister zu finden. Da entdeckte in diesem Frühjahr ein hiesi-
ger Kunstfreund, Herr S chultz, auf 4em Vordergrunde des
Altarbildes unter einer sehr gross gemalten Jahreszahl „Anno
1569" kleinere übermalte Buchstaben, schwach hervorschimmernd.
leb überzeugte mich ebenfalls davon und erhielt vom Kö-
niglichen Hofmarschall-Amie Erlaubniss, die obere Malerei ab-
zunehmen, welches mir so weit gelang, dass folgende Buch-
staben zum Vorschein kamen: - .
F, MERTHEN DE VOS ANTVERPTENCIS. ANNO 1569.
Voller Freude über das Gefundene, schlug ich in einigen
Kunstgeschichten nach und fand, dass den Werken des Mar-
tin de Vös im Allgemeinen dieselben Eigenschaften beigelegt
werden, welche diese Bilder auszeichnen, und dass die Zeit
seiner Rückkehr aus Italien nach Antwerpen 1559 sehr wohl
mit der auf diesem Bilde angegebenen Zeit stimme. Es ist
demnach kein Grund vorhanden, obige Inschrift zu bezweifeln,
und die Kunstwelt mag sich freuen, ein treffliches Gemälde, ja
wahrscheinlich eine ganze Reihe trefflicher Gemälde von einem
seiner Zeit sehr geschätzten und bis auf den heutigen Tag
rühmlich bekannten Maler gut erhalten zu wissen.
Indem ich nun zu der Beschreibung der einzelnen Bilder
übergehe, mache ich den geneigten Leser noch aufmerksam,
wie diese Folge von Bildern in ihrem Gedankenzusammenhange,
und mit den dazu gehörigen Unterschriften, auch als Zeugniss
der damaligen theologischen, protestantischen Bildung und des
in Celle am herzoglichen Hofe sich lebendig regenden ernsten
kirchlichen Strebens Bedeutung habe; und bemerke ferner, wie
diese Capelle unter den wenigen Beispielen ältester lutherischer
Kirchen-Malerei das bedeutendste sei und beweise, dass auch
die protestantische Kirche schon in ihren Anfängen im Gebiete
der Kunst selbständig schaffend aufgetreten sei. v- -;.
Wenden wir uns zuerst zu dem Bilde des Herzogs, auf
der linken Seite des Altars, auf dessen Willen diese Capelle
so herrlich und verständig ausgeschmückt wurde; der hohe
Herr ist in betender Stellung dargestellt,, auf den Knieen lie-
gend , ein ehrliches, kindlich gläubiges Gesicht und wendet den
stillen zuversichtlichen Blick auf den gekreuzigten Heiland im
grossen Altarbilde. Auf der anderen Seite, in ganz gleicher
Stellung seine Gemahlin Dorothee, Tochter des Königs Chri-
stian III. von Dänemark. Beide Bilder rühren offenbar von einem
deutschen Maler her, sind sehr treu und gewissenhaft ausge-
führt und gehören unstreitig zu den besten Bildnissen, die die
deutsche Kunst in jener Epoche aufzuweisen hat. .'
- Zu diesen beiden kindlichen deutschen Bildern bilden alle'
übrigen der Capelle einen gewaltigen Gegensalz; da tritt uns
eine ganz durchgebildete Kunst mit grosser Wissenschaft voll- ■
endeter Technik und Virtuosität entgegen, welche aus der van
Eyk'sclien Schule hervorgegangen, seit mehr denn 100 Jahren
gereift, schon im Martin de Vos, der noch römische und ve-
netianische Elemente in sich aufgenommen hatte, zu einer er-
staunlichen Höhe gediehen war. — Es ist dieselbe belgische
Kunst, welche auch heutzutage, nach den Umständen modificirf,
wieder eine hohe Stufe der Ausbildung erlangt hat und in ihrem
eigenthümlich nationalen Character zwischen Deutschen und
Franzosen eine wohlthuende Mitte behauptet. Doch ist bei die-
sen Bildern die Einwirkung der italienischen Kunst, welche
den modernen belgischen Malern fast ganz abgeht, sehr auffal-
lend und ist mit Ursache, dass diese Bilder eine weit umfas-
sendere künstlerische Durchbildung beurkunden, welche den
meisten neueren, naturalistischen Belgiern mehr oder weni-
ger fehlt.
Ueber dem Altar befindet sich das grösste und reichste
zu gewähren, sie höchstens nur zu veranlassen sein würden,
in allen Fällen, in denen sie gewerbliche Musik treiben, die
übliche Gewerbesteuer zu. zahlen. —
Dieselben Gesichtspunkte ergeben sich bei Betrachtung des
Instituts der Stadtmusici, das unter den früheren Lebens-
verhältnissen bekanntlich von so bedeutender Einwirkuug auf
die Musik gewesen ist und dessen Wiederherstellung daher von
verschiedenen Seiten, von der Leipziger Commission, von den
Musikern in Magdeburg u. A. in., gewünscht wird. Man macht
darauf aufmerksam, dass dasselbe gebildete Zöglinge für die
Kapellen, Musikchöre etc. grosser Städte liefere, dass es bei-
trage zur Bildung des Geschmacks in der Musik und dem Pfu-
scherwesen hemmend entgegentrete. Heuliges Tages freilich
werde mehr als ehedem verlangt." Daher solle jetzt der Stadt-
musikus, unter Aufsicht einer musikalischen Behörde stehend^
ein städtischer Beamter sein, der ein Personal von | Gehülfen
und | Lehrlingen zu halten verpflichtet sei. Er soll durch die
Commune aus den von einer Prüfungs-Commission vorgeschla-
genen Kandidaten gewählt, werden und es müsse dabei nicht so
sehr auf Virtuosität als. vielmehr auf Lehrfähigkeit gesehen wer-
den. Ein ihm überwiesener Bezirk zur Ausübung seines Be-
rufs würde ihn hinlänglich vor Nahrungssorgen schützen. Wai-
sen oder Kinder sehr armer Ellern müssten. vorkommenden
Falls gratis unterrichtet und von der Commune in Kleidung er-
halten werden.
Es ist auch hiergegen bemerkt worden, dass diese Vor-
schläge, sofern sie exclusive Berechtigungen in Anspruch neh-
men, mit der heutigen freieren Gewerbegesetzgebung im Wider-
spruch stehen.
Schliesslich mag hier hoch ein besonderer, von dem Hrn.
Kunsthändler Lepke vorgelegter Plan zum Gemäldeyertrieb,
dessen Hauptbeslimmungen im Folgenden bestehen, angeführt
werden.
Ein Kapitalvon 10,000 Thlrn. werde ausgesetzt. Davon erhält
jeder Künstler die Hälfte des Verkaufspreises für sein Gemälde,
das von einer.dazu ernannten, wöchentlich sitzenden Commis-
sion nicht allzu untergeordnet gefunden ist. Dann" wird es in
eine permanente Ausstellung gethan, wo es entweder ver-
kauft, alsoi wieder eingelöst, oder mit dem Rest verloost
wird. -^ Vielleicht sei hier eine Verbindung mit Nord-Amerika
möglich und nützlich, weil viele Nord-Amerikaner Gemälde-
käufer sind. Die Verwaltungskosten sollen durch kleine Abzüge
von der Einnahme gedeckt werden. (Fortsetzung folgt.)
Die Gemälde des Martin de Vos in der ScMosskirche m Gelle.
'.-..' Von ÄeloSff Wicltmaiiu, Historienmaler.
:■ Unter den Denkmälern der Kunst im Königreiche Hannover
nimmt die kleine Kirche des alten Schlosses zu Celle einen
nicht unbedeutenden Rang ein; sie ist bisher wenig beachtet wor-
den und. verdient wohl eine umständlichere Erwähnung. — Das
Schloss, selbst-nicht gross, aber ausnehmend schön und einzig
in seiner Art, ist seinem grössten Theile nach im italienischen
Styl von dem Maestro Giacomo Bölognese um 1680 ge-
baut, und nur der östliche ältere Theil, in welchem sich die
Capelle befindet, stammt aus der letzten Epoche der sogenann-
ten gothischen oder deutschen Baukunst.
Die kleine, aber ganz eigenthümlich schöne Capelle erhielt
ihre jetzige Gestalt unter Herzog Wilhelm junior, dem Sohne
Ernsfs des Bekenners, welcher zu ihrer bauliehen und maleri-
schen Ausschmückung tüchtige Meister auswählte. Ganz unbe-
kannt aber waren bisher ihre Namen, und so viel auch ein-
zelne Kenner (noch vor einem Jahre Director Waagen aus
Berlin) bin und her sannen, war es nicht möglich, den rechten
Meister zu finden. Da entdeckte in diesem Frühjahr ein hiesi-
ger Kunstfreund, Herr S chultz, auf 4em Vordergrunde des
Altarbildes unter einer sehr gross gemalten Jahreszahl „Anno
1569" kleinere übermalte Buchstaben, schwach hervorschimmernd.
leb überzeugte mich ebenfalls davon und erhielt vom Kö-
niglichen Hofmarschall-Amie Erlaubniss, die obere Malerei ab-
zunehmen, welches mir so weit gelang, dass folgende Buch-
staben zum Vorschein kamen: - .
F, MERTHEN DE VOS ANTVERPTENCIS. ANNO 1569.
Voller Freude über das Gefundene, schlug ich in einigen
Kunstgeschichten nach und fand, dass den Werken des Mar-
tin de Vös im Allgemeinen dieselben Eigenschaften beigelegt
werden, welche diese Bilder auszeichnen, und dass die Zeit
seiner Rückkehr aus Italien nach Antwerpen 1559 sehr wohl
mit der auf diesem Bilde angegebenen Zeit stimme. Es ist
demnach kein Grund vorhanden, obige Inschrift zu bezweifeln,
und die Kunstwelt mag sich freuen, ein treffliches Gemälde, ja
wahrscheinlich eine ganze Reihe trefflicher Gemälde von einem
seiner Zeit sehr geschätzten und bis auf den heutigen Tag
rühmlich bekannten Maler gut erhalten zu wissen.
Indem ich nun zu der Beschreibung der einzelnen Bilder
übergehe, mache ich den geneigten Leser noch aufmerksam,
wie diese Folge von Bildern in ihrem Gedankenzusammenhange,
und mit den dazu gehörigen Unterschriften, auch als Zeugniss
der damaligen theologischen, protestantischen Bildung und des
in Celle am herzoglichen Hofe sich lebendig regenden ernsten
kirchlichen Strebens Bedeutung habe; und bemerke ferner, wie
diese Capelle unter den wenigen Beispielen ältester lutherischer
Kirchen-Malerei das bedeutendste sei und beweise, dass auch
die protestantische Kirche schon in ihren Anfängen im Gebiete
der Kunst selbständig schaffend aufgetreten sei. v- -;.
Wenden wir uns zuerst zu dem Bilde des Herzogs, auf
der linken Seite des Altars, auf dessen Willen diese Capelle
so herrlich und verständig ausgeschmückt wurde; der hohe
Herr ist in betender Stellung dargestellt,, auf den Knieen lie-
gend , ein ehrliches, kindlich gläubiges Gesicht und wendet den
stillen zuversichtlichen Blick auf den gekreuzigten Heiland im
grossen Altarbilde. Auf der anderen Seite, in ganz gleicher
Stellung seine Gemahlin Dorothee, Tochter des Königs Chri-
stian III. von Dänemark. Beide Bilder rühren offenbar von einem
deutschen Maler her, sind sehr treu und gewissenhaft ausge-
führt und gehören unstreitig zu den besten Bildnissen, die die
deutsche Kunst in jener Epoche aufzuweisen hat. .'
- Zu diesen beiden kindlichen deutschen Bildern bilden alle'
übrigen der Capelle einen gewaltigen Gegensalz; da tritt uns
eine ganz durchgebildete Kunst mit grosser Wissenschaft voll- ■
endeter Technik und Virtuosität entgegen, welche aus der van
Eyk'sclien Schule hervorgegangen, seit mehr denn 100 Jahren
gereift, schon im Martin de Vos, der noch römische und ve-
netianische Elemente in sich aufgenommen hatte, zu einer er-
staunlichen Höhe gediehen war. — Es ist dieselbe belgische
Kunst, welche auch heutzutage, nach den Umständen modificirf,
wieder eine hohe Stufe der Ausbildung erlangt hat und in ihrem
eigenthümlich nationalen Character zwischen Deutschen und
Franzosen eine wohlthuende Mitte behauptet. Doch ist bei die-
sen Bildern die Einwirkung der italienischen Kunst, welche
den modernen belgischen Malern fast ganz abgeht, sehr auffal-
lend und ist mit Ursache, dass diese Bilder eine weit umfas-
sendere künstlerische Durchbildung beurkunden, welche den
meisten neueren, naturalistischen Belgiern mehr oder weni-
ger fehlt.
Ueber dem Altar befindet sich das grösste und reichste