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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 5.1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.1198#0009
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nach der rechts geschnittenen Palette, so weiß die Linke schon, daß sie
heute Dienst hat, und umgekehrt. Fast sott es uns nicht wundern,
wenn wir Menzel eines schönen Tages mit beiden Händen zu-
gleich malen sehen. Jeder andere Maler würde einen Kopf, den
er nach der Aequatorlinie umkreist und ein Dutzend mal von allen
Seiten gezeichnet hat, für ein sehr gründliches Studium achten;
Menzel muß ihn auch vom Nord- und Südpol aus, er muß ihn
aus der Vogel- und Froschperspective firiren, sonst ist er nicht fertig
mit ihm. Wir sahen einmal seinen eignen Kopf so liegen. Er
hatte zufällig in einen auf dem Tische liegenden Handspiegel ge-
schaut, Grund genug, sich so zu zeichnen; denn er leidet durchaus
nicht, daß die Natur von ihren Verkürzungen und Verschiebungen,
daß sie irgend, eine Laune für sich behält, er. leidet nicht, daß sein
Arm und seine Hand kürzer reichen Als sein Auge: wie er etwas
sieht, so muß es die Hand darstellen. Hat er darum in seiner Ju-
gend die Akademie geschwänzt und ist hinausgelaufen in Feld und
Wald und irr die Straßen der volkreichen Stadt, damit etwas eri-
stire, das er- nicht auch eben so darstellen könne, wie es sich zeigt?
Unverdrossen und unermüdlich hat er sich diesen Zwang auferlegt.
Die Abbreviatur der Erziehung, die wir durch die Lehre Anderer
empfangen, hat er sich nicht durch das Wort, sondern durch die
That entgegen bringen lassen. Nur die Werke, die Resultate der
Bemühungen Anderer hat er reden lassen und sie sich tagelang an
den Schaufenstern der Bilderläden studirt. Unerbittlich zieht er-
den Esauhandschuh, welchen unberechtigte Convention so gern über
die Natur zieht und dadurch ein unklares Auge so leicht täuscht,
wieder herunter. Er weiß recht gut, daß wahrhaft ideal nur der-
jenige sein kann, der die Realität kennt. Ein solches -Quellenstu-
dium, wie er es trieb, machte den Autodidakten, der Menzel im
vollsten Sinne des Wortes ist, zum Original, zum strengen Gegen-
füßler aller Convention. So gebot er schon bei seinem ersten Auf-
treten- als Radirer über einen tüchtigen Fonds künstlerischer Dar-
stellungsmittel. Aber noch bis heute geht ununterbrochenes Studium
neben seinen Schöpfungen her, und unaufhörlich wachsen seine rei-
' chen und wohlgeordneten Studienmappen; nicht das Geringste ent-
geht ihm, was Anspruch auf lehrreiches Bezeigen oder malerische
Verwendbarkeit machen darf. Es ist etwas sehr Schönes um diesen
Ernst des Studiums, und wir glaubeil fast, daß — alle übrigen

Beispiele lebender 'Künstler, von denen wir wissen, in Ehren —
wir glauben fast, daß dieser' Ernst anfange, hier und da selten zu
werden, während es doch auf der Hand liegt, daß namentlich die
lebendige Reproduktion einer Zeit in Wort und Bild nicht anders
möglich ist, als wenn man sich ganz in ihr zu Hause weiß. Men-
zel kennt die seinige — das 18te Jahrhundert — aus und inwen-
dig. Neigung und Verhältnisse haben ihn auf dieselbe geführt, und
er hat mit derjenigen Beharrlichkeit an ihr festgehalten, welche die
Mutter großer Erfolge zu sein pflegt. Als Menzel so weit war,
daß er Form und Ausdruck in seiner Gewalt hatte, da war seine
Aufgabe, das Kugler'sche Friedrichsbuch zu illustriren, womit er
in das Gebiet einzog, das, so zu sagen, seine Domäne werden sollte,
bereit. Die Geistes- und Gemüthsrichtung eines Künstlers zeigt, sich
nicht bloß in seiner Darstellungsweise, sie zeigt sich schon in der
Wahl seiner Stoffe. Es ist interessant, ihn mit seiner Stoffwelt
zu vergleichen, und je bestimmter er sich diese begrenzt hat, oft desto
anziehender.

(Fortsetzung folgt.)

den 16. November 1853" datirt ist, folgende überaus interessante
Notiz mit: __

„Ich habe bei meiner Ankunft in Luror, der alten Hafenstadt
Thebens, die angenehme Bekanntschaft des Hpn. Maunier gemacht,
eiireS geschickten Photographen aus Paris, der sich seit einer Reihe
voll Jahren auf Reisen im Orient befindet und manches treffliche Blatt
der Kunst und Wissenschaft geliefert hat. Er steht gegenwärtig in
Diensten des Vice-Königs Abbas Pascha, um von den Haupt-
Ruinen Aegyptens ein Album von Photographien zu liefern, wel-
ches in Paris kolorirt werden wird, um sämmtlichen Potentaten
Europas als Geschenk überreicht zu werden. Zu diesem-Zwecke ist
es nöthig, die Tempel vom Schutt und Ballast zu befreien, der seit
Jahrhllnderten den Boden bedeckt. Der Anfang ist mit dem
Theile voll dem Tempel des Amenophis (Amen-Hotp III. der 18ten
Dynastie) gemacht worden, auf dessen Säuleil heut zu Tage das
gasser cl franzaui, d. i. das französische Konsulatsgebäude ruht.
Es haben sich hierbei einige höchst merkwürdige Resultate herausge-
stellt, die der Beachtung werth siild. Die Kapitäle der Säulen zu-
nächst, und, wie es scheiilt, die letzteren selbst, waren mit Kupfer-
plattell überzogen, welche mit dem Hammer liach der Säulenform
ausgearbeitet unb hernach übermalt worden waren. An den Ka-
pitälen noch hängelld und im Schutte des Bodens haben sich große
Stücke dieser Platten vorgefullden, welche den Beweis dieser That-
sache liefern, die, so viel ich weiß, bis jetzt unbekannt ist. Der
Tempelboden selbst ist aus ganz unregelmäßigen Steinplatten zusam-
mengesetzt, die in allen nur denkbaren schiefen Winkeln zusammen-
laufen und unmöglich dem die Harmonie liebenden Auge der alten
Aegypter gefallen haben können. Die Vermuthung, daß diese Plat-
ten einem Holzbodell als Unterlage dienten, erhebt die Auffindung
mehrerer, leider! sehr vermoderter Holzlagen, die sich an vielen Stel-
leil vorgefunden haben, zur Gewißheit. Dieses hat mich an die
Beschreibung des salomonischen Tempelbaues erinnert, worin berichtet
wird (1 Buch d. Könige IV, 14.) Salomo „täfelte den Boden des
Hauses mit tannenen Brettern". Die Bemerkung kurz vorher „ulld
spündete es mit Holz inwendig", und weiter unten (V. 21.) „und
Salomo überzog inweildig das Halls mit lauterem Golde", scheint
auch auf die ägyptischen Tempel zu passen. In dem großen Am-
mons - Tempel zil Karnak habe ich bei einer Ausgrabung in dem
Sanctuarium Tutmes III., in welchem Philippus später sein un-
vollendetes Sanctuarium errichtete, an den voll Schrift und Bildern
leeren Rändern Holztafeln entdeckt, welche innen wie mit einem
Kalkbreie, außen jedoch mit Gold überzogen waren. Ich werde
die Proben mit llach Berlin bringen. — Von hohem Interesse für

Beitrag zur ägyptischen Mrthomkunde.

Mein Freund, Di'. H. B rüg sch, der sich bekanntlich seit einem
Jahre in Aegypten befindet, um die Monumente des Pharaonen
Reiches zu stlldiren, theilt mir in eitlem Schreibell, welches „Karnak,

mich war der Anblick prächtiger Fresken, welche Hr. Maunier im
Süden der Säulenhalle des Amenophis-Tempels von Luror eiltdeckt
hat. Sie rühren aus altbyzantinischer Zeit her und befinden sich
auf altägyptischen Darstellungen unb hieroglyphischen Texten. Eine
lange Gruppe von Reitern zeugt voll einer künstlerischen Meister-
schaft. Leider blättern die Wände immer mehr unb mehr ab. Ich
habe mir indeß von Hrn. Maunier eine Photographie erbeten,
die ich koloriren und nach Berlin übersenden werde."

So weit die Notiz. Was indeß die merkwürdige Thatsache
betrifft, welche die Uebereinstimmung des inneren dekorativen
Schmuckes ägyptischer und kleinasiatischer Tempelbauten unzweifel-
haft darlegt, so können wir sie eben nur als einen neuen Beweis
für den innigen, ich möchte sagen, lokalen Zusammenhang des
Kunstgeschmacks der alten Völker des Orients überhaupt betrachten.
Wir möchten dagegen ebenso wenig aus jeliem Faktum, wie aus so
manchen anderen Analogien altasiatsscher und altägyptischer Kultur
schließen, wie dies besonders jetzt mit Vorliebe für das Studium des
Pharaonen-Reiches häufiger geschehen ist, daß jene von dieser we-
sentlich abzuleiten sei. Wir glauben vielmehr das Gegentheil, und
 
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