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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 5.1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.1198#0245
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M.Müiiei- »c

Drgan

der Kunstvereine von

Deutschland.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin —PassavanL in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

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Lrdigiri unn /. Eggers in Lrrlin.

M 27. Donnerstag, den 6. Juli. 1834.

Inhalt: Das Programm ftir die Votivkirche in Wien. — Andeutungen zu einer Geschichte der Physiognomien. Von A. von Eye. (Schluß.) — Maximi-
lian des Ersten Stammbaum und dessen „Zotende Mendl". Von E. Harzen. — Neue Kupferstiche von C. Gonzenbach und A. Schultheiß,
es. G. F. Waagen. -

Beiblatt. Zeitung. Wien. München. — Kunstvtreint. Volkswirthschaftliche Bedeutung der Kunstvereine.

Das Programm für die Votivkirche in Wien.

Mit einer besonders warmen und ernsten Theilnahine sind
wir — so weit es uns ermöglicht wurde — allen jenen Schritten
gefolgt, welche bisher zur Vorbereitung eines künstlerischen Unter-
nehmens geschahen, das durch die Erhabenheit und die tiefe Bedeu-
tung seiner Aufgabe, für die Baukunst der Gegenwart eine Auffor-
derung ist, das Edelste und Volllommenste darzubringen, zu dein sie
sich in den gesteckten Gränzen zu erheben vermöchte. Daß es ihr
möge gelingen können, dies Ziel zu erreichen, liegt im Sinne des
weiter unten mitgetheilteu Programmes, welches die Gesammtheit
der lebenden Baukünstler auffordert, sich zu betheiligen bei dem be-
deutungsvollsten und folgewichtigsten Schritte, welche für die ange-
messene Realisation dieses Werkes zunächst unternommen werden
muß: bei der Feststellung der Form in der es der Gegenwart aus-
leuchten, in der es ragen und reden soll in die Jahrhunderte. —
Mögen denn die besten Künstler in allen Landen, weit umher, sich
regen und mühen und hier darbringen, ein Jeder von ihnen die
edelste und reifste Frucht seines Gemüthes und seines Geistes! Den
erhabenen Preisrichter:: erblühe ein weites Feld trefflicher Arbeiten
unter denen die letzte Wahl ihnen schwer sei!

Und dennoch treibt es uns, nicht unausgesprochen zu lassen,
daß unter den Wünschen, die wir dem besten Gelingen dieser ersten
That widmen, welche dem Werke unmittelbar gilt, eine leise Besorg-
uiß uns überschleicht, wenn wir, dem Sinn und der hohen Bedeu-
tung der vorliegenden Aufgabe gegenüber, Hinblicken auf die bishe-
rigen Kundgebungen der neueren kirchlichen Baukunst und wenn wir
uns vorstellen, daß es den besten Kräften, die auf diesem Gebiete
zu bemerken sind — und deren Zahl nicht bedeutend zu sein
scheint — durch die Ungunst rein äußerlicher Verhältnisse nicht er-
möglicht werden sollte, bei dem Entwürfe sich zu betheiligen — und
einige Gefahr in letzterer Beziehung dürfte nach der augenblicklichen
Sachlage der Angelegenheit allerdings wohl vorliegen.

Jedenfalls, wie uns scheint, tritt an den kirchlichen Bauwerken
der Gegenwart die schwächere Seite der Leistungsfähigkeit der jetzigen
Baukunst uns entgegen.

V. Jahrgang.

Wir gehören nicht zu denen, welche von den Baumeistern der
Gegenwart geringschätzig denken, ihre Leistungen beurtheilen ohne
Rücksichtnahme auf die spirituellen und äußeren Verhältnisse, unter
denen sie dieselben zu vollführen genöthigt sind, wir gehören nicht
zu denen,. welche Dinge überallhin nach dem Maßstabe der alten
Zeiten und großartiger Zustände bemessen, welche in den Verhält-
nissen der Gegenwart, die auf den künstlerischen Gebieten oft sehr-
enge sind, ihre Wurzel finden. — Wir erkennen in den neueren
Baumeistern ein intelligentes Geschlecht, das auf den Gebieten der
Technik zumal des Bewunderungswerthen ja in Fülle geleistet hat.
Das allgemeine Maaß seiner Kenntniß ist um Vieles bedeutender,
als zu irgend einer andern Zeit und der intelligente Standpunkt
seiner Zeitgenossen, so^wie ein nicht selten eintretender, greller Gegen-
satz der aus jenem sich ergebenden Anforderungen mit den äußeren
Mitteln, welche für die Ausführung der Bauwerke dargeboten wer-
den, machen seine Stellung in hohem Maße schwierig. Die neue-
ren Baumeister werden durch die gegenwärtige Stellung ihres Fa-
ches zu einer ungemeinen Vielseitigkeit in ihren Studien und bei
der Ausübung ihrer praktischen Thätigkeit hingedrängt, und dennoch
zumeist genöthigt mit der Vollführung kleiner Dinge den Raum
ihrer -Existenz auszufüllen. — Es erfordert unter diesen Verhält-
nissen eine besondere Schwungkraft der Seele, sie wach zu erhal-
ten und sie andauernd zu bilden und zu üben auch für die Vollfüh-
rung bedeutender und ungewöhnlicher Aufgaben und für sie gerüstet
zu sein, wenn je zuweilen die Praxis sie auf der alltäglichen ge-
wohnten Straße querüber stellt. Es ist sehr schwierig, neben der
Vielseitigkeit in der Kenntniß und productiven Fähigkeit-, welche zu
suchen und zu üben man sich genöthigt sieht, in jener die Tiefe zu
gewinnen, in letzterer nach jeder Richtung hin die Virtuosität.—
Die eigentlich künstlerische Fähigkeit zumal ist eine Pflanze zarterer
Art, welche in Andacht und Stille gepflegt sein will und welcher
zu gedeihlichem Wachsthume ein vorwiegend äußerliches, fast mer-
kantilisches, buntes Stürmen und Treiben unter der mannigfaltig-
sten Waare nicht gerade behülflich ist. ,

Blicken wir auf die Kundgebungen der künstlerischen Potenz,
welche in den letztentwichenen Zeiten auf dem Gebiete der Kirchen-

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