187
\
ein X und ein I vergessen, scheint mir endlich doch sehr gewagt
und willkührlich. Um diese Annahme wahrscheinlich zu machen, führt
der Vers, den Umstand an, daß jenes Register nur ein Auszug aus
den Urkunden und nicht früher als 1507 angefertigt sei. Nun ist
aber doch wohl ein amtlich veranstalteter Auszug von einer größe-
ren Autorität, als ein Zettel auf der Rückseite eines Bildes, von
dem Niemand weiß, wann und von wem er daraus ^geklebt worden,
da der beschädigte Name wohl nie mit Sicherheit zu entziffern sein
wird? Für mich bleibt wenigstens das Jahr 1488 als das Todes-
jahr des M. Schongauer bis jetzt unerschüttert.
Unter den Werken des Martin Schongauer führt der Vers,
auch ein kleines Madonnenbild bei dem Bildhauer Entres in Mün-
chen als sehr fein auf. Ich gestehe, daß mir dasselbe, zumal in den
Händen, welche alles Verständnisses entbehren, für diesen größten
deutschen Meister seiner Zeit als viel zu schwach erscheint.
In Betreff der angeblichen Bilder des Zeitbloom in der Geor-
genkirche zu Nördlingen, einer mit. 1463 bezeichneten Kreuzigung
und einer mit 1468 bezeichneten Verspottung Christi, findet der Vers.
(S. 199 f.) diese Benennung zwar zweifelhaft, er läßt sich indeß
dabei zwei Ungenauigkeiten zu Schulden kommen, indem er das so-
genannte Monogramm als auf dem ersten Bilde angiebt, während
es sich doch nur auf dem zweiten befindet, und dasselbe ungenau
wicdergiebt. Da es sich hier um den Bildungsgang eines der aus-
gezeichnetsten Meister der deutschen Schule handelt, und jene irrige
Annahme, daß die Verspottung Christi von Zeitbloom herrührt,
mehrfach, ja selbst in Kuglers Handbuch Eingang gestmden hat, so
erscheint es mir angemessen, diesen Punkt etwas näher zu erörtern.
Ich hatte sriiher beide Bilder mit Bestimmtheit Fritze Herlen dem
älteren zugesprochen. *) Später ist jenes Monogramm die einzige
Ursache gewesen, das Bild für ein Werk des Zeitbloom zu erklären.
Ich habe diese Benennung auf sich beruhen lassen, bis ich im vori-
gen Jahre Gelegenheit gefunden, jenes Zeichen an Ort und Stelle
zu untersuchen. Ich bin dadurch nun zu der Ueberzeugung gelaugt,
daß dasselbe sich weder auf den Zeitbloom, noch überhaupt aus den
Maler, sondern auf deu Stifter des Bildes bezieht.' Um jedermann
in den Stand zu setzen, meine Gründe hiesür zu prüfen, erfolgt hier
das Facsimile des Zeichens nach einer Durchzeichnung, welche ich der
Güte des Herrn Freiherrn von Löffelholz in Wallerstein verdanke.
lesen werden. Da bekanntlich der Psalter in der Vulgata mit einem
B anfängt, und dieser, nächst den Evangelien, von den frühesten
Zeiten bis zu dem Ausgang des Mittelalters das am häufigsten
abgeschriebeue Buch ist, so habe ich bei meinen Studien von Mi-
niaturen Gelegenheit gehabt, dergleichen aus einem jeden Jahrhun-
dert und aus den verschiedensten Ländern in großer Anzahl zu sehen,
aber stets als charakteristisch gesunden, daß der untere Zug einwärts,
und im Gegensatz bei dein großen R, daß derselbe, wie hier, aus-
wärts geht. Hiedurch aber wird jede mögliche. Deutung des Zei-
chens auf Zeitbloom vollends ausgeschlossen. Die Anbringung auf
einem Schildchen von der Form, wie wir sie hier sehen, beweist
aber überdem, daß es sich überhaupt nicht aus den Maler beziehen
kann. Gewöhnlich finden sich' die Monogramme der Maler ohne
alle Einfassung vor, wählten sie aber eine'solche, so bestand sie in
einem Täfelchen. Dergleichen Schilder aber dienten ausschließlich
zur Aufnahme von Wappen, oder von Zeichen von Gewerken, oder
Privatpersonen. Daß unser Schildchen sich aber aus den Besteller
des Bildes bezieht, geht ans dessen Anbringung an der Geländer-
wand der Treppe hervor, auf deren ersten Stufe derselbe anbetend
kniet. Wenn man dagegen einwenden will, daß die Buchstaben jenes
Zeichens ja gar nichts mit dem in der Unterschrift des Bildes, als
des Stifters, enthaltenen Namen Hans Genger gemein hätten, so
erwiedere ich darauf, daß die Zeichen, welche die nicht mit-eigent-
lichen Wappen begnadigten Bürger, z. B. die Steinmetzen, führten,
meist ganz willkührlich und von den Namen unabhängig gewählt
wurden. So weist der in diesen Dingen besonders kundige Frei-
herr v. Löffelholz nach, daß auf dem in derselben Kirche befindlichen,
übrigens geringen Votivbilde einer Kreuzigung der Familie Gundel-
finger, welche damals noch kein Familienwappen hatte, vor dem
knieendeu Endres Gundelfinger ein ähnliches Schild mit dem fol-
genden Zeichen vorhanden ist:
Dieses ist nun bisher Z und B gelesen und als das Monogramm
von Zeitbloom ansgelegt worden. Zuvörderst bemerke ich, daß es
bei der Bildung von Monogrammen der Künstler im Mittelalter
gegen den Gebrauch ist, dieselben allein aus Buchstaben der ver-
schiedenen Shlben des Zu- oder Familiennamens mit gänzlicher
Unterdrückung des Taufnamens zusammenzusetzen, sondern daß hierzu
fast durchgängig die Anfangsbuchstaben des oder der Tauf- und des
Zunamens gewählt worden sind, wofür Beispiele anzuführen die
Leser dieses Blatts beleidigen hieße. Dagegen wüßte ich für die
erste Art fast nur das Beispiel des Monogramnis von H. Alde-
grever anzuführen. Zunächst läßt sich eine ähnliche Bezeichnung auf
keinem der ziemlich zahlreichen Bilder des Zeitbloom Nachweisen,
welche demselben nach dem einstimmigen Urtheil aller Forscher mit
Sicherheit angehören. Dann aber kann der zweite Buchstabe mei-
nes Erachtens durchaus nicht als ein B, sondern nur als ein R ge-
*) Kunstwerke und Künstler in Deutschland Thl. I. S. 353.
Aus einem Vergleich dieses Zeichens mit dem auf dem fraglichen
Bilde, erscheint es überhaupt sehr zweifelhaft, ob die Aehnlichkeit
desselben mit Buchstaben nicht rein zufällig ist. Das Gemälde selbst
zeigt nun aber in allen Stücken, der scharfen Charakteristik, der
Färbung, der Malweise, die auffallendste Übereinstimmung mit den
beglaubigten, in derselben Kirche befindlichen Werken Fritze Herlins
des alten. Aus der andern Seite ist es von allen Bildern des
Zeitbloom so verschieden, daß sich zn keinem derselben auch nur ein
Uebergang finden läßt. Dagegen erkenne ich in den letzteren aller-
dings in der milden Gefühlsweise, wie in der Zusammenstellung der
Farben eine Verwandtschaft zu den allerdings ungleich schwächeren
Bildern des Hans Schühlein von Ulm, mit dessen Tochter er be-
reits 1483 verheirathet war, welches Beides ein Verhältniß zu ihm
als Lehrer ganz nattirlich erscheinen läßt. Zu meiner großen Be-
friedigung habe ich gefunden, daß der Conservator der Königl. Bil-
dergalerie zu Augsburg, Herr Eigner, meine Ansicht über obiges
Bild ganz theilt. Da derselbe nämlich gelegentlich der Restauration
sämmtlicher werthvollen Bilder der Georgenkirche zn Nördlingen,
und namentlich der des alten Fritze Herlin und der Mehrzahl der
Hauptwerke des Zeitbloom, die Gemälde dieser beiden Meister Mo-
nate lang vor Augen gehabt hat, so dürfte wohl nicht leicht Jeman-
dem ein Urtheil über dieselben in solchem Maaße zustehen als ihm.
(Fortsetzung folgt.)
\
\
ein X und ein I vergessen, scheint mir endlich doch sehr gewagt
und willkührlich. Um diese Annahme wahrscheinlich zu machen, führt
der Vers, den Umstand an, daß jenes Register nur ein Auszug aus
den Urkunden und nicht früher als 1507 angefertigt sei. Nun ist
aber doch wohl ein amtlich veranstalteter Auszug von einer größe-
ren Autorität, als ein Zettel auf der Rückseite eines Bildes, von
dem Niemand weiß, wann und von wem er daraus ^geklebt worden,
da der beschädigte Name wohl nie mit Sicherheit zu entziffern sein
wird? Für mich bleibt wenigstens das Jahr 1488 als das Todes-
jahr des M. Schongauer bis jetzt unerschüttert.
Unter den Werken des Martin Schongauer führt der Vers,
auch ein kleines Madonnenbild bei dem Bildhauer Entres in Mün-
chen als sehr fein auf. Ich gestehe, daß mir dasselbe, zumal in den
Händen, welche alles Verständnisses entbehren, für diesen größten
deutschen Meister seiner Zeit als viel zu schwach erscheint.
In Betreff der angeblichen Bilder des Zeitbloom in der Geor-
genkirche zu Nördlingen, einer mit. 1463 bezeichneten Kreuzigung
und einer mit 1468 bezeichneten Verspottung Christi, findet der Vers.
(S. 199 f.) diese Benennung zwar zweifelhaft, er läßt sich indeß
dabei zwei Ungenauigkeiten zu Schulden kommen, indem er das so-
genannte Monogramm als auf dem ersten Bilde angiebt, während
es sich doch nur auf dem zweiten befindet, und dasselbe ungenau
wicdergiebt. Da es sich hier um den Bildungsgang eines der aus-
gezeichnetsten Meister der deutschen Schule handelt, und jene irrige
Annahme, daß die Verspottung Christi von Zeitbloom herrührt,
mehrfach, ja selbst in Kuglers Handbuch Eingang gestmden hat, so
erscheint es mir angemessen, diesen Punkt etwas näher zu erörtern.
Ich hatte sriiher beide Bilder mit Bestimmtheit Fritze Herlen dem
älteren zugesprochen. *) Später ist jenes Monogramm die einzige
Ursache gewesen, das Bild für ein Werk des Zeitbloom zu erklären.
Ich habe diese Benennung auf sich beruhen lassen, bis ich im vori-
gen Jahre Gelegenheit gefunden, jenes Zeichen an Ort und Stelle
zu untersuchen. Ich bin dadurch nun zu der Ueberzeugung gelaugt,
daß dasselbe sich weder auf den Zeitbloom, noch überhaupt aus den
Maler, sondern auf deu Stifter des Bildes bezieht.' Um jedermann
in den Stand zu setzen, meine Gründe hiesür zu prüfen, erfolgt hier
das Facsimile des Zeichens nach einer Durchzeichnung, welche ich der
Güte des Herrn Freiherrn von Löffelholz in Wallerstein verdanke.
lesen werden. Da bekanntlich der Psalter in der Vulgata mit einem
B anfängt, und dieser, nächst den Evangelien, von den frühesten
Zeiten bis zu dem Ausgang des Mittelalters das am häufigsten
abgeschriebeue Buch ist, so habe ich bei meinen Studien von Mi-
niaturen Gelegenheit gehabt, dergleichen aus einem jeden Jahrhun-
dert und aus den verschiedensten Ländern in großer Anzahl zu sehen,
aber stets als charakteristisch gesunden, daß der untere Zug einwärts,
und im Gegensatz bei dein großen R, daß derselbe, wie hier, aus-
wärts geht. Hiedurch aber wird jede mögliche. Deutung des Zei-
chens auf Zeitbloom vollends ausgeschlossen. Die Anbringung auf
einem Schildchen von der Form, wie wir sie hier sehen, beweist
aber überdem, daß es sich überhaupt nicht aus den Maler beziehen
kann. Gewöhnlich finden sich' die Monogramme der Maler ohne
alle Einfassung vor, wählten sie aber eine'solche, so bestand sie in
einem Täfelchen. Dergleichen Schilder aber dienten ausschließlich
zur Aufnahme von Wappen, oder von Zeichen von Gewerken, oder
Privatpersonen. Daß unser Schildchen sich aber aus den Besteller
des Bildes bezieht, geht ans dessen Anbringung an der Geländer-
wand der Treppe hervor, auf deren ersten Stufe derselbe anbetend
kniet. Wenn man dagegen einwenden will, daß die Buchstaben jenes
Zeichens ja gar nichts mit dem in der Unterschrift des Bildes, als
des Stifters, enthaltenen Namen Hans Genger gemein hätten, so
erwiedere ich darauf, daß die Zeichen, welche die nicht mit-eigent-
lichen Wappen begnadigten Bürger, z. B. die Steinmetzen, führten,
meist ganz willkührlich und von den Namen unabhängig gewählt
wurden. So weist der in diesen Dingen besonders kundige Frei-
herr v. Löffelholz nach, daß auf dem in derselben Kirche befindlichen,
übrigens geringen Votivbilde einer Kreuzigung der Familie Gundel-
finger, welche damals noch kein Familienwappen hatte, vor dem
knieendeu Endres Gundelfinger ein ähnliches Schild mit dem fol-
genden Zeichen vorhanden ist:
Dieses ist nun bisher Z und B gelesen und als das Monogramm
von Zeitbloom ansgelegt worden. Zuvörderst bemerke ich, daß es
bei der Bildung von Monogrammen der Künstler im Mittelalter
gegen den Gebrauch ist, dieselben allein aus Buchstaben der ver-
schiedenen Shlben des Zu- oder Familiennamens mit gänzlicher
Unterdrückung des Taufnamens zusammenzusetzen, sondern daß hierzu
fast durchgängig die Anfangsbuchstaben des oder der Tauf- und des
Zunamens gewählt worden sind, wofür Beispiele anzuführen die
Leser dieses Blatts beleidigen hieße. Dagegen wüßte ich für die
erste Art fast nur das Beispiel des Monogramnis von H. Alde-
grever anzuführen. Zunächst läßt sich eine ähnliche Bezeichnung auf
keinem der ziemlich zahlreichen Bilder des Zeitbloom Nachweisen,
welche demselben nach dem einstimmigen Urtheil aller Forscher mit
Sicherheit angehören. Dann aber kann der zweite Buchstabe mei-
nes Erachtens durchaus nicht als ein B, sondern nur als ein R ge-
*) Kunstwerke und Künstler in Deutschland Thl. I. S. 353.
Aus einem Vergleich dieses Zeichens mit dem auf dem fraglichen
Bilde, erscheint es überhaupt sehr zweifelhaft, ob die Aehnlichkeit
desselben mit Buchstaben nicht rein zufällig ist. Das Gemälde selbst
zeigt nun aber in allen Stücken, der scharfen Charakteristik, der
Färbung, der Malweise, die auffallendste Übereinstimmung mit den
beglaubigten, in derselben Kirche befindlichen Werken Fritze Herlins
des alten. Aus der andern Seite ist es von allen Bildern des
Zeitbloom so verschieden, daß sich zn keinem derselben auch nur ein
Uebergang finden läßt. Dagegen erkenne ich in den letzteren aller-
dings in der milden Gefühlsweise, wie in der Zusammenstellung der
Farben eine Verwandtschaft zu den allerdings ungleich schwächeren
Bildern des Hans Schühlein von Ulm, mit dessen Tochter er be-
reits 1483 verheirathet war, welches Beides ein Verhältniß zu ihm
als Lehrer ganz nattirlich erscheinen läßt. Zu meiner großen Be-
friedigung habe ich gefunden, daß der Conservator der Königl. Bil-
dergalerie zu Augsburg, Herr Eigner, meine Ansicht über obiges
Bild ganz theilt. Da derselbe nämlich gelegentlich der Restauration
sämmtlicher werthvollen Bilder der Georgenkirche zn Nördlingen,
und namentlich der des alten Fritze Herlin und der Mehrzahl der
Hauptwerke des Zeitbloom, die Gemälde dieser beiden Meister Mo-
nate lang vor Augen gehabt hat, so dürfte wohl nicht leicht Jeman-
dem ein Urtheil über dieselben in solchem Maaße zustehen als ihm.
(Fortsetzung folgt.)
\