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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 8.1901

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Wolff, Fritz: Bernhard Wenig - Berchtesgaden
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https://doi.org/10.11588/diglit.6597#0067

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366

Dr. Fritz Wolff—Breslau:


ist nicht weniger gross als der frühere, da die
Architekten allein vom Technischen aus-
gehend ihrerseits die künstlerische Seite von
oben herunter behandelten.
Was diese Frage betrifft, ist Bernhard
Wenig aus Berchtesgaden gut daran. Er
ist der Sohn eines dortigen Holz-Schnitzers,
und da er des Vaters Geschäft einmal über-
nehmen sollte, lernte er das Handwerk in
der Berchtesgadener Fachschule. Es ist kein
Zweifel, dass ihm diese frühe Übung später
sehr genützt hat. Denn auf diese Weise
ist er nicht als Theoretiker und, wie viele
andere, ungetrübt von jeder Sachkenntnis,
zu seinem heutigen eigentlichen Gebiet ge-
kommen, sondern seine Hände haben bei-
zeiten fühlen müssen, wo eine noch so
bescheidene künstlerische Intention am Wider-
stand der Materie ihre Grenze findet. Eine
Erfahrung, die sich unbewusst allen übrigen
hinzufügt und einen Instinkt zur Ausbildung
bringt. Seine Ausbildung als Holz-Schnitzer
sollte er auch suchen, als er seinen Heimats-
ort verliess und an die Münchener Kunst-
Gewerbeschule ging. Aber die Anregungen
kamen in Menge. Zunächst von seiten der
Kollegen, unter denen schon damals Talente,
wie Julius Dietz, sich geltend machten, der
Besuch der Museen der Ausstellungen und
vieles Andere. Hier hatte Wenig weitere
Gelegenheit, sich in die Techniken und
Material - Anforderungen hineinzusehen, und
bald beteiligte er sich mit Entwürfen von
Malereien, Holz- und Schmiedeeisen-Geräten,
Schmucksachen etc. mit Erfolg an Kon-
kurrenzen, die die Schule ausschrieb. So
wurde aus dem Schüler der Schnitz - Klasse
nach und nach der kunstgewerbliche Zeichner.
Als er nach drei Jahren abging, bekam er
auch sein Zeugnis als solcher. Nun sollte

aber zuhause in Berchtesgaden die Arbeit
als Schnitzer beginnen. Ein Jahr hielt er
es aus, da ging er wieder nach München
und zwar an die Akademie zu Rudolf Seitz.
Ohne näheres darüber zu wissen, möchte
ich den folgenden zweieinhalb Jahren bei
Seitz sehr grosse Bedeutung beimessen für
die weitere Entwickelung Wenig's. Denn
er selbst sagt, der neue Lehrer sei der erste
gewesen, der ihm sagte, dass es nicht genug
sei, sein Leben lang Gegenstände zu ent-
werfen. Es geht daraus hervor, dass Wenig
in den Fehler der meisten seiner Kollegen
verfallen war, die mit zahllosen Entwürfen
alles gethan zu haben glauben, und dass
ihm dieser Star so früh gestochen wurde,
wird er Seitz gewiss immer danken. Jeden-
falls gehört er zu denjenigen, die die eigenen
Mängel fortwährend kontrollieren. Denn
zum Schluss, nachdem er die ganze Zeit
über auf des Meisters Rat alte dekorative
Bilder kopiert und versucht, im Sinne, in
Form und Farbe der Alten selbst etwas zu
machen (aus dieser Zeit stammen die beiden
auf Holz gemalten Stillleben im Münchener
Kunstgewerbe-Haus), da sagte er sich, dass
er in allen diesen Arbeiten nicht mehr ge-
leistet habe als die Kollegen. Und so hatte
er weiter keine Freude daran und ging
nach Hause, um in seinen Freistunden für
verschiedene Zeitschriften und Firmen zu
arbeiten. Aber noch einmal sollte er nach
München, um zn lernen. Franz Stuck war
an die Akademie gekommen und auf ein
halbes Jahr wurde er sein Schüler. Bis zum
Jahre 1890 ungefähr hielt er sich in seinen
Arbeiten streng an alte Vorbilder und alles
wurde verabscheut, was nur locker mit den
Formen der Vergangenheit zusammenhing
und sich nicht über vollkommene »Echtheit«
 
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