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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 8.1901

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Schumann, Paul: Das Kunstgewerbe auf der internationalen Kunst-Ausstellung zu Dresden Mai - Oktober 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.6597#0117

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Paul Schumann: Internationale Kunst-Ausstellung Dresden igoi.

Das Kunstgewerbe hat diesmal Prof.
Karl Gross zusammengebracht und an-
geordnet. Recht günstig erscheint da zunächst
die Trennung von Schau- und Verkaufs-
Räumen. Der Vergleich mit künstlerisch
angeordneten Schaufenstern und dem grossen
Laden liegt nahe. In den Schauräumen sind
auserlesene Stücke mit Geschmack dekorativ
aufgestellt; im Verkaufsraum gibt das Be-
dürfnis, eine grosse Auswahl darzubieten,
den Ausschlag. Dieser Ausweg, den Gross
in dem Zwiespalt zwischen Ausstellungs-
Asthetik und Verkaufs - Bedürfnis ein-
geschlagen hat, erscheint nachahmenswert,
zumal da die Schau-Räume in der Flucht
der Ausstellungs-Säle liegen, der Verkaufs-
Raum aber abseits angeordnet ist. Ein Teil
dieser Schau-Räume gruppiert sich in an-
genehmer Weise sternförmig um einen
mittleren, geschlossenen Glas-Pavillon.
In der einen Koje finden wir Metall-
Waren , in zweien Keramik, in einer
Schmucksachen, in einer Frauen - Kleider.
Die Kleider stammen von dem Dresdener
Verein für Reform der Frauenkleidung, der
sich mit Künstlern wie Otto Gussmann,
Karl Gross, Erich und Gertrud Kleinhempel
(mit Margar. Junge) in Verbindung gesetzt
hat und nach ihren Entwürfen die betreffenden
Kleider ausführen Hess. Unzweifelhaft ist
es der richtige Weg, der Kleider-Reform
weitere Kreise der Frauen-Welt zu erobern,
wenn die Forderungen der Gesundheit mit
denen künstlerischen Geschmacks gepaart
werden. Mit der Ausstellung der Works
und Genossen in Paris 1900 kann sich das
Kostüm - Kabinet in Dresden nicht messen,
zumal da man hier auf billige Preise und
bürgerliche Bedürfnisse Rücksicht genommen
hat. Aber entschieden zeigt sich ein trefflicher
Geschmack in den Reform-Kleidern, von denen
wir besonders das Salon-Kleid mit Pfauen-
Augen-Schmuck von Gussmann hervorheben
wollen. — Auf dem Gebiete der Keramik
bietet die Ausstellung eine Auswahl des
Besten, was man im vorigen Jahre in Paris
sah. Unter den staatlichen Manufakturen
fehlt Meissen, wo ein Direktor-Wechsel
stattgefunden hat; man scheint dort infolge
Druckes von oben wieder mehr auf geschäft-

liche als auf künstlerische Erfolge Wert legen
zu wollen. Sollte man die moderne Richtung
wieder verlassen, so dürfte das vielleicht
einmal zu einem empfindlichen Rückschlag
führen. Nun, glücklicherweise ist die Technik
in Meissen auf einer so hohen Stufe und so
vielseitig entwickelt, dass wenigstens in dieser
Hinsicht keine Gefahr droht. Die Ausstellung
von Sevres — namentlich Gefässe mit Krystall-
Glasuren — soll noch durch grössere Glanz-
stücke vervollständigt werden. Ferner sind
Berlin, Kopenhagen, Kronach, Rörstrand,
Stockholm teils angemessen, teils ausge-
zeichnet vertreten. Die Namen Jean Carrie's
(Steinzeug), Familie von Heider, Clement
Massier, Max Läuger (Gas-Kamin), Elisabeth
Schmidt-Pecht und Schmuz-Baudiss brauchen
wir in diesem Blatte nur zu nennen.
Zum ersten Male sehen wir in einer
Dresdener Ausstellung Steinzeug-Vasen von
Mutz in Altona und von Scharvogel in
München. Beide bedienen sich der ge-
flammten und geflossenen Glasuren, die, zuerst
in Japan hergestellt, in den letzten Jahren
in Frankreich, Dänemark, England und
Deutschland Eingang gefunden haben. Be-
kanntlich stehen diese Töpfereien mit ge-
flossenen Glasuren gegenwärtig in der
Keramik, soweit sie auf künstlerische Durch-
bildung Anspruch erhebt, obenan, während
in »weiteren Kreisen« die Gefässe mit dem
aufgelegten plastischen Kladderadatsch sich
noch der von den »kunstsinnigen« Händlern
geförderten Beliebtheit erfreuen. Die fran-
zösische Keramik in der Pariser Welt-Aus-
stellung bot ganz Hervorragendes auf dem
Gebiete des Steinzeugs mit geflossenen
Glasuren. Karl Gross hat es sich angelegen
sein lassen, von Berlin bezeichnende Proben
dieser Art nach Dresden zu bringen.
In Paris kam man bei der Überfülle des
Ausgestellten schwer zum Geniessen, hier
in Dresden ist die Beschränkung auf Weniges
und Auserlesenes wohlthuend. Wir nennen
nur die Bigot, Delaherche, Dalpayrat, deren
Erzeugnisse zum grössten Teil von Maison
moderne und Maurice Dufrene in Paris aus-
gestellt sind. Die Arbeiten von Mutz in
Altona zeichnen sich durch ihren Farben-
Reichtum, die Mannigfaltigkeit der Erzeug-
 
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