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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 8.1901

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Commichau, Felix: Paul Lang - Ober-Türkheim (Württemberg) z.Zt. Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.6597#0160

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457


Der Rhythmus seiner Linien klingt in den
Harmonien seiner Farben wieder. Sein
dekoratives Talent bewährt sich auf den ver-
schiedensten Gebieten, wie die vorliegenden
Reproduktionen von Teppichen, Möbelstoffen,
Tapeten, Stickereien und Buchschmuck be-
weisen. — Ganz besonderer Aufmerksamkeit
wert sind seine Flächen-Muster, die ebenso-
gut für Tapeten als für Wandbespann-
Stoffe etc. Verwendung finden können. In
ihnen gibt er als dekorativer Künstler sein
Eigenstes und es ist freudig zu begrüssen,
dass es ihm gelungen ist, mit der Praxis,
mit der kunstgewerblichen Industrie schon
enge Fühlung zu gewinnen. Man kann jene
sowohl, als auch das Publikum zur Nutzbar-
machung solch vielversprechender Kraft be-
glückwünschen. Denn es bedeutet für beide
Teile einen weiteren Schritt zur Erhebung
aus dem Pfuhle der Geschmacklosigkeit,
der Formen - Roheit, in dem man zu Drei-
vierteln noch darinnen steckt, und in dem
tausende von Maschinen und abertausend
Hände fleissig herumwühlen. Doch auch
dem Künstler wird die enge Verbindung
mit der soliden Kunst - Industrie in rein
ideellem Sinne nur nützen. Nichts ist so
sehr dazu angethan, den künstle
rischen Kern einer Schöpfung
von aller Atelier-Schlacke
von allem Zufälligen,
Nebensächlichen und
Launischen zu säubern
und zu befreien wie

FELIX COMM1CHAU.


die fortwährende, nachdrückliche Fühlung mit
der Wirklichkeit, mit dem Bedürfnisse.
Der Landschafter in ihm ist nun auch
wieder zu seinem Recht gekommen. Die
Illustrationen vorliegenden Heftes beleuchten
ihn nach dieser Richtung zwar nur spärlich;
hier zu ergänzen, bleibt einer späteren
Publikation vorbehalten. Doch das, was die
Naturstudien, die jetzt bereits beigegeben
sind, bieten, genügt, die karakteristischen
Linien seiner Natur-Auffassung festzulegen.
Selbstverständlich ist es, dass sich diese
weiterentwickeln und vertiefen werden; ein
völliges Abweichen von ihnen wird jedoch,
wie ich glaube, niemals eintreten.
Paul Lang ist Interpret der Heimat.
Aus der Alltäglichkeit, aus den einfachen
Gebilden, an denen Unzählige achtlos
vorüberrennen, weiss er Poesie zu schöpfen.
Die Stimmungen, die ein fein besaitetes
Gemüt unter unserem Himmel empfindet,
wenn er winterlich schwer herabhängt,
wenn er blaut und wenn er herbstlich
leuchtet, er schliesst sie in seine Blätter
ein; und voll strömen sie aus, was ihn be-
wegte, wenn ein verwandter Geist sie be-
schaut. Die strotzende Grösse der Natur
wiederzugeben, sind tausend Pinsel
in Bewegung: die bescheidene
Herrlichkeit unserer deut-
schen Aue fand bisher
wenig Meister. — Möge
er der Heimat nie
untreu werden! —

DARMSTADT.

1901. X. 2.
 
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