Lesser Ury—Berlin.
489
HANS SANDREUTER—BASEL.
Aus der Wohnung des Künstlers in Riehen.
Salon-Möbel- Gruppe.
kannte. Diese Arbeiten, die zum grössten
Teile erst jetzt in den Handel gekommen
sind, haben seit ihrer Entstehung an Wirkungs-
kraft nur gewonnen, der beste Beweis für
die Solidität ihrer Mache. Es spricht aus
ihnen ein Gefühl für das rein Malerische, für
die eigentlich koloristischen Probleme, das
man in Deutschland nur zu selten antrifft,
und daneben in der Schilderung des Lebens
ein grosser epischer Zug, der von ferne an
Millet und seine Nachkommen erinnert.
Als Ury von seinen Studien-Fahrten heim-
kehrte und sich im Jahre 1887 in Berlin zu
dauerndem Aufenthalte niederliess, machte
sein eminentes malerisches Können bei den
wenigen dortigen Vertretern der modernen
Gedanken grosses Aufsehen. Eine erste Aus-
stellung seiner Arbeiten im Salon Gurlitt,
in dem so viele der neueren Künstler zum
erstenmale vor das Publikum traten — und
der jetzt selbst, nachdem seine Mission erfüllt
ist, vom Schauplatz abtreten muss —, rief
einen Sturm höhnischen Widerspruchs seitens
der Akademiker und der anderen Vertreter
der »guten Gesinnung« hervor. Aber mit
Recht sagt Max Liebermann im Katalog der
diesjährigen Berliner Sezessions-Ausstellung,
»dass die Entrüstung des. Publikums über
eine neue Auffassung in der Kunst umso
grösser ist, je neuer und individueller sich
der Künstler in ihr offenbart«. Ury selbst
hatte inzwischen eine Wandlung seiner Auf-
fassung durchgemacht. Die Natur in der
Mark Brandenburg und die weitere Land-
schaft Nieder - Deutschlands verlangte eine
andere malerische Wiedergabe als die Wiesen
und Wälder des fruchtbaren belgischen Landes;
an Stelle der satten, kräftigen, leuchtenden
Farben treten hier zarte, verschwimmende,
gebrochene Tonwerte, an Stelle der klaren,
lachenden Natur - Stimmung eine leise und
feine Melancholie. Zugleich zog sich Ury
1901. X. 6.
489
HANS SANDREUTER—BASEL.
Aus der Wohnung des Künstlers in Riehen.
Salon-Möbel- Gruppe.
kannte. Diese Arbeiten, die zum grössten
Teile erst jetzt in den Handel gekommen
sind, haben seit ihrer Entstehung an Wirkungs-
kraft nur gewonnen, der beste Beweis für
die Solidität ihrer Mache. Es spricht aus
ihnen ein Gefühl für das rein Malerische, für
die eigentlich koloristischen Probleme, das
man in Deutschland nur zu selten antrifft,
und daneben in der Schilderung des Lebens
ein grosser epischer Zug, der von ferne an
Millet und seine Nachkommen erinnert.
Als Ury von seinen Studien-Fahrten heim-
kehrte und sich im Jahre 1887 in Berlin zu
dauerndem Aufenthalte niederliess, machte
sein eminentes malerisches Können bei den
wenigen dortigen Vertretern der modernen
Gedanken grosses Aufsehen. Eine erste Aus-
stellung seiner Arbeiten im Salon Gurlitt,
in dem so viele der neueren Künstler zum
erstenmale vor das Publikum traten — und
der jetzt selbst, nachdem seine Mission erfüllt
ist, vom Schauplatz abtreten muss —, rief
einen Sturm höhnischen Widerspruchs seitens
der Akademiker und der anderen Vertreter
der »guten Gesinnung« hervor. Aber mit
Recht sagt Max Liebermann im Katalog der
diesjährigen Berliner Sezessions-Ausstellung,
»dass die Entrüstung des. Publikums über
eine neue Auffassung in der Kunst umso
grösser ist, je neuer und individueller sich
der Künstler in ihr offenbart«. Ury selbst
hatte inzwischen eine Wandlung seiner Auf-
fassung durchgemacht. Die Natur in der
Mark Brandenburg und die weitere Land-
schaft Nieder - Deutschlands verlangte eine
andere malerische Wiedergabe als die Wiesen
und Wälder des fruchtbaren belgischen Landes;
an Stelle der satten, kräftigen, leuchtenden
Farben treten hier zarte, verschwimmende,
gebrochene Tonwerte, an Stelle der klaren,
lachenden Natur - Stimmung eine leise und
feine Melancholie. Zugleich zog sich Ury
1901. X. 6.