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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 48.1921

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Wolf, Georg Jacob: Über Ferdinand Staeger
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https://doi.org/10.11588/diglit.9123#0041

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ÜBER FERDINAND STAEGER.

junger Jahre eigentlich schon als ein innerlich
Fertiger in den Gesichtskreis der Öffentlichkeit;
er konnte sich wohl noch emporbauen — wie
er es auch wirklich tat —, seine Form immer
freier und selbstverständlicher beherrschen und
nach Gehalt und Stimmung vertiefen und ver-
innerlichen, aber er durfte mit Recht bei dem
einmal gefundenen Ausdruck bleiben. Es ist
die prickelnde, wie Schaum wogende oder wie
feinste Spitzen rauschende Art minutiösester
und anmutreichster Zeichnung. Es ist ein Ein-
stellen ganz auf den Flächencharakter der Gra-
phik, ein Erschöpfen der Welt in Umrissen. Erst
ganz neuerlich finden sich im Werke Staegers
einige Blätter, bei denen die Helligkeit aus sam-
metschwarzer Tiefe herausgearbeitet ist; sonst
pflegt Staeger das Dunkel, das, wie es scheint,
seinem innersten Empfinden nicht eben konform
ist, in die ganz hell und licht gehaltenen Zeich-
nungen und Radierungen hineinzuarbeiten, für
die demzufolge ein zarter, silbergrauer, duftiger
Gesamtton kennzeichnend ist. Daß diese paar
dunklen Blätter mit den effektvoll aufgesteckten
Lichtern im Gesamtwerk Staegers stehen, ist
ungemein bedeutsam: es sagt und kündet auch
dem Fernstehenden, der eine ohne Sinnfällig-
keit ausgreifende Entwicklung nicht ohne wei-

Als kürzlich im Münchner Kunstverein der
. „Bund zeichnender Künstler" eine statt-
liche Heerschau über seine Mitglieder und ihre
Arbeiten veranstaltete, da fiel unter den vielen
tüchtigen, von Phantasie und hohem Können
sprechenden Blättern ganz besonders das in
sich ruhende, von seiner Umgebung sich ab-
sondernde Werk auf, dasFerdinand Staeger
zum Urheber hat. Ein Alleingänger, ein Ab-
seitiger, der sich indes nicht in schrulligem Son-
derlingstum verliert, ein aus der lokalen Tra-
dition und dem Schulton unbedingt herausfal-
lendes Originalgenie — das war der Eindruck,
den man aufs Neue vom Wesen und Schaffen
Staegers, des früh zur Reife und zur Geltung
gelangten Graphikers, gewann.

Über Staegers Werdegang und über seine
Kunst ist in diesen Heften im Laufe der letzten
Jahre wiederholt gesprochen und alles Wesent-
liche gesagt worden. Deshalb werden sich die
folgenden Zeilen mehr mit den neuen Arbeiten
des Künstlers als mit der Gesamtheit seines
Wesens und seiner Erscheinung zu beschäf-
tigen haben.

Staeger hatte früh die Form gefunden, die
seinen Absichten entsprach und die seinem
Fühlen und Empfinden gemäß ist. Er trat trotz

• April-M»! 1021. 3,

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