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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 48.1921

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Muth, Hannah: Von der Nadelkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9123#0340

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entwurf: dagobert peche—wien. . »tüllstickerei« wiener werkstätte.

VON DER NADELKUNST.

Die vornehmste unter den Nutzkünsten ist
die Kunst der Nadel... Da gibt es kein
widerspenstiges Material mit Gewalt oder Lärm
zu bezwingen. Da kommt es nur auf weises
Walten der geistigen Kräfte an, auf geschickte,
anmutige Arbeit der Hände, die sich nur mit
feinen, glänzenden Instrumentenbewehren. Flie-
ßende Tülle, schimmernde Seidenstoffe, warme,
weiche Wollfäden und tausend reizvolle Farben,
die von einer Blumenwiese geschöpft scheinen
— das ist das Material. Und ebenso vornehm ist
der Dienst, zu dem die Erzeugnisse der Nadel-
künste bestimmt sind: Schmuck, Veredelung
eines Stoffes, eines Frauenkleides, Anregung

des Gemüts, Belebung eines Wohnraumes,
eines Möbels, eines Tisches. Also echt weib-
liche Wirkungen, verwandt dem, was der Dich-
ter als Auswirken fraulichen Schaffens preist:
„Sie flechten und weben — himmlische Rosen
ins irdische Leben I" .... Nicht genug kann
gerade zarten Frauennaturen, die in den Lebens-
kampf gezwungen werden, die Mitarbeit an all
dem Schönen, das die Nadelkünste hervor-
bringen, ans Herz gelegt werden. Sie arbeiten
dadurch mit an dem großen Bemühen, in das
schließlich jede kulturelle Einzelarbeit münden
soll: an der Hebung des Geschmacks, an der
Veredlung des Volkes....... hannah muth.
 
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