Über Ferdinand Staeger.
FERDINAND STAEGER-MÜNCHEN.
teres wahrnimmt, daß Staeger alles andere mehr
ist a's ein Manierist. Staeger besitzt jeden Grad
geistiger Beweglichkeit, in ihm ist Fülle der Ge-
sichte, quellende Phantasie, ein wahres Schäu-
men von Formen — ruhig und beharrlich, fest
und ernst ist nur seine Weltanschauung. Sie
scheint mir einig zu gehen mit der Weltanschau-
ung Adalbert Stifters, des böhmischen Lands-
mannes Ferdinand Staegers. Der Künstler hat,
von dem rührigen und geschmackvollen Münch-
ner Verleger Hermann A. Wiechmann, dem
Schöpfer reizvoller kleiner Bücher, zum Illu-
strieren aufgefordert, immer wieder Stifter ge-
wählt, wed er mit diesem Dichter eines inbrün-
stigen Naturgefühls sich im Tiefsten wesens-
verwandt, vielleicht sogar wesenseins fühlt. Wie
Stifters Naturgefühl umschlingt auch das seine
nicht in pantheistischem Pathos das All, sondern
Staeger setzt wie Stifter in elegischer Idyllenhaf-
tigkeit Zelle an Zelle, aber zugleich baut er sich
doch aus der kleinen Welt in die klaren, hei-
teren Lüfte des Kosmos hinauf. Auch Staegers
RADIERUNGEN »NACHSOMMER«
graphische Werke, Zeichnungen wie Radierun-
gen, sind aus der Landschaft geboren, gleich
den Novellen und Erzählungen Stifters. Die
Landschaft ist das Primäre; die Gestalten in ihr
sind wie Geschöpfe dieser Landschaft; sie sind
von ihrer Natur-Umwelt bestimmt, nicht sie
bestimmend. Stifters Menschen hat man einmal
zutreffend Exponenten seiner Landschaft ge-
nannt —• man möchte es auch mit Staegers
Menschen so halten, und ich glaube nicht, daß
das für diese Menschen eine Herabminderung
ihres Wertes bedeuten kann. Sie tragen den
Duft und den Reiz, die würzige Wärme und die
herbe Melancholie ihrer Heimat aus Wäldern
und Wiesen, auf Landstraßen und Bergeshöhen
herein in die Stuben und Säle: etwas köstlich
Frisches, Ursprüngliches ist an ihnen, versonnen
sind sie und auch wieder heiter als die, denen
der ewige Trost gnadenreicher Natur zuteil ge-
worden, Menschen ohne Entartung, Menschen
von gesundem Blut: und doch muten sie uns
oft an wie bloße Symbole.
FERDINAND STAEGER-MÜNCHEN.
teres wahrnimmt, daß Staeger alles andere mehr
ist a's ein Manierist. Staeger besitzt jeden Grad
geistiger Beweglichkeit, in ihm ist Fülle der Ge-
sichte, quellende Phantasie, ein wahres Schäu-
men von Formen — ruhig und beharrlich, fest
und ernst ist nur seine Weltanschauung. Sie
scheint mir einig zu gehen mit der Weltanschau-
ung Adalbert Stifters, des böhmischen Lands-
mannes Ferdinand Staegers. Der Künstler hat,
von dem rührigen und geschmackvollen Münch-
ner Verleger Hermann A. Wiechmann, dem
Schöpfer reizvoller kleiner Bücher, zum Illu-
strieren aufgefordert, immer wieder Stifter ge-
wählt, wed er mit diesem Dichter eines inbrün-
stigen Naturgefühls sich im Tiefsten wesens-
verwandt, vielleicht sogar wesenseins fühlt. Wie
Stifters Naturgefühl umschlingt auch das seine
nicht in pantheistischem Pathos das All, sondern
Staeger setzt wie Stifter in elegischer Idyllenhaf-
tigkeit Zelle an Zelle, aber zugleich baut er sich
doch aus der kleinen Welt in die klaren, hei-
teren Lüfte des Kosmos hinauf. Auch Staegers
RADIERUNGEN »NACHSOMMER«
graphische Werke, Zeichnungen wie Radierun-
gen, sind aus der Landschaft geboren, gleich
den Novellen und Erzählungen Stifters. Die
Landschaft ist das Primäre; die Gestalten in ihr
sind wie Geschöpfe dieser Landschaft; sie sind
von ihrer Natur-Umwelt bestimmt, nicht sie
bestimmend. Stifters Menschen hat man einmal
zutreffend Exponenten seiner Landschaft ge-
nannt —• man möchte es auch mit Staegers
Menschen so halten, und ich glaube nicht, daß
das für diese Menschen eine Herabminderung
ihres Wertes bedeuten kann. Sie tragen den
Duft und den Reiz, die würzige Wärme und die
herbe Melancholie ihrer Heimat aus Wäldern
und Wiesen, auf Landstraßen und Bergeshöhen
herein in die Stuben und Säle: etwas köstlich
Frisches, Ursprüngliches ist an ihnen, versonnen
sind sie und auch wieder heiter als die, denen
der ewige Trost gnadenreicher Natur zuteil ge-
worden, Menschen ohne Entartung, Menschen
von gesundem Blut: und doch muten sie uns
oft an wie bloße Symbole.