Künstlerische Kultur im pliotographischen Kinderbildnis.
KARL MULLER—FRANKFURT.
»KINDER-BILDNIS«
bare Frische und Echtheit im Ausdruck aus.
Wenn der Lichtbildner sein jugendliches Modell
richtig zu behandeln versteht, so vermag er
diese naturunmittelbare Frische des Ausdrucks
mit Hilfe seiner schnell zufassenden Technik
sogar leichter und besser in sein Bild hinüber-
zuretten, als es in manchen Fällen dem Maler
möglich ist. Man muß das malerische Werk
ganzer Künstlergenerationen durchmustern, ehe
man so viele durch Lebendigkeit und Natürlich-
keit des Ausdrucks ansprechenden Kind er -
Genrebilder findet, wie sie durch die Licht-
bildkunst der letzten Jahre geschaffen worden
sind. Der kleine Gelehrte von Karl Müller-
Frankfurt, sowie der ziegenfütternde Knabe von
Margarete Roeper-Rostock können als treff-
liche Beispiele für das Kinder-Genrebild gelten.
Namentlich das erstgenannte Bild besticht durch
die drollige Echtheit des Interesses, mit dem sich
der kleine Mann seinem großen Buche widmet.
Vom künstlerischen Photographen verlangt
das Kinder-Genrebild nicht wenig Liebe zum
Kinde, Verständnis für sein Seelenleben, ein in
der Beobachtung aller Äußerungen dieses See-
lenlebens geschultes Auge, Geistesgegenwart
bei der Erfassung des günstigen Augenblicks,
fast instinktive Beherrschung der Technik, die
den Apparat im richtigen Augenblick in richtiger
Weise in Funktion treten läßt, und schließlich
ein fast zur zweiten Natur gewordenes Gefühl
für die künstlerische Form.
Denn auch bei denjenigen Bildern, die sich
der bildnismäßigen Auffassung nähern, bei denen
es sich weniger darum handelt, einen schnell
vorübereilenden, besonders prägnanten Augen-
blick aus dem Ausdrucksleben des Kindes fest-
zuhalten, als vielmehr eine etwas breiter ange-
legte, bildnishafter Ruhe sich angleichende Dar-
stellung der kindlichen Persönlichkeit in ihrem
Gesamtumfange zu geben, muß der Künstler-
photograph bei der wechselvollen Lebendigkeit
des kindlichen Ausdruckslebens schnell zu-
fassen, wenn er nicht den Augenblick verfehlen
will, der für die bildhafte Komposition des
Ganzen der geeignetste erscheint. Er muß also
bei der Beobachtung seines Modells befähigt
sein, rein gefühlsmäßig die Stellung seines Mo-
dells zum Bildraum, den Verlauf der Linien und
Flächen, das Verhältnis der Tonwerte und Licht-
flecke sowie die Beleuchtung auf ihre mehr
körperliche oder mehr flächenhafte Wirkung
abzuschätzen und gleichzeitig ästhetisch und
geschmacklich zu werten. Zwar wird die Aus-
arbeitung des Negativs und hinterher des Posi-
tivs noch mancherlei für die bildhafte Wirkung
des Ganzen leisten können. Was aber bei der
KARL MULLER—FRANKFURT.
»KINDER-BILDNIS«
bare Frische und Echtheit im Ausdruck aus.
Wenn der Lichtbildner sein jugendliches Modell
richtig zu behandeln versteht, so vermag er
diese naturunmittelbare Frische des Ausdrucks
mit Hilfe seiner schnell zufassenden Technik
sogar leichter und besser in sein Bild hinüber-
zuretten, als es in manchen Fällen dem Maler
möglich ist. Man muß das malerische Werk
ganzer Künstlergenerationen durchmustern, ehe
man so viele durch Lebendigkeit und Natürlich-
keit des Ausdrucks ansprechenden Kind er -
Genrebilder findet, wie sie durch die Licht-
bildkunst der letzten Jahre geschaffen worden
sind. Der kleine Gelehrte von Karl Müller-
Frankfurt, sowie der ziegenfütternde Knabe von
Margarete Roeper-Rostock können als treff-
liche Beispiele für das Kinder-Genrebild gelten.
Namentlich das erstgenannte Bild besticht durch
die drollige Echtheit des Interesses, mit dem sich
der kleine Mann seinem großen Buche widmet.
Vom künstlerischen Photographen verlangt
das Kinder-Genrebild nicht wenig Liebe zum
Kinde, Verständnis für sein Seelenleben, ein in
der Beobachtung aller Äußerungen dieses See-
lenlebens geschultes Auge, Geistesgegenwart
bei der Erfassung des günstigen Augenblicks,
fast instinktive Beherrschung der Technik, die
den Apparat im richtigen Augenblick in richtiger
Weise in Funktion treten läßt, und schließlich
ein fast zur zweiten Natur gewordenes Gefühl
für die künstlerische Form.
Denn auch bei denjenigen Bildern, die sich
der bildnismäßigen Auffassung nähern, bei denen
es sich weniger darum handelt, einen schnell
vorübereilenden, besonders prägnanten Augen-
blick aus dem Ausdrucksleben des Kindes fest-
zuhalten, als vielmehr eine etwas breiter ange-
legte, bildnishafter Ruhe sich angleichende Dar-
stellung der kindlichen Persönlichkeit in ihrem
Gesamtumfange zu geben, muß der Künstler-
photograph bei der wechselvollen Lebendigkeit
des kindlichen Ausdruckslebens schnell zu-
fassen, wenn er nicht den Augenblick verfehlen
will, der für die bildhafte Komposition des
Ganzen der geeignetste erscheint. Er muß also
bei der Beobachtung seines Modells befähigt
sein, rein gefühlsmäßig die Stellung seines Mo-
dells zum Bildraum, den Verlauf der Linien und
Flächen, das Verhältnis der Tonwerte und Licht-
flecke sowie die Beleuchtung auf ihre mehr
körperliche oder mehr flächenhafte Wirkung
abzuschätzen und gleichzeitig ästhetisch und
geschmacklich zu werten. Zwar wird die Aus-
arbeitung des Negativs und hinterher des Posi-
tivs noch mancherlei für die bildhafte Wirkung
des Ganzen leisten können. Was aber bei der