Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 48.1921

DOI Artikel:
Utitz, Emil: Talent und Genie
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.9123#0154

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Talent und Genie.

PROF. DR. O. STRNAD.....WIEN.

AQUARELL »WILHELM TELLc

tierten scheinen verschiedene Momente der
künstlerischen Anlage verschieden betont; beim
Genialen steht im Vordergrund der gesamte
Lebensprozeß, der schon im Aufnehmen das
Erlebte für seine Zwecke umformt, wodurch
die Gestaltung — oder wenigstens das Wich-
tigste an ihr — offenbar mühelos wird, frei,
zur glücklichen Eingebung einer begnadeten
Stunde. Beim Talent liegt die Hauptstärke im
wachen, kritischen Auge. Dem Genie droht
die Gefahr des nur Skizzenhaften, dem Talent
die des Verquälten, Überarbeiteten, durch seine
steife Korrektheit Langweiligen. Das Genie
trägt seine Form in hohem Maße in sich; denn

es erlebt alles schon in und durch diese Form.
Das Talent bringt mehr oder weniger die Form
an die Sachen heran. Wir wollen aber diese
Gedanken nicht weiter ausspinnen, denn das
Prinzip scheint geklärt; und unsere Formel ge-
stattet seine Abwandlung nach verschiedensten
Dimensionen hin. Wir bescheiden uns — ab-
schließend — damit, die Nutzanwendung auf
die Gegenwart zu ziehen.

Der Naturalismus in seinen mannigfachen
Spielarten begünstigt das Talent; er weist ihm
Aufgaben zu und stellt an hoch entwickelte
Technik große Ansprüche. Der Expressionismus
— in seinem Streben nach dem Unbedingten
 
Annotationen