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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 48.1921

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Pfister, Kurt: Die Neue Pinakothek in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.9123#0305

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JEAN BAPT1STE COROT.

»MUHLE BEI NANTES«

DIE NEUE PINAKOTHEK IN MÜNCHEN.

VON KURT PFISTER.

Die Neue Pinakothek, die vor einem Jahr
eine durchgreifende und sehr verdienst-
liche Neuordnung erfuhr, umfaßt den Besitz des
bayrischen Staates an Bildern von der zweiten
Hälfte des achtzehnten bis gegen das Ende des
neunzehnten Jahrhunderts. Die Jahre 1780 und
1880 bezeichnen beiläufig die Grenzen.

Die Arbeit dieses Jahrhunderts gilt vorwiegend
der Landschaft; so sehr, daß auch das Bildnis,
das Stilleben irgendwie in die treue Gegen-
ständlichkeit einer landschaftlichen Ansicht ein-
geht. Dies innige Naturgefühl ist der tiefe Strom,
der unterirdisch immer weiterfließt, während
um die Oberfläche noch die weißen, roten und
goldenen Phantasien des Barock spielen. Es
nimmt seinen Ausgang von der holländischen
Landschaft, nicht so sehr von der offiziellen
Produktion, denn von jenen kleinen unmittel-
baren malerischen Skizzen, wie wir etwa von
Jakob Ruisdael einige besitzen. An sie knüpfte
der Engländer Constable und die Maler von
Barbizon, Corot und Daubigny vor allem, an.

Von dieser holländischen Landschaft des
17. Jahrhunderts ging auch die erste Generation

der Münchener Landschafter, die Dillis, Dorner,
Wagenbauer, Quaglio aus, die die silbrige
Atmosphäre der bayrischen Vorberge entdeckte
und in kleinen tonigen Tafeln abschilderte. In
diesen Kreis gehört auch der Bildnismaler Ed-
linger, der mit feinerem und persönlicherem Ge-
schmack als zwei Generationen später Lenbach
den Münchener Bürger in das Helldunkel des
Hals undRembrandt stellte. Vor allem aber Wil-
helm von Kobell, der neben zarten naturnahen
Aquarellen höchst lebendige in breiter Epik da-
hinströmende Schlachtenbilder geschaffen hat.

An das Werk der Künstler von Barbizon
knüpft die zweite Generation an: Im Jahre 1851
weilte Eduard Schleich mit Spitzweg und Teich-
lein in Paris und gerade Spitzweg dankt der ma-
lerischen Kultur Corots den Aufstieg zur letzten
Reife. Man kennt ihn und liebt ihn zumeist um
seiner vergnüglichen Anekdoten willen; aber
man sollte darüber nicht die wundervolle ma-
lerische Intensität seiner Landschaften über-
sehen. Um ihn steht ein Kreis Gleichgesinnter:
Lier, der ältere Schleich, Teichlein. Eine wei-
tere Generation um Wenglein, Willroider, den

XXIV. Septtmber 1921. 3
 
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