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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 48.1921

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Kunst und Wirtschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.9123#0338

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Kunst und Wirtschaft.

späteste, letzte Folge des Wirtschaftlichen
dünkte. Ihnen erschien jedes Wissen als Be-
lastung, auf sie geht die Verachtung der Wissen-
schaft zurück. Doch man legte der Wissenschaft
einen Mangel der Wissenschaftler zur Last.
Weil diese den Zusammenhang mit dem Leben
verloren hatten, fehlen der Wissenschaft nie
diese Zusammenhänge. Wissen braucht nicht
Belastung mit Unorganischem zu bedeuten.
Wissenschaft ist eine lebendige Arbeit an den
Dingen und über den Dingen. Ohne die schein-
bar so lebensabgewandte Mathematik mit ihren
Abstraktionen gibt es keinen technischen Fort-
schritt. Lebendige Arbeit schafft Kräfte. Wenn
wir die Einstellung umlenken, und in Kunst
und Wissenschaft nicht reine Blüten über dem
trüben Tümpel des Wirtschaftlichen sehen,
sondern begreifen, daß alles Hand in Hand
geht, daß Kunst und Wissenschaft das Antlitz

einer Epoche offenbaren, dann gibt es für die
Kunst nicht mehr stoffliche Fragen, keine reinen
Formprobleme. Es ist Aufgabe der Kunst,
geformt, dadurch verklärt, einer Zeit den Spiegel
vorzuhalten. Je verworrener eine Gegenwart
um so unklarer dieses Spiegelbild. Aber Zer-
rissenheit und Geschlossenheit selbst sind For-
men, sind Ausdruck. Darum führt jede aus der
Vergangenheit abgeleitete Formforderung nur
zur Verkennung der Aufgabe. Niemand kann
aus seiner Zeit. Gerade die Stärke der Ein-
drücke des Geschehens ist zeitbedingt, und von
ihr hängt vor allem der künstlerische Ausdruck
ab. Fühlt der Künstler sich als dienendes Glied
in der Kette des Geschehens, dann macht er
selbst Geschichte. Indem er einem Ewigen dient,
gibt sein Werk Ewiges. Es trägt auf seinen
Zügen eingegraben die Runen der Zeit des
Künstlers lesbar für alle Zeit.......im. r. c.

DAGOBERT PECHE—WIEN. »SILBERSCHALE« WIENER WERKSTÄTTE.
 
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