D. 3. Die griechischen Götter und Heroen
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'Sind unsere Überlegungen im wesentlichen richtig, so muss der grosse Zeus-
Altar zugleich als Altar der Hera im 15. Jahrhundert errichtet worden sein und
zugleich mit ihm die Idäische Grotte als Geburtsstätte des Zeus-Kindes. Jedenfalls
scheinen die griechischen Götter von Kreta gekommen zu sein. Das beweisen,
abgesehen von der Überlieferung bei den Eleern und bei den Pisaten, auch die
nahen Beziehungen zwischen Olympia und Kreta, auf die ich schon wiederholt
hingewiesen habe, und die von allen Historikern der Gegenwart anerkannt werden.
Dass auch andere griechische Götter schon damals ihren Einzug in Olympia
gehalten haben, ist zwar wahrscheinlich, wird aber, soviel ich weiss, nicht über-
liefert und lässt sich auch nicht durch Ergebnisse der Grabungen beweisen.
Ernst Curtius hat angenommen (Olympia I, 17), dass damals auch der Kult des
Dionysos aus Kreta eingeführt worden sei. Doch scheinen mir seine Beweise
nicht zu genügen, um die Zeit seines ersten Kultes in Olympia und seine Her-
kunft zu bestimmen. Ausserdem gehört Dionysos nach meiner Ansicht nicht zu
den ursprünglich griechischen Göttern, sondern ist von den orientalischen Ein-
wanderern aus Süd-Arabien eingeführt worden, wo nach F. Hommel (Ethnol.
d. alten Orients, 1926, 720 f.) sein Heimatland ist.
Auch an einen sehr alten Kult der Artemis in Olympia ist gedacht worden,
zumal diese Göttin in der Altis selbst sechs Altäre und noch weitere in der Um-
gegend hatte (L. Weniger, Der Artemis-Dienst in Olympia, Neue Jahrb. 1907,
96—114); doch scheint ihr Kult nicht eigentlich achäisch zu sein. Er kann sowohl
alt-pelasgisch als auch minysch-orientalisch gewesen sein; vielleicht war er
beides.
Aus den letzten Jahrhunderten des II. Jahrtausends ist nur wenig über die
Kulte der griechischen Götter in Olympia überliefert. Doch glaube ich noch
auf eine Tatsache, die den Zeus betrifft, hinweisen zu müssen. Zu den Nach-
folgern des Klymenos oder Pisos als König von Pisa gehörten Oinomaos
und sein Schwiegersohn Pelops, die beide Achäer waren und daher griechische
Götter in Olympia verehrt haben müssen. Von Oinomaos wurde erzählt (Paus. V,
14, 6), dass er dem Zeus Areios jedesmal geopfert habe, bevor er den Wettkampf
mit den Freiern seiner Tochter begann. Das legt uns die Vermutung nahe, dass
es sich hier um den behelmten Zeus handelt, wie er im Hera-Tempel neben der
thronenden Hera nach Pausanias (V, 17, 1) als Kultbild gestanden hat. Mehrere
primitive Nachbildungen eines solchen Mannes, der äusser dem Helm auf seinem
Kopfe vielleicht in der Hand ein Doppelbeil trug, sind unter dem Heraion ge-
funden, aber von Furtwängler für Nachbildungen der Weihenden, nicht aber des
Gottes erklärt worden. Ich habe unter dem Heraion später eine bessere Bronze-
statuette eines Mannes mit Helm gefunden, der wohl Doppelbeil und Schild trug
(Beilage 17) (Ath. Mitt. 1906, 219 u. 1908, 186). Ich halte ihn für den Zeus
Areios und werde bei Besprechung des Heraions in den Abschnitten VII und VIII
darauf zurückkommen, und F. Weege wird in Beigabe V eingehend über den
Zeus Areios sprechen.
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'Sind unsere Überlegungen im wesentlichen richtig, so muss der grosse Zeus-
Altar zugleich als Altar der Hera im 15. Jahrhundert errichtet worden sein und
zugleich mit ihm die Idäische Grotte als Geburtsstätte des Zeus-Kindes. Jedenfalls
scheinen die griechischen Götter von Kreta gekommen zu sein. Das beweisen,
abgesehen von der Überlieferung bei den Eleern und bei den Pisaten, auch die
nahen Beziehungen zwischen Olympia und Kreta, auf die ich schon wiederholt
hingewiesen habe, und die von allen Historikern der Gegenwart anerkannt werden.
Dass auch andere griechische Götter schon damals ihren Einzug in Olympia
gehalten haben, ist zwar wahrscheinlich, wird aber, soviel ich weiss, nicht über-
liefert und lässt sich auch nicht durch Ergebnisse der Grabungen beweisen.
Ernst Curtius hat angenommen (Olympia I, 17), dass damals auch der Kult des
Dionysos aus Kreta eingeführt worden sei. Doch scheinen mir seine Beweise
nicht zu genügen, um die Zeit seines ersten Kultes in Olympia und seine Her-
kunft zu bestimmen. Ausserdem gehört Dionysos nach meiner Ansicht nicht zu
den ursprünglich griechischen Göttern, sondern ist von den orientalischen Ein-
wanderern aus Süd-Arabien eingeführt worden, wo nach F. Hommel (Ethnol.
d. alten Orients, 1926, 720 f.) sein Heimatland ist.
Auch an einen sehr alten Kult der Artemis in Olympia ist gedacht worden,
zumal diese Göttin in der Altis selbst sechs Altäre und noch weitere in der Um-
gegend hatte (L. Weniger, Der Artemis-Dienst in Olympia, Neue Jahrb. 1907,
96—114); doch scheint ihr Kult nicht eigentlich achäisch zu sein. Er kann sowohl
alt-pelasgisch als auch minysch-orientalisch gewesen sein; vielleicht war er
beides.
Aus den letzten Jahrhunderten des II. Jahrtausends ist nur wenig über die
Kulte der griechischen Götter in Olympia überliefert. Doch glaube ich noch
auf eine Tatsache, die den Zeus betrifft, hinweisen zu müssen. Zu den Nach-
folgern des Klymenos oder Pisos als König von Pisa gehörten Oinomaos
und sein Schwiegersohn Pelops, die beide Achäer waren und daher griechische
Götter in Olympia verehrt haben müssen. Von Oinomaos wurde erzählt (Paus. V,
14, 6), dass er dem Zeus Areios jedesmal geopfert habe, bevor er den Wettkampf
mit den Freiern seiner Tochter begann. Das legt uns die Vermutung nahe, dass
es sich hier um den behelmten Zeus handelt, wie er im Hera-Tempel neben der
thronenden Hera nach Pausanias (V, 17, 1) als Kultbild gestanden hat. Mehrere
primitive Nachbildungen eines solchen Mannes, der äusser dem Helm auf seinem
Kopfe vielleicht in der Hand ein Doppelbeil trug, sind unter dem Heraion ge-
funden, aber von Furtwängler für Nachbildungen der Weihenden, nicht aber des
Gottes erklärt worden. Ich habe unter dem Heraion später eine bessere Bronze-
statuette eines Mannes mit Helm gefunden, der wohl Doppelbeil und Schild trug
(Beilage 17) (Ath. Mitt. 1906, 219 u. 1908, 186). Ich halte ihn für den Zeus
Areios und werde bei Besprechung des Heraions in den Abschnitten VII und VIII
darauf zurückkommen, und F. Weege wird in Beigabe V eingehend über den
Zeus Areios sprechen.