II. Abschnitt: Überlieferung über das älteste Olympia
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II. ABSCHNITT
DIE ÜBERLIEFERUNG ÜBER DAS ÄLTESTE OLYMPIA
Im I. Bande des grossen Olympia-Werkes (1897, 16—65) hat Ernst Curtius
den „Entwurf einer Geschichte von Olympia" veröffentlicht und darin die Ge-
schichte des Heiligtums so geschildert, wie er sie auf Grund der literarischen
Überlieferung und der Ergebnisse der Ausgrabungen wiederherstellen zu dürfen
glaubte. Wir Architekten, die wir die Bauwerke von Olympia erforscht und im
II. Bande desselben Werkes veröffentlicht haben, konnten der Auffassung von
Curtius über die Geschichte von Olympia im wesentlichen zustimmen, weil die
aufgedeckten Bauwerke sich mit der überlieferten Geschichte in Einklang bringen
liessen. Aber Adolf Furtwängler hat schon im Jahre 1879, wie ich im I. Ab-
schnitte bei den Darlegungen über den Zweck meiner neuen Ausgrabungen zeigte,
der Auffassung von Curtius über das hohe Alter von Olympia widersprochen und
die These aufgestellt, dass das olympische Heiligtum erst nach der Dorischen
Wanderung gegründet sein könne, weil bei den Ausgrabungen an Bronzen und
Tonwaren nichts gefunden sei, was sicher aus früherer Zeit stammen müsse. Er
hielt sich deshalb für berechtigt, alle literarischen Überlieferungen über ein vor-
dorisches oder gar vorgriechisches Olympia für wertlose Mythen und Sagen zu
erklären. Diese Ansicht hat er zuerst in seiner Arbeit über die Bronzen aus
Olympia (Abhandl. d. Berl. Akad. 1879) dargelegt und an ihr in allen seinen
späteren Veröffentlichungen, zuletzt noch kurz vor seinem Tode in dem gegen
mich gerichteten Vortrage in der Münchner Akademie (Sitzungsber. 1906, 467—84),
im wesentlichen festgehalten. Ernst Curtius hat sich jedoch nie von ihm über-
zeugen lassen. Und auch ich habe ihm persönlich und öffentlich stets wider-
sprochen und seine angebliche Widerlegung der Überlieferung niemals anerkannt.
Als ich dann nach Furtwänglers Tode die Ausgrabungen in Olympia fortsetzte und
die prähistorischen Häuser fand, die sicher mindestens bis zum Anfänge des
II. Jahrtausends hinaufreichen und daher allein schon Furtwänglers Lehre direkt
widerlegten, haben seine Anhänger und Schüler seine Lehre dadurch aufrecht
zu erhalten gesucht, dass sie diese Häuser für ein beliebiges Dorf erklärten, das
mit dem olympischen Heiligtum nichts zu tun habe. So zuerst Georg Karo in
seinem Bericht über die Grabungen von 1907 (Arch. Anz. 1908, 127), sodann
Ernst Buschor in seinem Aufsatze über Amyklai (Ath. Mitt. 1927, 13) und zuletzt
K. Lehmann-Hartleben in seiner Besprechung des Buches „Olympia" von E. Norman
Gardiner (Gnomon 1927, 386). Hierauf antworte ich im XII. Abschnitt dieses Buches.
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II. ABSCHNITT
DIE ÜBERLIEFERUNG ÜBER DAS ÄLTESTE OLYMPIA
Im I. Bande des grossen Olympia-Werkes (1897, 16—65) hat Ernst Curtius
den „Entwurf einer Geschichte von Olympia" veröffentlicht und darin die Ge-
schichte des Heiligtums so geschildert, wie er sie auf Grund der literarischen
Überlieferung und der Ergebnisse der Ausgrabungen wiederherstellen zu dürfen
glaubte. Wir Architekten, die wir die Bauwerke von Olympia erforscht und im
II. Bande desselben Werkes veröffentlicht haben, konnten der Auffassung von
Curtius über die Geschichte von Olympia im wesentlichen zustimmen, weil die
aufgedeckten Bauwerke sich mit der überlieferten Geschichte in Einklang bringen
liessen. Aber Adolf Furtwängler hat schon im Jahre 1879, wie ich im I. Ab-
schnitte bei den Darlegungen über den Zweck meiner neuen Ausgrabungen zeigte,
der Auffassung von Curtius über das hohe Alter von Olympia widersprochen und
die These aufgestellt, dass das olympische Heiligtum erst nach der Dorischen
Wanderung gegründet sein könne, weil bei den Ausgrabungen an Bronzen und
Tonwaren nichts gefunden sei, was sicher aus früherer Zeit stammen müsse. Er
hielt sich deshalb für berechtigt, alle literarischen Überlieferungen über ein vor-
dorisches oder gar vorgriechisches Olympia für wertlose Mythen und Sagen zu
erklären. Diese Ansicht hat er zuerst in seiner Arbeit über die Bronzen aus
Olympia (Abhandl. d. Berl. Akad. 1879) dargelegt und an ihr in allen seinen
späteren Veröffentlichungen, zuletzt noch kurz vor seinem Tode in dem gegen
mich gerichteten Vortrage in der Münchner Akademie (Sitzungsber. 1906, 467—84),
im wesentlichen festgehalten. Ernst Curtius hat sich jedoch nie von ihm über-
zeugen lassen. Und auch ich habe ihm persönlich und öffentlich stets wider-
sprochen und seine angebliche Widerlegung der Überlieferung niemals anerkannt.
Als ich dann nach Furtwänglers Tode die Ausgrabungen in Olympia fortsetzte und
die prähistorischen Häuser fand, die sicher mindestens bis zum Anfänge des
II. Jahrtausends hinaufreichen und daher allein schon Furtwänglers Lehre direkt
widerlegten, haben seine Anhänger und Schüler seine Lehre dadurch aufrecht
zu erhalten gesucht, dass sie diese Häuser für ein beliebiges Dorf erklärten, das
mit dem olympischen Heiligtum nichts zu tun habe. So zuerst Georg Karo in
seinem Bericht über die Grabungen von 1907 (Arch. Anz. 1908, 127), sodann
Ernst Buschor in seinem Aufsatze über Amyklai (Ath. Mitt. 1927, 13) und zuletzt
K. Lehmann-Hartleben in seiner Besprechung des Buches „Olympia" von E. Norman
Gardiner (Gnomon 1927, 386). Hierauf antworte ich im XII. Abschnitt dieses Buches.