Naturquelle am Kronion
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auf Tafel 6 links unten durch Punktierung angedeutet ist. Nur weitere sorgfältige
Nachforschungen unterhalb der Exedra können über die Richtigkeit dieser Ver-
mutung entscheiden. Vielleicht gab es unterhalb des erwähnten Stollens noch
eine andere Naturquelle, weil es nur so zu erklären ist, dass das Wasserwerk
des Herodes seine bevorzugte Lage im Herzen der Altis erhalten konnte.
Schliesslich sprechen für das Vorhandensein einer alten Wasserquelle einer-
seits die in der Nähe liegende Idäische Grotte, die ich im Abschnitt V behandle,
und andererseits einige Heiligtümer, die Pausanias (V, 14, 8) nach dem zu
dieser Grotte gehörigen Altar des Herakles anführt.
Nach diesem Altar des Herakles, den wir S. 38 als den des Idäischen Herakles
nachgewiesen haben, führt Pausanias (V, 14, 10) das Gaion mit mehreren
Heiligtümern und einem Erdspalt (oropov) an, die vermutlich in der Nähe lagen.
Die Heiligtümer waren der Ge oder Gaia, der Mutter Erde, und ferner der Themis,
der Beschützerin von Gesetz und Sitte, geweiht. Wir glauben das Gaion in
dem Hügel erkennen zu dürfen, der einen Ausläufer des Kronions nach Südwest
bildet, und an dessen Fuss jene natürliche Quelle und die Idäische Grotte lagen.
Um die alte Quelle herum befanden sich also die ältesten, noch pelasgischen
Heiligtümer der Altis, zu denen später der Kult des Zeus und der Hera hinzu-
gekommen ist.
Sehr lehrreich für die Frage nach Naturquellen ist ein Vergleich mit Delphi,
wo ebenfalls über einer grossen Wasserader mit Quelle nicht nur der grosse
Apollon-Tempel, sondern auch ein Heiligtum der Ge und der Fels der Sibylle
sich befanden und auch seit alten Zeiten Orakel erteilt wurden. Nach Hitzig-
Blümner (Pausanias III, 639) gehörte die delphische Orakelstätte ursprünglich
ebenfalls der Ge und ihrer Tochter Themis. Der spätere Kanal für das Quell-
wasser in Delphi ist unter dem Apollon-Tempel noch jetzt sichtbar, und südlich
von diesem führt ein treppenartiger Zugang zum Wasser hinab. In Olympia ist
vom alten Brunnenhause zwar nichts mehr zu sehen, doch können die, wie
schon erwähnt, unter der Exedra erhaltenen Brunnenreste sehr wohl zu dem
alten Brunnenhause gehören.
Ich hatte gehofft, dass bei Anlage der neuen Fahrstrasse zwischen Gaion und
Kronion noch Reste einer alten Wasserleitung oder eines Stollens zum Vorschein
kommen würden. Das ist aber nicht der Fall gewesen. Es ist nur im Durch-
schnitt ein langer Spalt im festen Lehmboden zu Tage getreten, der einst Wasser
geführt haben kann.
Nach diesen Darlegungen über die alte Naturquelle können wir an ihrem ehe-
maligen Vorhandensein nicht mehr zweifeln und dürfen sogar in ihr den Mittel-
punkt des ältesten pelasgischen Kultes erkennen, welcher der Mutter Erde und
ihrem Gatten Kronos gegolten hat, und zu dem auch die im III. Abschnitt be-
sprochenen uralten Apsidenhäuser als Verwaltungsgebäude und Priesterwohnungen
gehörten.
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auf Tafel 6 links unten durch Punktierung angedeutet ist. Nur weitere sorgfältige
Nachforschungen unterhalb der Exedra können über die Richtigkeit dieser Ver-
mutung entscheiden. Vielleicht gab es unterhalb des erwähnten Stollens noch
eine andere Naturquelle, weil es nur so zu erklären ist, dass das Wasserwerk
des Herodes seine bevorzugte Lage im Herzen der Altis erhalten konnte.
Schliesslich sprechen für das Vorhandensein einer alten Wasserquelle einer-
seits die in der Nähe liegende Idäische Grotte, die ich im Abschnitt V behandle,
und andererseits einige Heiligtümer, die Pausanias (V, 14, 8) nach dem zu
dieser Grotte gehörigen Altar des Herakles anführt.
Nach diesem Altar des Herakles, den wir S. 38 als den des Idäischen Herakles
nachgewiesen haben, führt Pausanias (V, 14, 10) das Gaion mit mehreren
Heiligtümern und einem Erdspalt (oropov) an, die vermutlich in der Nähe lagen.
Die Heiligtümer waren der Ge oder Gaia, der Mutter Erde, und ferner der Themis,
der Beschützerin von Gesetz und Sitte, geweiht. Wir glauben das Gaion in
dem Hügel erkennen zu dürfen, der einen Ausläufer des Kronions nach Südwest
bildet, und an dessen Fuss jene natürliche Quelle und die Idäische Grotte lagen.
Um die alte Quelle herum befanden sich also die ältesten, noch pelasgischen
Heiligtümer der Altis, zu denen später der Kult des Zeus und der Hera hinzu-
gekommen ist.
Sehr lehrreich für die Frage nach Naturquellen ist ein Vergleich mit Delphi,
wo ebenfalls über einer grossen Wasserader mit Quelle nicht nur der grosse
Apollon-Tempel, sondern auch ein Heiligtum der Ge und der Fels der Sibylle
sich befanden und auch seit alten Zeiten Orakel erteilt wurden. Nach Hitzig-
Blümner (Pausanias III, 639) gehörte die delphische Orakelstätte ursprünglich
ebenfalls der Ge und ihrer Tochter Themis. Der spätere Kanal für das Quell-
wasser in Delphi ist unter dem Apollon-Tempel noch jetzt sichtbar, und südlich
von diesem führt ein treppenartiger Zugang zum Wasser hinab. In Olympia ist
vom alten Brunnenhause zwar nichts mehr zu sehen, doch können die, wie
schon erwähnt, unter der Exedra erhaltenen Brunnenreste sehr wohl zu dem
alten Brunnenhause gehören.
Ich hatte gehofft, dass bei Anlage der neuen Fahrstrasse zwischen Gaion und
Kronion noch Reste einer alten Wasserleitung oder eines Stollens zum Vorschein
kommen würden. Das ist aber nicht der Fall gewesen. Es ist nur im Durch-
schnitt ein langer Spalt im festen Lehmboden zu Tage getreten, der einst Wasser
geführt haben kann.
Nach diesen Darlegungen über die alte Naturquelle können wir an ihrem ehe-
maligen Vorhandensein nicht mehr zweifeln und dürfen sogar in ihr den Mittel-
punkt des ältesten pelasgischen Kultes erkennen, welcher der Mutter Erde und
ihrem Gatten Kronos gegolten hat, und zu dem auch die im III. Abschnitt be-
sprochenen uralten Apsidenhäuser als Verwaltungsgebäude und Priesterwohnungen
gehörten.