C. Die Perioden der ältesten griechischen Kunst
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Damals soll ferner nicht, wie Pausanias überliefert hat, der Hera-Tempel gebaut
worden sein, sondern ein tempelloses Heiligtum; der Tempel selbst soll dagegen
erst um mehrere Jahrhunderte später errichtet sein. Alle Angaben des Pausanias
und vieler anderer Schriftsteller über ein sehr viel älteres Heiligtum und über
vordorische Spiele sollen erfunden sein. Die in meinen neuen Ausgrabungen ge-
fundenen Ton- und Bronze-Gegenstände des II. Jahrtausends, von denen Furt-
wängler zwar einzelnes gekannt, aber falsch datiert hat, werden von Buschor
und anderen einem vorhistorischen Dorfe, keinem Heiligtum zugeschrieben. Dass
in Olympia kein solches Dorf bestanden hat, sondern das Heiligtum mit einigen
Verwaltungs- und Wohnhäusern bis in die älteste Zeit hinaufreicht, habe ich
oben (S. 97 ff.) bewiesen.
In anderen Abschnitten dieses Buches werden die oben angeführten, von
Furtwängler und Buschor unterschiedenen Perioden und ihre Zeitbestimmung als
unrichtig nachgewiesen. Zum Vergleich mit der obigen Tabelle möge hier zum
Schluss noch eine kurze Zusammenstellung der hauptsächlichsten
älteren Perioden von Olympia folgen, wie ich selbst sie nach 55jährigem
Studium annehme:
1. Periode: Primitive und geometrische Bronzen und Terrakotten. Ein-
farbige und bemalte geometrische Topfware verschiedener Art. Zeit: Ende des
III. Jahrtausends bis 1600. (Aus dieser Periode stammen äusser dem Heiligtum
von Olympia auch die Heiligtümer von Amyklai und Samos.)
2. Periode: Neben die einfachen und geometrischen Gegenstände, die nicht ver-
schwinden, tritt als etwas Neues die aus dem Orient kommende alt-phöni-
kische oder mykenische Kunst. Nach Griechenland war sie zuerst durch
Einwanderung phönikisch-arabischer Stämme und dann durch Import von Sidon
gekommen, nach Olympia nur vereinzelt. Zeit: 1600—1100.
3. Periode: Die alte geometrische Keramik, die neben der mykenischen Kunst
an mehreren Orten geblieben war, wird erst durch die von Tyros verbreitete
jung-phönikische oder korinthische Kunst allmählich verdrängt und
zur altgriechischen oder archaischen Kunst umgestaltet. Zeit: 1100—600.
Nachdem hiermit die Lehre Furtwänglers in ihrer Entstehung geschildert und
dadurch widerlegt ist, dass ich ihre wesentlichen Voraussetzungen als unhaltbar
nachgewiesen habe, ist die Bahn frei für eine neue allgemeine Untersuchung
über die Entstehung und Entwicklung der griechischen Kunst.
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Damals soll ferner nicht, wie Pausanias überliefert hat, der Hera-Tempel gebaut
worden sein, sondern ein tempelloses Heiligtum; der Tempel selbst soll dagegen
erst um mehrere Jahrhunderte später errichtet sein. Alle Angaben des Pausanias
und vieler anderer Schriftsteller über ein sehr viel älteres Heiligtum und über
vordorische Spiele sollen erfunden sein. Die in meinen neuen Ausgrabungen ge-
fundenen Ton- und Bronze-Gegenstände des II. Jahrtausends, von denen Furt-
wängler zwar einzelnes gekannt, aber falsch datiert hat, werden von Buschor
und anderen einem vorhistorischen Dorfe, keinem Heiligtum zugeschrieben. Dass
in Olympia kein solches Dorf bestanden hat, sondern das Heiligtum mit einigen
Verwaltungs- und Wohnhäusern bis in die älteste Zeit hinaufreicht, habe ich
oben (S. 97 ff.) bewiesen.
In anderen Abschnitten dieses Buches werden die oben angeführten, von
Furtwängler und Buschor unterschiedenen Perioden und ihre Zeitbestimmung als
unrichtig nachgewiesen. Zum Vergleich mit der obigen Tabelle möge hier zum
Schluss noch eine kurze Zusammenstellung der hauptsächlichsten
älteren Perioden von Olympia folgen, wie ich selbst sie nach 55jährigem
Studium annehme:
1. Periode: Primitive und geometrische Bronzen und Terrakotten. Ein-
farbige und bemalte geometrische Topfware verschiedener Art. Zeit: Ende des
III. Jahrtausends bis 1600. (Aus dieser Periode stammen äusser dem Heiligtum
von Olympia auch die Heiligtümer von Amyklai und Samos.)
2. Periode: Neben die einfachen und geometrischen Gegenstände, die nicht ver-
schwinden, tritt als etwas Neues die aus dem Orient kommende alt-phöni-
kische oder mykenische Kunst. Nach Griechenland war sie zuerst durch
Einwanderung phönikisch-arabischer Stämme und dann durch Import von Sidon
gekommen, nach Olympia nur vereinzelt. Zeit: 1600—1100.
3. Periode: Die alte geometrische Keramik, die neben der mykenischen Kunst
an mehreren Orten geblieben war, wird erst durch die von Tyros verbreitete
jung-phönikische oder korinthische Kunst allmählich verdrängt und
zur altgriechischen oder archaischen Kunst umgestaltet. Zeit: 1100—600.
Nachdem hiermit die Lehre Furtwänglers in ihrer Entstehung geschildert und
dadurch widerlegt ist, dass ich ihre wesentlichen Voraussetzungen als unhaltbar
nachgewiesen habe, ist die Bahn frei für eine neue allgemeine Untersuchung
über die Entstehung und Entwicklung der griechischen Kunst.
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