EINLEITUNG
Wilhelm Dörpfeld hat über das Erechtheion zum letztenmal ausführlicher in seiner Besprechung
des großen und für den Baubefund abschließenden Werkes der Amerikanischen Schule von
Athen „The Erechtheum" von G. Th. Stevens, L. D. Caskey, H. N. Fowler, J. M. Paton,
G. Ph. Stevens; Cambridge 1927 (weiterhin zitiert als „Erechtheion-Werk" oder „EW"), im
Jahre 1928 in der Philologischen Wochenschrift 1928, Nr. 35, Sp. 1062 bis 1075 seine Gedanken
sowohl über den bestehenden Bau als auch über den ursprünglichen Bauplan veröffentlicht.
Bis zum Erscheinen des amerikanischen Werkes hat er seine lang gehegte und mehrmals aus-
gesprochene Absicht, eine ausführliche Arbeit über die Probleme desErechtheions zu schreiben,
zurückgestellt. Seine zum ersten Male in den A.M. 1904, S. lOlff. mitgeteilte Meinung über
den ursprünglichen Plan des Erechtheions hat seither vielfach Erwähnung, Widerspruch und
Zustimmung gefunden. Auf alle dabei aufgetauchten Fragen und Einwände wollte er in seinem
Buche ausführlicher eingehen. Manches davon wurde nunmehr durch das amerikanische Werk
bereits geklärt, andere, insbesondere technische Einzelheiten sind durch die sehr ausführliche
und gründliche Arbeit der amerikanischen Gelehrten als Anlaß zu neuen Streitfragen dazu-
gekommen. Von solchen neuen Problemen hat Wilhelm Dörpfeld in der erwähnten Be-
sprechung insbesondere den Türpfeiler (EW. 161, Fig. 102) bereits genannt. Direkt im An-
schluß an das neu erschienene amerikanische Werk hat er unter Aufgabe eines bereits ange-
fangenen und nun überholten Manuskriptes zunächst einen ersten Absatz für sein Buch über
die Deutung einiger wichtiger Stellen in den Bauinschriften abgefaßt, angeregt durch die
ausführliche Bearbeitung und Ubersetzung der Inschriften im Erechtheion-Werk. Andere
Arbeiten zwangen ihn dann, das angefangene Manuskript wieder liegenzulassen, obwohl er
noch oftmals darüber sprach und insbesondere die inzwischen von mir angefertigten ersten
Zeichnungen für sein Buch eingehend nicht nur mit mir besprochen hat, sondern sie auch
seinen amerikanischen Freunden Stevens und Hill vorgelegt hat, die ihm für die Weiterarbeit
wertvolle Hinweise gaben, wofür ihnen hiermit nochmals herzlich gedankt sei. Es ist nicht
nötig zu betonen, daß ich grundsätzlich und auch in fast allen technischen Einzelheiten mit
Wilhelm Dörpfelds Forschungsergebnissen am Erechtheion übereinstimme. Das Augenleiden,
das ihn in den letzten Lebensjahren behinderte, hat ihm das genaue Studium der Einzelheiten
sowohl an den Zeichnungen des Erechtheion-Werkes wie am Bau selbst unmöglich gemacht.
Da er jedoch mit allen wichtigen Einzelheiten des Baues seit Jahrzehnten vertraut war, war
es ihm möglich, die Weiterarbeit, die nach Erscheinen des amerikanischen Werkes wieder
aufgenommen wurde, mit seinem Rat und seinem Urteil bestimmend zu beeinflussen, so daß
die Arbeit heute mit vollem Recht unter seinem Namen erscheinen kann, obwohl er außer
dem erwähnten Abschnitt über die Inschriften keine druckreife Zeile mehr selbst geschrieben,
keine Zeichnung mehr endgültig fertig gesehen und sich mit den technischen Fragen, die
nicht unmittelbar zum Problem des ursprünglichen Plans gehören, nicht mehr beschäftigt hat.
An den Anfang der Untersuchung sei daher nochmals eine kurze Gesamtübersicht über die
Forschungsergebnisse Wilhelm Dörpfelds am Erechtheion gestellt, dem dann der von ihm
selbst noch geschriebene Abschnitt über die Bauinschriften folgen soll, bevor die eingehende
Auseinandersetzung mit den Beweisstücken beginnen kann.
Berlin-Athen 1942 Hans Schleif
11
Wilhelm Dörpfeld hat über das Erechtheion zum letztenmal ausführlicher in seiner Besprechung
des großen und für den Baubefund abschließenden Werkes der Amerikanischen Schule von
Athen „The Erechtheum" von G. Th. Stevens, L. D. Caskey, H. N. Fowler, J. M. Paton,
G. Ph. Stevens; Cambridge 1927 (weiterhin zitiert als „Erechtheion-Werk" oder „EW"), im
Jahre 1928 in der Philologischen Wochenschrift 1928, Nr. 35, Sp. 1062 bis 1075 seine Gedanken
sowohl über den bestehenden Bau als auch über den ursprünglichen Bauplan veröffentlicht.
Bis zum Erscheinen des amerikanischen Werkes hat er seine lang gehegte und mehrmals aus-
gesprochene Absicht, eine ausführliche Arbeit über die Probleme desErechtheions zu schreiben,
zurückgestellt. Seine zum ersten Male in den A.M. 1904, S. lOlff. mitgeteilte Meinung über
den ursprünglichen Plan des Erechtheions hat seither vielfach Erwähnung, Widerspruch und
Zustimmung gefunden. Auf alle dabei aufgetauchten Fragen und Einwände wollte er in seinem
Buche ausführlicher eingehen. Manches davon wurde nunmehr durch das amerikanische Werk
bereits geklärt, andere, insbesondere technische Einzelheiten sind durch die sehr ausführliche
und gründliche Arbeit der amerikanischen Gelehrten als Anlaß zu neuen Streitfragen dazu-
gekommen. Von solchen neuen Problemen hat Wilhelm Dörpfeld in der erwähnten Be-
sprechung insbesondere den Türpfeiler (EW. 161, Fig. 102) bereits genannt. Direkt im An-
schluß an das neu erschienene amerikanische Werk hat er unter Aufgabe eines bereits ange-
fangenen und nun überholten Manuskriptes zunächst einen ersten Absatz für sein Buch über
die Deutung einiger wichtiger Stellen in den Bauinschriften abgefaßt, angeregt durch die
ausführliche Bearbeitung und Ubersetzung der Inschriften im Erechtheion-Werk. Andere
Arbeiten zwangen ihn dann, das angefangene Manuskript wieder liegenzulassen, obwohl er
noch oftmals darüber sprach und insbesondere die inzwischen von mir angefertigten ersten
Zeichnungen für sein Buch eingehend nicht nur mit mir besprochen hat, sondern sie auch
seinen amerikanischen Freunden Stevens und Hill vorgelegt hat, die ihm für die Weiterarbeit
wertvolle Hinweise gaben, wofür ihnen hiermit nochmals herzlich gedankt sei. Es ist nicht
nötig zu betonen, daß ich grundsätzlich und auch in fast allen technischen Einzelheiten mit
Wilhelm Dörpfelds Forschungsergebnissen am Erechtheion übereinstimme. Das Augenleiden,
das ihn in den letzten Lebensjahren behinderte, hat ihm das genaue Studium der Einzelheiten
sowohl an den Zeichnungen des Erechtheion-Werkes wie am Bau selbst unmöglich gemacht.
Da er jedoch mit allen wichtigen Einzelheiten des Baues seit Jahrzehnten vertraut war, war
es ihm möglich, die Weiterarbeit, die nach Erscheinen des amerikanischen Werkes wieder
aufgenommen wurde, mit seinem Rat und seinem Urteil bestimmend zu beeinflussen, so daß
die Arbeit heute mit vollem Recht unter seinem Namen erscheinen kann, obwohl er außer
dem erwähnten Abschnitt über die Inschriften keine druckreife Zeile mehr selbst geschrieben,
keine Zeichnung mehr endgültig fertig gesehen und sich mit den technischen Fragen, die
nicht unmittelbar zum Problem des ursprünglichen Plans gehören, nicht mehr beschäftigt hat.
An den Anfang der Untersuchung sei daher nochmals eine kurze Gesamtübersicht über die
Forschungsergebnisse Wilhelm Dörpfelds am Erechtheion gestellt, dem dann der von ihm
selbst noch geschriebene Abschnitt über die Bauinschriften folgen soll, bevor die eingehende
Auseinandersetzung mit den Beweisstücken beginnen kann.
Berlin-Athen 1942 Hans Schleif
11