Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IX.

STEINERNE UND HÖLZERNE DECKEN
DES ERECHTHEIONS

Nach der eingehenden Beschäftigung mit der Platten decke über dem „Salzmeer" des Ere-
chtheus, mit der steinernen Kassettendecke über der „Parastas" und mit der Holzdecke
hinter dem Westgiebel verdienen auch die vier anderen Decken des Erechtheions eine nähere
Betrachtung. Am besten ist die Marmordecke über der Korenhalle erhalten (Taf. 28e).

Korenhalle

Entsprechend der Kleinheit des Raumes kommt sie ohne untergezogene Deckenbalken aus und
besteht nur aus vier Marmorplatten, die auf den Architraven bzw. auf der Rückwand auf-
liegen und in denen die Kassetten eingearbeitet sind. Die Konstruktion ist der Plattendecke
über dem „Salzmeer" zu vergleichen. Da über ihr kein schützender Dachstuhl wie bei den
steinernen Decken der Nord- und der Osthalle errichtet wurde, mußte ihre Oberfläche so ge-
staltet werden, daß sie den Einflüssen der Witterung möglichst wenig Angriffsfläche bot.
Deshalb war sie oben in einheitlicher Fläche geglättet und zwecks schnellen Regenablaufs
nach den drei Außenseiten leicht abgewalmt. Da die Kassettendecke über der „Parastas"
dieselbe Bedingung zu erfüllen hatte, ist diese Abschrägung wichtig für die Deutung der Bau-
inschrift S. 16, weil damit zugleich erwiesen ist, daß auch die steinerne Decke der „Parastas"
ursprünglich direkt unter freiem Himmel liegen sollte. Es war offenbar Absicht, daß beide
Hallen, sowohl die Korenhalle außen wie die „Parastas" innen, für den Beschauer, der sie an
große, glatte Mauerflächen angebaut sah, flach gedeckt erscheinen sollten, vielleicht weil man
den unruhigen Eindruck eines geneigten, kleingliedrigen Ziegeldaches als Störung der über-
geordneten horizontalen und vertikalen Umrahmung empfand (s. Taf. 15 und 16). Daß die
Beschneidung des ursprünglichen Planes auch für die Decke der Korenhalle ein Hindernis
bildete, ist EW. S. 168 erklärt. Durch die Verkürzung der Südfront der Korenhalle, die als
zwangsläufige Folge aus der Verschiebung der Erechtheion-Westmauer nach Osten nötig
wurde, sei es nicht mehr möglich gewesen, die Kassetten quadratisch zu schneiden. Die daraus
abgeleitete Berechnung, die Korenhalle sei ursprünglich nur einen Fuß breiter und insgesamt
einen Fuß weiter westlich geplant gewesen, beruht auf einer falschen Vermutung über die
symmetrische Ergänzung der „Parastas" und führt außerdem auch nicht zu dem angegebenen
Resultat, denn bei genauem Nachrechnen ergibt sich, daß dann die Kassetten 431:425 mm
groß würden, also auch nicht genau quadratisch. Nach dem ursprünglichen Plan wäre die
Korenhalle 3 Fuß breiter geworden, damit hätte sich das Lichtmaß der Decke von jetzt
4,556 m auf 5,540 m verlängert bei gleichbleibender lichter Tiefe von 3,03 m. Auch dieses
größere Maß läßt sich nicht in quadratische Kassetten aufteilen, vorausgesetzt, daß auch
ursprünglich so, wie dann ausgeführt, 5 ostwestliche Reihen von Kassetten geplant waren.
Es ergeben sich dann entweder 9 Kassetten von 431:451 in jeder Reihe, oder — wegen der
Fugenteilung der Platten — besser 10 Kassetten von 431:390. Das ursprünglich geplante
Deckenfeld läßt sich am besten, wie in Abb. 14 gezeichnet, in 6 Reihen von je 11 Kassetten
aufteilen, die je etwa 36 cm im Quadrat messen würden. Bei gleichen Abständen zwischen
den vier Karyatiden der Südfront (s. unten S. 86) lägen die Mittelpunkte der beiden mittleren
genau in der Flucht der Mittelachse der 4. bzw. 8. nordsüdlichen Kassettenreihe, wodurch die

72
 
Annotationen