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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,1): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1877

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Eisenmann, Oskar: Lucas Cranach: geb. zu Kronach in Franken 1472, gest. in Weimar 1553
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https://doi.org/10.11588/diglit.33504#0295

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SEINE LEBENS- UND FAMILIENVERHÄLTNISSE.

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einem Städtchen in der bischöfhchen Diöcese Bamberg. Geboren i. J. 1472
genoss er den erden Unterricht in der Kund bei seinem Vater, von dem dch
freilich bis jetzt keine Werke nachweisen laden, wie denn überhaupt unterem
Ktindler eine geschlossene Schule nicht voraufgeht. Diese im Vergleich zu
den beiden oben genannten Malern für ihn so ungündige Stellung darf man
hervorzuheben nicht vergessen, ohne ungerecht gegen ihn zu sein. Cranach, den
man zur Unterscheidung von seinem Sohne Lucas, der ebenfalls Maler war, den
Aelteren nennt, tritt kurz nach 1500 als fertiger Meider auf, ohne dass man
seine Lehr- und Wanderjahre verfolgen könnte. Auch wird man fortan von
einer Entwicklung bei ihm in höherem Sinne nicht sprechen können, denn, ob-
gleich er in den dreissiger und vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts am meiden
producirt zu haben scheint, id er dch doch qualitativ durch die mehr als $0 Jahre
seiner Thätigkeit in Vorzügen und Schwächen ziemlich gleich geblieben. Ueber
Cranach's Aufenthalt vor dem Jahr 1504 id nur die Vermuthung erlaubt, er
habe eine Zeit lang in Gotha gelebt. Hier fand er nämlich seine Lebensgefährtin,
Barbara Brengbier, und besass später, vermuthlich aus dem Erbe seines
Schwiegervaters, ein Haus. Ob ihm seine Frau ein bedeutendes Vermögen
zugebracht, ob er es selbd besessen oder erd mit der Zeit durch seine Kund
und glücklichen Erwerbsdnn zusammengebracht, lässtdch heute schwerentscheiden.
Gleichviel, er muss recht wohlhabend gewesen sein, denn Schuchardt (L. Cranach
des Aelteren Leben und Werke, Leipzig 1851, I. Theil) rechnet aus, dass er nach
heutigem Geldwerthe zwischen 150,000 und 200,000 Gulden besessen habe.
Sein eheliches Verhältnis scheint ein sehr glückliches gewesen zu sein,
obwohl, wie bei den meiden berühmten Malern, auch bei ihm allerlei Anekdoten
in Umlauf gesetzt wurden, die gern daran rütteln möchten. So soll die gute
Frau Barbara äusserer Reize dch wenig erfreut haben und desshab sehr
eifersüchtig gewesen sein. Cranach habe aus erderer Ursache es nie seinem
ädhetischen Gewissen abgewinnen können, die Gattin abzuconterfeien. Dies
behauptete man, weil (doch wohl nur zufällig?) bis heute kein Bildniss derselben
nachgewiesen id. Nur ein einziges Mal soll er de auf ihr ausdrückliches
Verlangen in eines seiner Bilder aulgenommen haben, aber — von hinten.
Ein anderes Hidörchen dagegen will wissen, dass alle die weiblichen, zumal
unbekleideten Einzeldguren des Meiders, die Dianen, Nymphen, die Bilder der
Venus, Eva etc. nach seiner Frau genommen seien, die ihm dabei aus Vor-
dcht selbd Modell gesessen. Daraus wäre dann aber zu folgern, dass de
doch nicht ganz unmalerisch gewesen sein könne, da jene Göttinnen und
Halbgöttinnen zwar gewöhnlich etwas mager und ungeschickt in der Haltung,
dagegen in ihren Köpfchen meid zierlich und nett dch zeigen. Indess, wie
gesagt, diese Erzählungen dnd anekdotisch. Aus dcherer zeitgenösdscher
Quelle wissen wir von der Frau nur, dass de grossen Lobes werth war und ihr
Mann alle Ursache gehabt haben muss, über ihren Verlud niedergeschlagen zu
sein. Des Johann Richius Trodgedicht vom Jahr 1541, welches er an den Verwitt-
weten richtete, schildert de, wenn auch mit einem übertriebenen Aufwand an
gelehrten Vergleichen und rhetorisch ausgebauschten Phrasen , wie de jener
Zeit eigen, doch so eindringlich und warm, dass wir ihm den Glauben nicht
 
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