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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Dohme, Robert: Karl Friedrich Schinkel: geb. in Neu-Ruppin d. 13. März 1871, gest. in Berlin d. 9. October 1841
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0014
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KARL FRIEDRICH SCHINKEL.

grofsen italienifchen Meiber und die malerifche Behandlung der Bauformen, wie
he feit Michelangelo dort zur Herrfchaft gelangt war, zeigt und fo in bemerkens-
werthen Gegenfatz zu der Umgebung tritt, für die es beflimmt ih, findet fich
in der Kund Schinkels etwas von jenem kühlen und verbandesmäfsigen Zug,
der in dem nüchternen märkifchen Volkscharakter fein Spiegelbild hat.
Schlüters Richtung hielt hch, wie wir dies in feiner Biographie gefehen, nach
feinem Abgänge von Berlin (1713) nur noch in einem feiner Schüler, Martin
Heinrich Böhme, aufrecht. Mit deffen Tode, 172$, erlifcht he ganz. Unter König
Friedrich Wilhelm I. entliehen wohl ein paar Adelshotels in reicheren italienih-
renden Barockformen, fo zunächb das SchulenburgTche, welches Richter i.J. 1734
nach Plänen, die aus Italien verfchrieben worden waren, errichtete. Später kam
das Gebäude in den Behtz der Familie Radziwill, heut ih es zum Palais des Reichs-
kanzlers umgebaut worden. Aus der gleichen Zeit hammen ferner das Gräflich
SchwerinTche Palais von Wiefend, heute Miniherium des K. Haufes, und ein Bau
der franzöhfchen Richtung: das Hotel Vernezobre, 173$ nach Plänen eines Parifer
Architekten errichtet, heute Palais Sr. K. Hoheit des Prinzen Albrecht. Sonh
aber bewegt hch die haatliche und bürgerliche Architektur Berlins in jener Zeit
durchaus in den knappen Formen der aus Holland überkommenen Richtung.
Zu allgemeiner Verbreitung kommt die franzöhfche Kunh, das Rococo, in
Berlin erh unter Friedrich dem Grofsen. In den erhen fünfzehn Jahren feiner
Regierung entbanden jene treulichen Arbeiten G. W. von Knobelsdorff's, welche
in unteren Tagen beginnen, die Aufmerkfamkeit auch der Kunhfreunde in Frank-
reich wieder auf hch zu lenken. Decorationen wie die des Speifelaales im Stadt-
fchloffe zu Potsdam, deffen die Wände deckenden Bronzeornamente wahrfchein-
lich W. Nahl modellirt hat, des Schlafzimmers ebenda oder einzelner Theile von
Monbijou gehören zu dem Beben, was das Rococo überhaupt hervorgebracht.
Mit Knobelsdorh's Tod, 1753, geht die unter ihm in Bildung begriffene, bebimmt
ausgeprägte Richtung verloren; dafür kommt aus Mangel an einer in hch gefebig-
ten, den Anderen imponirenden Künblerindividualität ein planlofer Eklekti-
cismus zur Herrfchaft. Beweis dafür find der Palab des Prinzen Heinrich
(Univerhtät) 1734—64 von Bouman und die Bibliothek von Unger (feit 1775),
letztere die verkleinerte Reproduction des nur in feinen Anfängen zur Aus-
führung gelangten Entwurfes Fifchers v. Erlach zur Wiener Hofburg; endlich das
Neue Palais bei Potsdam von Büring.
Mit dem Beginn jener Gefchmacksrichtung, die wir als »Zopf«, die Franzofen
gefchmackvoller als oStil Ludwigs XVI.« bezeichnen, zeigen hch wieder Anfätze
zu einem erneuten Auffchwung der Berliner Architektur: es entbanden damals
u. A. der innere Ausbau der Bildergalerie zu Sansfouci, einer der fchönben Säle
der Welt, nach dem Ausfpruche Denon's, von Unger, die beiden Thürme auf
dem Gensd'armenmarkt in Berlin von Gontard, die Communs beim Neuen Palais
von demfelben und das Marmorpalais im Neuen Garten bei Potsdam von Erd-
mannsdorf, fämmtlich Bauten, welche der in Frankreich zuerb ausgebildeten
clafkcibifchenStrömung folgen. Trotz alles fcheinbaren und von ihm beabheh-
tigten Gegenfatzes zum Rococo beruht diefer Stil doch im Wefentlichen auf den-
felben Grundprincipien liebevoller und zierlicher Durchbildung eines möglichb
 
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