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ANTONIO CANOVA.
wenden begann, von Vielen noch mit enthuhabifchem Beifall begrüfst. Aber
gerade in diefen Werken erfchien er manierirter, denn je, in den Mufen un-
erquicklich fentimental, und von echter Grazie niemals weiter entfernt, als in
jener Graziengruppe, die zu den unerfreulichften Werken des Künfllers gehört.
Die Gehalt der mittleren Grazie hat in der Haltung und in dem lächelnden Aus-
druck etwas befonders Affektirtes, die Kompofition der in einen Halbkreis nahe
zufammen gerückten Figuren gewährt unter keinem Gefichtspunkte den Anblick
frei und fchön entwickelter Linien. Die Gruppe Mars und Venus (181/), in
welcher er eine höchfte Verkörperung feines männlichen und weiblichen Ideals
erhrebte, heht gegen manches feiner früheren Werke zurück.
Die Reliefkompohtionen Canova's, deren einige zu diefer Zeit, die meihen
früher entbanden, find verhältnifsmäfsig gering an Zahl und fah fämmtlich Lei-
bungen von geringer Bedeutung. Keineswegs tritt in ihnen, wie man bei Canova
vermuthen könnte, eine Neigung zum Malerifchen hörend hervor; he haben gar
Nichts, was gegen die Regel verbotst; der Hauptfehler diefer meib ganz hach
gehaltenen und aus wenigen Figuren behehenden Reliefs liegt vielmehr in einem
höchb auffälligen Mangel an Erfindungskraft, an Fähigkeit zur Gebaltung be-
wegter Figurenkompohtionen und zu lebendiger Charakterihik. — Wie hark die
malerifche Neigung gleichwohl bei ihm herrfchend war, beweib, dafs er den
Meifsel zuweilen mit dem Pinfel vertaufchte. Seinen Gemälden, in denen er mehr-
mals Venus, Amor und die Grazien darbellte, hat man ein lebendiges, an Muhern
der venezianifchen Malerei gebildetes Farbengefühl nachgerühmt. Ein grofses
Altarbild "die Kreuzabnahme« malte er für die hattliche Kirche, die er während
der letzten Jahre feines Lebens in Pohagno auf feine Koben in der Form des
Pantheon erbauen liefs. — Als Bildhauer hatte er hch chrihlichen Gegenbänden,
wenn man von den kirchlichen Grabmälern und der Statue einer bülsenden
Magdalena, einer frühen Arbeit des Künblers, abheht, fab gänzlich fern gehalten.
Auf Quatremeres Anregung entwarf er in den letzten Jahren die plabifchc Gruppe
einer Kreuzabnahme, die bei feinem Tode nur erb im Modell vollendet war.
Als nach den Befchlüffen des zweiten Parifer Friedens die von Napoleon ge-
raubten Kunbwerke reclamirt werden konnten, reibe Canova (1815) im Aufträge
des Papbes nach Paris, um die von Rom entführten zurückzufordern. Er hatte den
Auftrag mit Begeiberung übernommen und führte ihn mit Umhcht und trotz
mannigfacher Schwierigkeiten glücklich durch. Von Paris aus ging er auf kurze
Zeit nach London, um die Parthenonfkulpturen, die Lord Eigin kurze Zeit vor-
her dorthin gebracht hatte, kennen zu lernen.4) Dann begab er hch auf den Rück-
weg nach Rom, wo er mit dem Apoll von Belvedere und den übrigen aus dem
franzöhfchen Exil heimkehrenden Kunbwerken fab gleichzeitig eintraf. Seine
Rückkehr glich einem Triumphe; der Papb ernannte ihn zum Marchefe von
Ischia und liefs feinen Namen in das goldene Buch des Kapitols einzeichnen.
Während der folgenden Jahre hielt hch Canova öfters in Pohagno auf, um die
Ausführung jenes Kirchenbaues zu überwachen. Er war unvermählt geblie-
ben; von feinem grofsen Vermögen verwendete er einen beträchtlichen Theil
zu milden Stiftungen, zur Unterhützung von Hilfsbedürftigen. Alle, die ihm
perfönlich nahe traten, rühmten feine edle Gehnnung, feinen liebenswürdigen
ANTONIO CANOVA.
wenden begann, von Vielen noch mit enthuhabifchem Beifall begrüfst. Aber
gerade in diefen Werken erfchien er manierirter, denn je, in den Mufen un-
erquicklich fentimental, und von echter Grazie niemals weiter entfernt, als in
jener Graziengruppe, die zu den unerfreulichften Werken des Künfllers gehört.
Die Gehalt der mittleren Grazie hat in der Haltung und in dem lächelnden Aus-
druck etwas befonders Affektirtes, die Kompofition der in einen Halbkreis nahe
zufammen gerückten Figuren gewährt unter keinem Gefichtspunkte den Anblick
frei und fchön entwickelter Linien. Die Gruppe Mars und Venus (181/), in
welcher er eine höchfte Verkörperung feines männlichen und weiblichen Ideals
erhrebte, heht gegen manches feiner früheren Werke zurück.
Die Reliefkompohtionen Canova's, deren einige zu diefer Zeit, die meihen
früher entbanden, find verhältnifsmäfsig gering an Zahl und fah fämmtlich Lei-
bungen von geringer Bedeutung. Keineswegs tritt in ihnen, wie man bei Canova
vermuthen könnte, eine Neigung zum Malerifchen hörend hervor; he haben gar
Nichts, was gegen die Regel verbotst; der Hauptfehler diefer meib ganz hach
gehaltenen und aus wenigen Figuren behehenden Reliefs liegt vielmehr in einem
höchb auffälligen Mangel an Erfindungskraft, an Fähigkeit zur Gebaltung be-
wegter Figurenkompohtionen und zu lebendiger Charakterihik. — Wie hark die
malerifche Neigung gleichwohl bei ihm herrfchend war, beweib, dafs er den
Meifsel zuweilen mit dem Pinfel vertaufchte. Seinen Gemälden, in denen er mehr-
mals Venus, Amor und die Grazien darbellte, hat man ein lebendiges, an Muhern
der venezianifchen Malerei gebildetes Farbengefühl nachgerühmt. Ein grofses
Altarbild "die Kreuzabnahme« malte er für die hattliche Kirche, die er während
der letzten Jahre feines Lebens in Pohagno auf feine Koben in der Form des
Pantheon erbauen liefs. — Als Bildhauer hatte er hch chrihlichen Gegenbänden,
wenn man von den kirchlichen Grabmälern und der Statue einer bülsenden
Magdalena, einer frühen Arbeit des Künblers, abheht, fab gänzlich fern gehalten.
Auf Quatremeres Anregung entwarf er in den letzten Jahren die plabifchc Gruppe
einer Kreuzabnahme, die bei feinem Tode nur erb im Modell vollendet war.
Als nach den Befchlüffen des zweiten Parifer Friedens die von Napoleon ge-
raubten Kunbwerke reclamirt werden konnten, reibe Canova (1815) im Aufträge
des Papbes nach Paris, um die von Rom entführten zurückzufordern. Er hatte den
Auftrag mit Begeiberung übernommen und führte ihn mit Umhcht und trotz
mannigfacher Schwierigkeiten glücklich durch. Von Paris aus ging er auf kurze
Zeit nach London, um die Parthenonfkulpturen, die Lord Eigin kurze Zeit vor-
her dorthin gebracht hatte, kennen zu lernen.4) Dann begab er hch auf den Rück-
weg nach Rom, wo er mit dem Apoll von Belvedere und den übrigen aus dem
franzöhfchen Exil heimkehrenden Kunbwerken fab gleichzeitig eintraf. Seine
Rückkehr glich einem Triumphe; der Papb ernannte ihn zum Marchefe von
Ischia und liefs feinen Namen in das goldene Buch des Kapitols einzeichnen.
Während der folgenden Jahre hielt hch Canova öfters in Pohagno auf, um die
Ausführung jenes Kirchenbaues zu überwachen. Er war unvermählt geblie-
ben; von feinem grofsen Vermögen verwendete er einen beträchtlichen Theil
zu milden Stiftungen, zur Unterhützung von Hilfsbedürftigen. Alle, die ihm
perfönlich nahe traten, rühmten feine edle Gehnnung, feinen liebenswürdigen