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BERTEL THORWALDSEN.
fchuldigte Reh, dafs er nicht länger mit mir reden könnte, er würde das Ver-
gnügen haben, übermorgen mit mir zu reden, wenn ich bei ihm zu Mittag fpeifen
wolle; ich ging darauf zurück durch die grofse Allee [Villa Reale], wofelbR eine
Gruppe in Marmor Rand [der farneRfche Stier].« — ))Den 3. Februar afs ich
beim MiniRer und machte die Bekanntfchaft des ProfeRors Tifchbein, welcher
mich bat, morgen zu ihm zu kommen, er wolle mich dann herumführen.« —
uDen 4. Februar. Ich kam des Morgens und traf ihn nicht zu Haufe, aber einen
feiner Schüler, der ebenfalls deutfch fprach. Ich fah feine Gemälde und einige
Handzeichnungen, die recht gut waren. Er kam nach Haufe und bat einen, mich
in allen Studii herumzuführen. Ich kam zuerR in eine BildhauerwerkRatt, wo es
viel fchöne Figuren gab, von denen ich eine kopirte. Von da ging ich nach
einem andern Orte, wo eine grofse Anzahl Antiken, der grofse Herkules nebR
vielen andern waren. Es war fo kalt, dafs ich mich nicht lange aufhalten konnte,
aber morgen nehme ich meinen Mantel mit. Wenn Alles aufgeRellt fein wird,
dann wird es nicht feines Gleichen in der ganzen Welt haben. Nachmittags
ging ich fpazieren, ein deutfcher Offizier kam und fprach mit mir und fagte mir
Mehreres über Häufer und PaläRe. Auf einmal kam ein Knabe und frug mich,
ob ich einige kleine Mädchen haben wolle. Ich frug den Deutfchen, was er
meine, und er gab ihm eine Ohrfeige.« — ))Den 3. Februar. Heute kam der
deutfche Glashändler zu mir und wir gingen zufammen und fahen einige Kirchen,
von da nach Haufe und afsen. Dann gingen wir zufammen aufs Land und fahen
einige Figuren, die auf dem LuRfchloffe [Portici] ausgegraben find, zwei waren
befonders vorzüglich.« — uDen 7. Februar. Heute fah ich Capo di Monte und
Herr Andrea war fo gut mich umherzuführen. Es war vorzüglich. Die vielen
fchönen Sachen. Dort waren Gemälde von Raffael und andern grofsen MeiRern,
auch etruskifche Vafen, Münzen und Mofaik. Schade, dafs ich es fo fchnell
durchlaufen mufste. Ich will einen andern Tag wieder hingehn.«
Nachdem Thorwaldfen mehr als einen Monat, meiR in Gefellfchaft des Glas-
händlers, in Neapel zugebracht, fchickte er lieh zur Abreife an. Am 7. März
kam er, wie Reh aus dem Vifum feines Paffes ergiebt, durch Capua, am 8. war
er endlich in Rom, fechs Monate nach feiner Abfahrt von Kopenhagen. —
Niemals vielleicht hat ein KünRler mit befcheidneren Abfichten, mit weniger
ehrgeizigen Plänen die ewige Stadt betreten, als Thorwaldfen. Von dem, was
in Rom feiner wartete, was Rom ihm werden follte, trug er noch kaum eine
Ahnung in Reh. Von jenen geläuterten Anfchauungen vom Wefen der alten
KunR, die Reh durch Winckelmann von hier aus über die gebildete Welt ver-
breiteten, mochten wenige unter denen, die jetzt nach Rom pilgerten, fo geringe
Kunde haben, wie er, der dazu berufen war, den GeiR der Antike im Gebiete
der PlaRik in einer Strenge und Reinheit zu erneuern, wie kaum ein zweiter
KünRler der modernen Zeit.
Seinem Eintritt in Rom fchienen keine günRigen Sterne zu leuchten. Für
den KirchenRaat hatte eben damals eine verhängnisvolle Zeit begonnen. Im
Frieden von Tolentino (19. Februar 1/97) mufste Pius VI. an die Regreiche
franzöRfche Republik mehrere Provinzen abtreten und ihr zugleich einen harten
Tribut in der Auslieferung zahlreicher KunRfchätze entrichten; dann kam in Rom
BERTEL THORWALDSEN.
fchuldigte Reh, dafs er nicht länger mit mir reden könnte, er würde das Ver-
gnügen haben, übermorgen mit mir zu reden, wenn ich bei ihm zu Mittag fpeifen
wolle; ich ging darauf zurück durch die grofse Allee [Villa Reale], wofelbR eine
Gruppe in Marmor Rand [der farneRfche Stier].« — ))Den 3. Februar afs ich
beim MiniRer und machte die Bekanntfchaft des ProfeRors Tifchbein, welcher
mich bat, morgen zu ihm zu kommen, er wolle mich dann herumführen.« —
uDen 4. Februar. Ich kam des Morgens und traf ihn nicht zu Haufe, aber einen
feiner Schüler, der ebenfalls deutfch fprach. Ich fah feine Gemälde und einige
Handzeichnungen, die recht gut waren. Er kam nach Haufe und bat einen, mich
in allen Studii herumzuführen. Ich kam zuerR in eine BildhauerwerkRatt, wo es
viel fchöne Figuren gab, von denen ich eine kopirte. Von da ging ich nach
einem andern Orte, wo eine grofse Anzahl Antiken, der grofse Herkules nebR
vielen andern waren. Es war fo kalt, dafs ich mich nicht lange aufhalten konnte,
aber morgen nehme ich meinen Mantel mit. Wenn Alles aufgeRellt fein wird,
dann wird es nicht feines Gleichen in der ganzen Welt haben. Nachmittags
ging ich fpazieren, ein deutfcher Offizier kam und fprach mit mir und fagte mir
Mehreres über Häufer und PaläRe. Auf einmal kam ein Knabe und frug mich,
ob ich einige kleine Mädchen haben wolle. Ich frug den Deutfchen, was er
meine, und er gab ihm eine Ohrfeige.« — ))Den 3. Februar. Heute kam der
deutfche Glashändler zu mir und wir gingen zufammen und fahen einige Kirchen,
von da nach Haufe und afsen. Dann gingen wir zufammen aufs Land und fahen
einige Figuren, die auf dem LuRfchloffe [Portici] ausgegraben find, zwei waren
befonders vorzüglich.« — uDen 7. Februar. Heute fah ich Capo di Monte und
Herr Andrea war fo gut mich umherzuführen. Es war vorzüglich. Die vielen
fchönen Sachen. Dort waren Gemälde von Raffael und andern grofsen MeiRern,
auch etruskifche Vafen, Münzen und Mofaik. Schade, dafs ich es fo fchnell
durchlaufen mufste. Ich will einen andern Tag wieder hingehn.«
Nachdem Thorwaldfen mehr als einen Monat, meiR in Gefellfchaft des Glas-
händlers, in Neapel zugebracht, fchickte er lieh zur Abreife an. Am 7. März
kam er, wie Reh aus dem Vifum feines Paffes ergiebt, durch Capua, am 8. war
er endlich in Rom, fechs Monate nach feiner Abfahrt von Kopenhagen. —
Niemals vielleicht hat ein KünRler mit befcheidneren Abfichten, mit weniger
ehrgeizigen Plänen die ewige Stadt betreten, als Thorwaldfen. Von dem, was
in Rom feiner wartete, was Rom ihm werden follte, trug er noch kaum eine
Ahnung in Reh. Von jenen geläuterten Anfchauungen vom Wefen der alten
KunR, die Reh durch Winckelmann von hier aus über die gebildete Welt ver-
breiteten, mochten wenige unter denen, die jetzt nach Rom pilgerten, fo geringe
Kunde haben, wie er, der dazu berufen war, den GeiR der Antike im Gebiete
der PlaRik in einer Strenge und Reinheit zu erneuern, wie kaum ein zweiter
KünRler der modernen Zeit.
Seinem Eintritt in Rom fchienen keine günRigen Sterne zu leuchten. Für
den KirchenRaat hatte eben damals eine verhängnisvolle Zeit begonnen. Im
Frieden von Tolentino (19. Februar 1/97) mufste Pius VI. an die Regreiche
franzöRfche Republik mehrere Provinzen abtreten und ihr zugleich einen harten
Tribut in der Auslieferung zahlreicher KunRfchätze entrichten; dann kam in Rom