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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Luecke, Hermann: Bertel Thorwaldsen: geb. 1770 in Kopenhagen, gest. 1844 daselbst
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0088
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BERTEL THORWALDSEN.

Cyklus der Münchener Glyptothek, den er eben damals beendigte, dem klafh-
fchen Alterthum zugewandt; man pries diefes grofse und originelle Werk als eine
glänzende Eroberung, die der neu erwachte, fpezihfch nationale Geilt der deutlichen
Malerei im Bereiche der antiken Welt gemacht; der Stil der »Nibelungen« des
Künhlers erfchien darin in's Klahifche übertragen. Cornelius konnte Thorwaldfen
damals als feinen Bundesgenoffen betrachten, zwifchen den nationalen Kunlt-
beltrebungen, deren oberlter und mächtiglter Führer Cornelius damals war, und
dem Klahicismus Thorwaldfens behänd ein geiftiger Zufammenhang, und das
Bewufstfein diefes Zufammenhangs kam bei jenen Münchener Felten vielfach zu
enthuhahifchem Ausdruck. Bei einem diefer Feite, das im Saal des fog. »Para-
diesgartens« hattfand, brachte Cornelius einen begeihertenToah auf Thorwaldfen
aus; die mythologifchen Gemälde, welche die Decke des Saales fchmückten,
waren von ihm entworfen. Bei einem anderen Feh deutete Friedrich Thierfch
in zwei fchwungvollen Sonetten auf Thorwaldfens weitere Beziehungen zu dem
deutfchen Geihesleben; er begrüfste ihn als den Meiher, der Winckelmanns Lehre
zur That gemacht: "Den Winckelmann durch Dämmerlicht gewahret, Du hah im
Werk ihn glänzend olfenbaret, der reinen Phahik ätherhellen Tag.«
Zu König Luwig von Baiern hand Thorwaldfen fchon feit langer Zeit in
naher Beziehung. Mehrmals hatte jener als Kronprinz Rom befucht, er gehörte
zu den begeiherthen Verehrern des Künltlers und war zu ihm in der originellen
Weife feiner genialifch gearteten Natur in ein freundfchaftlich zu nennendes
Verhältnis getreten, welches er durch einen lebhaften brieflichen Verkehr unter-
hielt. »Herr Staatsrath«, beginnt er den einen Brief, »nein, nicht fo! Lieber,
guter, grofser Thorwaldfen! Was diefer Name ausdrückt, vermögen keine Könige
zu geben; wenn blutiger Kriegsruhm länglt verklungen, lebt rein und hehr, noch
fegensvoll der Name des grofsen Künltlers fort.« Als Thorwaldfen nach München
kam, war der König rafch entfchloffen, den Zeitpunkt diefes »freudigen Ereig-
niffes« durch eine neue Beltellung auszuzeichnen. Er fafste den Plan, dem Kur-
fürlten Maximilian I. ein Denkmal zu errichten und beauftragte Thorwaldfen
wenige Tage nach deffen Ankunft mit der Ausführung diefes Monuments. —
Noch einen zweiten Auftrag übernahm Thorwaldfen während feines Aufenthalts
in München: den Auftrag zu einem Schiller-Denkmal für Stuttgart. Am 2$. März
1830 war er wieder in Rom.
Je weiter Thorwaldfen in den Jahren des Alters vorrückte, um fo lebhafter
befchäftigte ihn der Wunfch, ein Mufeum gegründet zu fehen, in welchem alle
die Modelle, die jetzt feine weiträumigen Werkhätten füllten, und feine fonhigen
Kunhfachen vereinigt wären. Er wtinfchte, dafs es nach feinem Tode einen Ort
gebe, wo die Gehaltenwelt, die aus feinen Händen hervorgegangen, wenn auch
nur in der fcheinlofen Form der Modelle, in ihrer Vollhändigkeit erhalten bliebe
und dauernd gefchützt wäre. König Ludwig hatte diefen Gedanken, den Thor-
waldfen bei feinem Aufenthalt in München verlauten liefs, lebhaft ergriffen, und
vielleicht wäre München in den Behtz eines Thorwaldfen-Mufeums gekommen,
wenn man in Kopenhagen nicht alles aufgeboten hätte, diefe Ehre der Vater-
hadt des Künhlers nicht entgehen zu laffen. Schon im Jahre 1834 wurden hier,
namentlich auf Antrieb des Kronprinzen, die erhen Anhalten zur Gründung des
 
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