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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Eggers, Friedrich: Johann Gottfried Schadow und Christian Daniel Rauch
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0158
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CHRISTIAN DANIEL RAUCH. 1804—1830.

hingehellt. Diele Naturwirklichkeit war für Rauch nicht das ftilifkfch Matsgebende,
fondern er ordnete tie unter oder fuchte he mitzuverwerthen für eine ideale Dar-
hellung der geihigen Bedeutfamkeit und knüpfte an die Vor-Schadow'fche Plahik
infoweit an, als er die Gewandung als Hülfsmittel zu feinem Zwecke benutzte.
Römifcher Harnifch oder die faltenreiche Toga waren ja in der Zopfzeit die
einzige und zwar ganz äufserliche Signatur dafür geworden, dafs deren Träger
in feiner idealen Bedeutung aulgefafst werden follte. Rauch griff zum modernen
Mantel und ift dadurch, wenighens für Deutschland, der Begründer der noch immer
nicht erfchöpften Mantel-Plahik geworden, ohne aber verantwortlich zu fein für
den unverantwortlichen Milsbrauch, der mit diefem Gewandftück getrieben wurde.
Denn erft in neueher Zeit wird Rauch's reformatorifcher Griff richtig verbanden,
und der Mantel nicht mehr blofs als Erfatz der Toga, nur draperieartig ver-
wandt in einer Weite, wie er nie getragen, vielleicht überhaupt kaum tragbar ilt
(man vergleiche beifpielsweile Schwanthaler's Goethebild in Frankfurt), fondern als
wirklich modernes Gewand, welches nicht zieren, auch nicht wärmen, fondern ein-
fach kleiden foll. So verwandte Rauch bei Bülow und Scharnhorh den militärischen
Reitermantel und Schlug ihn beiden um die Schulter, nicht theatralisch, auch nicht
nüchtern profaifch, fondern mit einem unwillkürlich Scheinenden idealen Anklang,
wie es in gehobenen Momenten des Dafeins gelchehen kann. Und Solche Mo-
mente find zur Charakteristik der in den beiden Feldherren vorhandenen Gegen-
sätze als Motive der Belebung gedacht. Scharnhorft, in Sinnender Stellung an
einen Baumftamm gelehnt, veranschaulicht die Vorbereitung zur That; Bülow —
die Linke auf's Schwert geftützt, die Rechte kräftig in die Seite gehemmt, den
Blick feft in die Ferne gerichtet, — verhnnlicht die That felbft. Die Motive
der Haltung der Arme bedingt bei beiden zugleich die Motive der malerischen
Entfaltung des Reitermantels. In dem wenig fpäteren Blücherftandbild für Berlin
ift der Reitermantel in gleichem Sinne, wenn auch in ganz anderer Anordnung
verwendet. Er deckt nicht beide Schultern, fondern läfst, unter den Arm durch
gehend und wieder über die linke Schulter gefchlagen, die Rechte frei. Dem
Moment des eben beendeten Kampfes entsprechend, Senkt der rechte Arm den
Säbel; der linke Fufs ift auf die eroberte Haubitze gehellt, die linke Seite, wohin
der Blick auf den Feind gerichtet ih, bleibt noch wie zu Schützender Abwehr
feh in den Mantel gehüllt. Im Uebrigen find alle drei Feldherren genau mit der
ihnen zuhehenden Uniform bekleidet.
Nicht So der dem Berliner Blücher in der Kompohtion noch voraufgehende
Blücher für Breslau. Diefer trägt in freierer Weife den polnifchen Waffenrock
(die Litewka) und hatt des Hufarenfäbels führt die Rechte ein mittelalterliches
gerades Schwert. Der Reitermantel ih So verhüllend um den 'Körper drapirt,
dafs wenig von dem Rock und nur der gen Himmel erhobene linke Arm, Sowie
die rechte Hand am gefenkten Schwertgriff Sichtbar wird. Die gefammte Kom-
pohtion aber ih von der bisherigen kunhgefchichtlichen Beurtheilung unter dem Ein-
hufs einer irrthümlichen Anhcht Schadow's in ein unzutreffendes, ganz Schiefes Licht
gerückt. Die von Schadow auf Wunfch des Denkmalsausfchufles eingereichte Zeich-
nung eines Blücherdenkmals war in etwas herber Weife Stillschweigend abgelehnt
worden. In feinen tagebuchartigen Memoiren «Kunhwerke und Kunhanhchten»
 
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