DIE SUMME SEINES LEBENS.
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Jahrhunderts verwechfelt werden könne, und er fuchte diefen Unterfchied nicht
nur in der Ausbildung eines eigenthümlichen Stiles, fondern auch in der Auf-
gabe, den Geift der neuen Zeit in feiner Auffaffung der Vergangenheit zur An-
fchauung zu bringen.
Diefes Streben giebt ihm einen Platz für hch. Es hat ihn veranlafst die
fchwierigflen Probleme der modernen Kunfl aufzunehmen und Löfungen zu wagen,
welche nur feine Ueberlegenheit rechtfertigt, — handle es lieh um die Bewäl-
tigung des hiforifchen Koftims und der Tagesmode oder um die wunderbare
Ausdrucksfähigkeit der menfchlichen Züge, die er wie kein andrer fludirt hat.
Er verfucht es, ohne jeden Beirath der antiken Tradition auszukommen, ganz
felbfländig mit der Wirklichkeit fertig zu werden. Aber die Begeiferung für den
hohen gefchichtlichen Beruf, für die moralifche Macht feiner Kunft hat ihn nie
verlafen, die eifrige Liebe für fein Vaterland fogar für fremde Vorzüge nicht
verblendet. Uns lehren die Bülten Goethe's in Weimar, Tieck's in Dresden,
Rauch's in Berlin, wie feinjefferfon zu Philadelphia, wie fein Bentham, Flaxman,
Berzelius, Manin und Canaris, dafs er zu den wenigen Franzofen gehört, deren
Gelichtskreis über Frankreich hinausreicht. Nirgends indeffen lernt man die
Summe feines Lebens, ihn felblt belfer kennen als bei einer »Nachtwache im
Atelier«, die er uns felber gefchildert, im Zwiegefpräch mit feinen Werken
und dem Freunde, dem er die Zeilen beltimmt:
»Heute Nacht vergröfsert der Lampenfehein bis ans Gewölbe meiner Werk-
ftatt hinauf die Schatten der grofsen Männer, deren Züge darzultellen mir ver-
gönnt war. Sie fchauen mich an mit dem Itrengen machtvollen Blick des Genius;
ich neige das Haupt zum Sockel der »Jungen Griechin« und preffe die brennende
Stirn auf den Marmor.
»Da bilt du nun vollendet, theures Kind, und folllt die Heimath taufchen
mit dem fchönen Griechenland. Ich habe Dich lieb, wie der zärtliche Vater trotz
aller Fehler, die er kennen mag, fein Töchterchen lieb hat. Aus dem Lande
edler Begeiferung und grofser Thaten follf Du dorthin, von wo he ausgegangen
in alle Welt. Die Sonne Attika's, die zu uns nur blaffen Widerfchein entfendet,
Dich foll he erwärmen. Wenn das Tagesgefirn in den Azur feigt, wird fein
Strahl auf Deiner ernfen Stirn ruhn; denn Du bif recht traurig, mein armes
Kind! — Auf diefem Grabe des Tapfern weinf Du nicht über ihn, nein, Dich
betrübt das Gefchick des menfchlichen Gefchlechts, das die ewigen Rechte, die
ihm Natur gegeben, mit blutigem Hader erkämpfen mufs. Auf diefem Mal der
Trauer erfcheinf Du wie ein Gleichnifs des Menfchenlebens, das faf überall auf
den Gräbern derer wandelt, die ihm theuer und.
»Wie viel Gleichgültige, wie viel SelbfRichtige werden an Dir vorübergehn,
wie viel wogende Generationen zu Deinen Füfsen dahin fchwinden! O, wenn
auch he noch Sklaven hnd, fo zerbrich, kehr zurück in den Staub des Nichts.
Doch nein, das if unmöglich: der grofse Name, den Du entzifferf, wird die
Herzen der Patrioten erwärmen, und auch he werden bei Thermopylae fehn.
Junge Griechenföhne kommen zu Dir, um den edlen Namen des Botzaris zu lefen,
und jeder Buchfabe wird zum Feuerzeichen, das Helden entflammt; junge Mädchen
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Jahrhunderts verwechfelt werden könne, und er fuchte diefen Unterfchied nicht
nur in der Ausbildung eines eigenthümlichen Stiles, fondern auch in der Auf-
gabe, den Geift der neuen Zeit in feiner Auffaffung der Vergangenheit zur An-
fchauung zu bringen.
Diefes Streben giebt ihm einen Platz für hch. Es hat ihn veranlafst die
fchwierigflen Probleme der modernen Kunfl aufzunehmen und Löfungen zu wagen,
welche nur feine Ueberlegenheit rechtfertigt, — handle es lieh um die Bewäl-
tigung des hiforifchen Koftims und der Tagesmode oder um die wunderbare
Ausdrucksfähigkeit der menfchlichen Züge, die er wie kein andrer fludirt hat.
Er verfucht es, ohne jeden Beirath der antiken Tradition auszukommen, ganz
felbfländig mit der Wirklichkeit fertig zu werden. Aber die Begeiferung für den
hohen gefchichtlichen Beruf, für die moralifche Macht feiner Kunft hat ihn nie
verlafen, die eifrige Liebe für fein Vaterland fogar für fremde Vorzüge nicht
verblendet. Uns lehren die Bülten Goethe's in Weimar, Tieck's in Dresden,
Rauch's in Berlin, wie feinjefferfon zu Philadelphia, wie fein Bentham, Flaxman,
Berzelius, Manin und Canaris, dafs er zu den wenigen Franzofen gehört, deren
Gelichtskreis über Frankreich hinausreicht. Nirgends indeffen lernt man die
Summe feines Lebens, ihn felblt belfer kennen als bei einer »Nachtwache im
Atelier«, die er uns felber gefchildert, im Zwiegefpräch mit feinen Werken
und dem Freunde, dem er die Zeilen beltimmt:
»Heute Nacht vergröfsert der Lampenfehein bis ans Gewölbe meiner Werk-
ftatt hinauf die Schatten der grofsen Männer, deren Züge darzultellen mir ver-
gönnt war. Sie fchauen mich an mit dem Itrengen machtvollen Blick des Genius;
ich neige das Haupt zum Sockel der »Jungen Griechin« und preffe die brennende
Stirn auf den Marmor.
»Da bilt du nun vollendet, theures Kind, und folllt die Heimath taufchen
mit dem fchönen Griechenland. Ich habe Dich lieb, wie der zärtliche Vater trotz
aller Fehler, die er kennen mag, fein Töchterchen lieb hat. Aus dem Lande
edler Begeiferung und grofser Thaten follf Du dorthin, von wo he ausgegangen
in alle Welt. Die Sonne Attika's, die zu uns nur blaffen Widerfchein entfendet,
Dich foll he erwärmen. Wenn das Tagesgefirn in den Azur feigt, wird fein
Strahl auf Deiner ernfen Stirn ruhn; denn Du bif recht traurig, mein armes
Kind! — Auf diefem Grabe des Tapfern weinf Du nicht über ihn, nein, Dich
betrübt das Gefchick des menfchlichen Gefchlechts, das die ewigen Rechte, die
ihm Natur gegeben, mit blutigem Hader erkämpfen mufs. Auf diefem Mal der
Trauer erfcheinf Du wie ein Gleichnifs des Menfchenlebens, das faf überall auf
den Gräbern derer wandelt, die ihm theuer und.
»Wie viel Gleichgültige, wie viel SelbfRichtige werden an Dir vorübergehn,
wie viel wogende Generationen zu Deinen Füfsen dahin fchwinden! O, wenn
auch he noch Sklaven hnd, fo zerbrich, kehr zurück in den Staub des Nichts.
Doch nein, das if unmöglich: der grofse Name, den Du entzifferf, wird die
Herzen der Patrioten erwärmen, und auch he werden bei Thermopylae fehn.
Junge Griechenföhne kommen zu Dir, um den edlen Namen des Botzaris zu lefen,
und jeder Buchfabe wird zum Feuerzeichen, das Helden entflammt; junge Mädchen