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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Schmarsow, August: Pierre-Jean David d'Angers: geb. zu Angers d. 12. März 1788, gest. in Paris d. 5. Januar 1856
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0222
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PIERRE-JEAN DAVID D'ANGERS.

DraRifcher, packender, unmittelbar aus dem Leben gefchöpft und doch nicht
minder künRlerifch verklärt iR die DarRellung des Rerbenden Bonchamps in der
Kirche von St. Florent. Der König beabRchtigte eine Verherrlichung der royali-
Rifchen Vendee, die unter diefem Führer ihre Treue bewährt; der KünRler wählte
die menfchlich edle That, die fein Ende krönt. Er hat den verwundeten Helden
brechenden Auges, mit entblöfstem Oberkörper gegeben, wie er Reh, auf den
linken Arm geRützt, noch einmal aufrichtet. Die Füfse, die fein Mantel bedeckt,
verrathen fchon die Vorboten des Todes; das von langem Haar umwallte Haupt,
der ausgeRreckte rechte Arm befehlen den Seinen, die hch im Schmerz ver-
geffen, Gnade für die Feinde, die in der Kirche gefangen Rnd. Mitleid und
Erbarmen fpricht aus den Zügen des GeRchts; wir glauben aus feinem Munde
zu hören, was am Sockel gefchrieben Reht: aGrace aux prisonniersh*
Die Ausführung des Marmorbildes zeigt in allen Theilen eine MeiRerhand.
Die Haltung des Körpers, die AnRrengung der fchwindenden Kräfte, die Wahr-
heit des Nackten und die Gefchmeidigkeit aller Linien Rnd in jeder HinRcht
vortrefflich. Auch der Mantel, der über dem rechten Arm hängt und die Beine
bedeckt, fällt in grofsen Falten einfach, ungezwungen und doch wirkfam. Mit
vollem Recht blieb der Bonchamps eins der Lieblingswerke des MeiRers, mochten
auch perfönliche Beziehungen mit hineinfpielen. Unter den gefangenen Republi-
kanern, die diefer Gnaderuf rettete, war ja auch Davids Vater. Die rührenden,
ergreifenden Scenen bei der Einweihung am 11. Juli 182$ kamen hinzu. Die
Witwe, die Tochter, der Schwiegerfohn und der Enkel des Generals, alle Ueber-
lebenden der Armee waren zugegen. Am andern Morgen kamen die Veteranen
zu David, ihm zu danken, erzählten jeder feine Gefchichte, und der Bildhauer
brachte ihre Charakterköpfe wie ihre Schickfale im Skizzenbuch heim.
Inzwifchen war David d'Angers, wie er Reh fortan zu bezeichnen liebte, zum
Mitglied des InRitutes und zum Profeffor an der Ecole des Beaux-Arts beför-
dert worden. Aber diefe Sicherung der ExiRenz liefs feinen Fleifs und feine
SchaffensluR nicht erlahmen; führte er doch eine grofse Zahl feiner Werke zu
feinem eignen Vergnügen aus, oder um Freunden, öffentlichen Anhalten und
Gemeinden Gefchenke damit zu machen.
Die nächRe grofse BeRellung galt dem Andenken des Generals Foy, der als
Führer der liberalen OppoRtion in der Deputirtenkammer eine hinreifsende
Beredtfamkeit und Ueberzeugungstreue bewährte. Das Denkmal wurde 182/ im
Gipsmodell vollendet, die Ausführung in Marmor und die Aufhellung auf dem
Friedhof Pere-Lachaise zog Reh aber bis 1831 hin. Der Redner Reht unter einem
von vier Säulen getragenen Steindach, nicht in der Generalsuniform, nicht im
Deputirtenkleid, fondern nackt, nach antiker Weife drapirt. Er erhebt den rechten
Arm, die Linke liegt auf dem Herzen; das Antlitz iR voll Ausdruck, die Stirn-
ader leicht gefchwollen: er redet. Das rechte Bein, ein wenig vorgefetzt, iR
unverhüllt; über das linke, das die Figur trägt, fällt die Gewandung herab. Es
iR eine impofante Erfcheinung voll Grofsheit und Würde, und doch nicht ganz
frei von Emphafe, doch ein unbehimmter zweideutiger Compromifs zwifchen
menfchlicher Handlung und überirdifcher Ruhe. Am Sockel erzählen drei Reliefs
die Hauptmomente feiner Laufbahn: das erRe zeigt ihn auf der Tribüne, das
 
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